Bearbeiter:
Dr. Burkhard BEINLICH (Dipl.-Biol.)
Frank GRAWE (Dipl.-Geogr.)
Sven MINDERMANN (Dipl.-Agraring.)
Uli WYCISK (Dipl.-lng.)
Walter KÖBLE (Dipl.-Geogr.)
. . .
Im Zeitraum von März bis Dezember 2002 haben Mitarbeiter der Landschaftsstation Diemel-Weser-Egge im Auftrag der Bezirksregierung Detmold die Streuobstbestände im Kreis Höxter außerhalb geschlossener Ortschaften erfasst (LANDSCHAFTSSTATION DIEMEL-WESER-EGGE 2003, KÖBLE et. al. 2003). Bei der Kartierung wurden Bestände mit mindestens 3 hochstämmigen Bäumen, d. h. Bäume deren Kronenansatz bei einer Höhe von mindestens 1,80 m beginnt, berücksichtigt.
Für Vermarktungsaktivitäten im Kreis Höxter sind insbesondere die nachfolgend dargestellten Ergebnisse der Kartierung von Bedeutung:
Es wurden 4.056 Einzelbestände mit insgesamt | ||
60.895 | Einzelbäumen, | davon |
35.776 | Apfel-, | |
17.031 | Zwetschgen-, | |
3.789 | Birnen-, | |
3.785 | Kirsch- | und |
444 | Walnussbäume erfasst, | |
die Gesamtzahl der innerörtlichen Bäume wird auf 15.000 - 20.000 Bäume geschätzt. |
Über 73% aller Bäume wurden seit vielen Jahren nicht mehr gepflegt, lediglich 9% befinden sich in einem guten Pflegezustand.
Die Zahlen machen deutlich, dass der Kreis Höxter insgesamt noch sehr gute Bestände besitzt.
Allerdings ist damit zu rechnen, dass die Zahl der Obstbäume aufgrund des ungünstigen Altersaufbaus und fehlender Pflege in den nächsten 20 - 30 Jahren auf etwa die Hälfte zurückgehen wird.
Waren die Streuobstbestände in den 1950er bis 1970er Jahren durch teils öffentlich geförderte Rodungen, die meist die Umwandlung in niederstämmige Monokulturen zum Ziel hatten, gefährdet, so sind die heutigen Gefährdungspotentiale in der Nutzungsaufgabe und Verbrachung zu sehen. Ursache hierfür ist die häufig mangelnde Rentabilität des Streuobstbaus im Vergleich zu den rationeller zu bewirtschaftenden Niederstamm-Anlagen. (RÖSLER 2003)
Um diesem Trend entgegenzuwirken, hat sich die Landschaftsstation im Rahmen der institutionellen Förderung durch das Land NRW und dem Kreis Höxter zum Ziel gesetzt, weitere Schritte einer ökonomisch interessanten Vermarktung der bestehenden Streuobstbestände zu initiieren.
Wesentliche Motivation hierfür ist der enorm hohe naturschutzfachliche Wert hochstämmiger Streuobstbestände, die mit rund 5000 Tier- und Pflanzenarten einen der artenreichsten Lebensräume Mitteleuropas bilden. Viele Sorten kommen nur regional vor und sind ein Kultur- und Naturerbe von hohem Wert. Ferner besitzen die Streuobstgürtel um die Dörfer und Städte, die Alleen und die flächigen Bestände einen hohen landschaftsästhetischen Wert.
Zielgruppen beim Aufbau zukünftiger Vermarktungsmöglichkeiten sind für die Landschaftsstation in erster Linie alle naturkundlich ausgerichteten Gruppen, die sich mit der Betreuung von Streuobstbeständen beschäftigen.
Das zentrale Produkt nordrhein-westfälischer Streuobstinitiativen ist der naturtrübe Apfelsaft.
Während die Streuobstbestände im Kreis Höxter bislang fast ausschließlich zur Versaftung genutzt werden, hat sich Bellersen auf die Veredlung ihrer Streuobstbestände zu Edelobstbränden spezialisiert. Hierzu wird eine Destillationsanlage genutzt, die im Urdorfmuseum untergebracht ist.
Mit Hilfe der Förderung aus dem MUNLV starteten die NRW-Landesverbände des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) und des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) im März 2002 das zunächst auf drei Jahre angelegte Projekt „Beratung und Service im Obstwiesenschutz". Für die Region Ostwestfalen-Lippe ist seit dem Start des Projektes Frau Lydia BÜNGER aus Horn Bad-Meinberg Ansprechpartnerin. Die Landschaftsstation im Kreis Höxter steht in regelmäßigem Kontakt mit Frau BÜNGER.
Die Initiierung weiterer Schritte zur Vermarktung von Streuobstprodukten muss sich am Bedarf aller in diesem Bereich tätigen Personen und Gruppen orientieren.
Ausgehend von diesem Verständnis bat die Landschaftsstation im Kreis Höxter im Mai 2004 alle bekannten mit dem Thema befassten Gruppen und Einzelpersonen zu einem ersten Abstimmungstermin in das Werkhaus nach Bellersen.
