Bearbeiter:
Dr. Burkhard BEINLICH (Dipl.-Biol.)
Frank GRAWE (Dipl.-Geogr.)
Sven MINDERMANN (Dipl.-Agraring.)
Uli WYCISK (Dipl.-lng.)
Walter KÖBLE (Dipl.-Geogr.)
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Typisch für das NSG "Körbecker Bruch" waren früher die beeindruckenden Bestände der Trollblume (Trollius europaeus). Durch Nutzungsaufgabe mit nachfolgender Verbrachung sind die Bestände in den letzten Jahren bis auf kleine Reliktvorkommen zusammengeschrumpft. Zusätzlich geschwächt wurden die Bestände durch Verbiss durch im Gebiet zahlreich einstehendes Rehwild. So sind die Pflanzen auch 2003 kurz vor dem Fruchten bis auf wenige Exemplare verbissen worden.
2004 wurde innerhalb der Bestände daher versuchsweise ein Wildvergrämungsmittel in Form widerlich riechender Öle auf Buttersäurebasis eingesetzt. Die Wirkung des Mittels war durchschlagend: Augenscheinlich ist 2004 überhaupt kein Verbiss der Blüten erfolgt, so dass sämtliche Trollblumen zum Fruchten kommen konnten. 2005 soll das Mittel auch im Rietbruch eingesetzt werden.
Als weitere Maßnahme wurde die Brachfläche, innerhalb der die Trollblume ihre Wuchsorte hat, wie schon im Vorjahr gemäht, um die Konkurrenzbedingungen zugunsten der Art zu verschieben.
Im Kreis Höxter befindet sich auf einer Rinderweide eines der wenigen Vorkommen des Kleinen Knabenkrautes (Orchis morio) in NRW.
Abb. 21: | Kleines Knabenkraut (Orchis morio) (Foto: Frank GRAWE) |
Der Bestand ist in den letzten Jahren infolge einer starken Verbrachung der Fläche durch unzureichende Beweidung nahezu erloschen: Vor einigen Jahren wurde der Orchideenbestand im
Rahmen einer „Naturschutzmaßnahme" durch einen Querzaun von der Hauptweidefläche abgetrennt, um eine Überweidung zu verhindern. Hernach wurde allerdings immer wieder versäumt, die Fläche phasenweise für das Weidevieh zu öffnen.
2004 konnte auf der Fläche neben 32 Exemplaren von Orchis tridentata nur ein einziges, kümmerliches Exemplar von Orchis morio aufgefunden werden (im Jahr 2003 konnten zumindest noch zwei Exemplare gezählt werden).
Seitens der Landschaftsstation wurde mit dem Nutzer der Fläche vereinbart, dass der Zaun bis zur Entwicklung der oberirdischen Pflanzenteile (d. h. bis Mitte Mai) und dann wieder nach dem Fruchten des Kleinen Knabenkrautes (d. h. ab Anfang Juli) geöffnet und die Fläche mitbeweidet wird.
Um die Beweidungsintensität auf der Fläche zu erhöhen, soll dabei über das Öffnen des Tores hinaus an zwei Zaunfeldern der Stacheldraht temporär entfernt werden.
Um die Bestandsentwicklung des Kleinen Knabenkrautes zu fördern, wurde die Fläche im September 2004 außerdem gemäht und ehemalige Standorte des Kleinen Knabenkrautes nach Einweisung durch einen ortskundigen Orchideenfreund durch Ausharken von Nekromasse und Moos befreit.
An einem der beiden einzigen Wuchsorte des im Kreis Höxter an seine Nordwestgrenze stoßenden und innerhalb NRW nur hier wachsenden Großen Windröschens (Anemone sylvestris) (35 Pflanzen) wurden Gehölze zurückgenommen, um die Konkurrenzbedingungen zugunsten der Pflanze zu verschieben.
An einem weiteren bekannten Wuchsort, an dem bereits im Jahr zuvor Gehölze aufgelichtet worden waren, konnten wie schon im Vorjahr keine Pflanzen nachgewiesen werden.