Im Rahmen der Veranstaltung wurden Ideen für zukünftige Vermarktungsschritte aufgelistet:
• Verkauf von Tafelobst und Saft über den Einzelhandel
• Anbieten von saisonalem Streuobstkuchen und Backwaren
• Anbieten von Saft und Tafelobst über Schülerkioske an Schulen
• Aktionen in der Erntezeit (Versaften vor Ort, Bestimmungsübungen, Verkostung einzelner Sorten
• Verkauf von Streuobst auf Wochenmarktsständen
• Herstellen und Vermarkten von Marmelade beispielsweise in Zusammenarbeit mit Landfrauen
• Angebot von saisonalem Nachtisch mit Streuobst in öffentlichen Kantinen und Großküchen
• Kreieren einer Apfelsaftschorle mit regionalen Mineralwasser-Anbietern
Die Mehrheit der anwesenden Teilnehmer zeigte wenig Interesse an einer Erweiterung der bestehenden Produktpalette, aber eine große Bereitschaft mit gemeinsam getragenen Aktivitäten für ein positives Image heimischer Streuobstprodukte aktiv zu werden.
Von grundsätzlicher Bedeutung für eine rentable Bewirtschaftung von Streuobstwiesen war die 2004 getroffene Entscheidung der Agrarministerien der Länder, dass sämtliche Streuobstwiesen im Rahmen der EU-Agrarreform als Dauergrünland und nicht als Dauerkulturen einzustufen sind.
Damit wurde im Zuge der Agrarreform eine bundesweite Prämienberechtigung für die ca. 300.000 ha Streuobstwiesen in Deutschland geschaffen.
Nach entsprechenden Vorarbeiten der Landschaftsstation gab es im September ein gemeinsames Treffen in Oeynhausen, bei dem neben den Vertretern des Heimatvereins auch ein Vertreter des Regionalmarketing Kulturland Kreis Höxter sowie die Landschaftsstation anwesend waren.
Die bei diesem Treffen vereinbarten Beschlüsse werden nachfolgend zusammen mit den ersten konkreten Schritten zur Umsetzung der Ergebnisse dargestellt:
Der Heimatverein Oeynhausen startet mit der Tafelobstvermarktung als Pilotprojekt. Die Landschaftsstation stellte den Kontakt zwischen einem Wochenmarktstand in Höxter und dem Heimatverein her. Weiterhin half die Landschaftsstation bei der Ernte, um die ersten Schritte der Vermarktung zu unterstützen.
In der Startphase wurden ungefähr 200 kg Äpfel vermarktet. Bei dieser geringen Menge kann kein wirtschaftlicher Erfolg erzielt werden.
Ein erster Versuch Streuobstkuchen anzubieten, erfolgte ausschließlich über das Nieheimer Backhaus, da keine angesprochene Bäckerei Interesse zeigte. Zur Vorstellung der Streuobstprodukte wurden regionale Pressevertreter nach Nieheim eingeladen und in Zusammenarbeit mit Herrn Stolte, als Vertreter des Regionalmarketing Kulturland Kreis Höxter, Möglichkeiten der zukünftigen Verarbeitung von Rohwaren eruiert.
Die Obstpresse Amelunxen plant ihre Angebotspalette zu erweitern und möchte zukünftig Dörrobst anbieten. Allerdings handelt es sich bei der Herstellung von Trockenobst um eine sehr energieintensive Konservierungsmethode. Vor diesem Hintergrund will die Landschaftsstation klären, ob eine Zusammenarbeit zwischen der Obstpresse und den Backhäusern oder interessierten Bäckereien möglich ist.
Die Landschaftsstation beteiligt sich an der wesentlichen Planung und Organisation eines regelmäßig stattfindenden Streuobsttages im Kreis Höxter indem sie beispielsweise praktische Arbeiten auf der Fläche (fachgerechte Pflanzung, fachgerechte Anbindung, fachgerechter Pflege-und Erziehungsschnitt) demonstriert.
Die wichtigste Aufgabe wird darin bestehen, die ersten kleinen Vermarktungsschritte fortzuführen und auszubauen. Dabei sollen sich die Aktivitäten im wesentlichen auf die Tafelobstvermarktung sowie einem kontinuierlich stattfindenden Streuobsttag konzentrieren.
Deutlich intensiver als bisher sollte das positive Image vom frischen, gesunden Obst aus der Region genutzt werden, das sich hervorragend zur Öffentlichkeitsarbeit anbietet.
Die Zielsetzungen im Einzelnen sind:
der Ausbau der Tafelobstvermarktung durch ein klar erkennbares Angebot und gute Qualität auf Wochenmärkten,
Optimierung der Baumpflege, da insbesondere gut ausgelichtete Kronen wichtig für ausgereiftes vermarktungsfähiges Obst sind,
zukünftige Bewerbung und Kennzeichnung der Obstsorten sowie ein kontinuierliches Angebot,
mit den Vördener Apfeltagen einen erfolgreichen Grundstein für weitere Obsttage im Kreis Höxter zu legen,
die Öffentlichkeitsarbeit zum Themenkomplex Streuobstwiesen auszubauen,
in Zusammenarbeit mit den Tourismusbüros der Städte ein touristisches Angebot zu schaffen, in dem die Streuobstwiesen thematisch im Mittelpunkt stehen.
Literatur:
KÖBLE, W., U. BATMER, B. BEINLICH, U. WYCISK: (2004): Die Streuobstbestände im Kreis Höxter. - Veröff. Naturkdl. Ver. Egge-Weser 16: 49-54 LANDSCHAFTSSTATION DIEMEL-WESER-EGGE 2003: Kartierung der Streuobstbestände im Kreis Höxter. - Unveröff. Bericht. |
RÖSLER, Stefan (2003): Natur- und Sozialverträglichkeit des Integrierten Obstbaus - Ein Vergleich des integrierten und des ökologischen Niederstammobstbaus sowie des Streuobstbaus im Bodenseekreis unter besonderer Berücksichtigung ihrer historischen Entwicklung sowie von Flora und Fauna. - Kassel, Gesamthochschule Kassel Infosystem Planung |
. . .