Abb. 22: | Großes Windröschen (Anemone sylvestris) (Foto: Frank GRAWE) |
Im Stadtgebiet von Warburg befindet sich der einzige Standort des Gewöhnlichen Andorn (Marrubium vulgare) in NRW. Der Name der Art täuscht über die Bestandsituation auch im gesamten Bundesgebiet hinweg: Mit nur noch wenigen Vorkommen ist die Art alles andere als „gewöhnlich".
Nachdem das letzte am Standort wachsende Exemplar von einem abgerutschten Hang begraben worden ist, und ein Freischaufeln nicht dazu geführt hat, dass evtl. im Umfeld der Pflanze befindliches Diasporenmaterial zum Auskeimen gekommen wäre, wurde an potentiellen Standorten die Grasnarbe entfernt und der Boden aufgelockert. Es sollten so ähnliche Strukturen wie im Umfeld von Kaninchenbauten geschaffen werden, denn nach Beobachtungen (ELDRIDGE & SIMPSON 2002) besiedelt Marrubium vulgare bevorzugt die gut gedüngte ausgeworfene Feinerde um Kaninchenbauten. Die Lage der so geschaffenen Keimbetten wurde in einer Karte notiert.
* Im Heft mit "Abb. 22" doppelt nummeriert!Abb. 22*: | Gewöhnlicher Andorn (Marrubium vulgare) (Foto: Frank GRAWE) |
Literatur
ELDRIDGE, D. J. & R. SIMPSON (2002): Rabbit (Oryctolagus cuniculus L.) impacts on Vegetation and soils, and implications for management of wooded rangelands. - Basic and Applied Ecology 3: 19-29.
Abb. 23: | Purpur-Klee (Trifolium rubens) (Foto: Frank GRAWE) |
Im Stadtgebiet von Borgentreich hat der Purpur-Klee Trifolium rubens, eine vom Aussehen her gegenüber den vorgenannten Arten eher unspektakuläre Art wärmeliebender Säume, seinen einzigen Wuchsort in NRW und im gesamten nördlichen Deutschland. Das somit über Hunderte von Kilometern vollkommen isolierte und nur noch aus einigen wenigen Exemplaren bestehende Vorkommen hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verkleinert. Maßnahmen zum Erhalt der seltenen Art waren daher dringend geboten:
Durch die Nichtverpachtung eines Ackerstreifens durch die Stadt Borgentreich auf Anregung der Landschaftsstation wird seit mehreren Jahren verhindert, dass Düngemittel oder Herbizide auf die wenigen verbliebenen Pflanzen gelangen.
Die Landschaftsstation versucht ferner, den Bestand durch das Anbringen von Verbissschutzen, durch Gewinnen von Samenmaterial, Vorziehen und Auspflanzen von Jungpflanzen sowie durch gärtnerische Pflege der umliegenden Fläche zu fördern.
Begleitet wurden die Bemühungen durch mehrere Rückschläge: Verbiss von Blütenständen durch Rehwild, Vernichten des vitalsten Bestandes mit insgesamt vier Pflanzen durch einen Fuchs beim Ausgraben eines direkt unter den Pflanzen befindlichen Hummelnestes, Entfernen der Verbissschutze durch Unbekannte, wobei die in die Drahtgeflechte hineinrankenden Pflanzen mit herausgerissen wurden, nicht vorhandene Keimfähigkeit von an den Fachbereich Geobotanik der Universität Bonn (Prof. SCHUMACHER) zum Vorziehen gesandten Samenmaterials.
Im Berichtsjahr wurden die Pflanzen durch das
schon bei Trollius europaeus erfolgreich eingesetzte Wildvergrämungsmittel wirksam vor Verbiss geschützt, so dass insgesamt 22 Pflanzen mit 15 Blüten- und Fruchtständen gezählt werden konnten. Unter den Pflanzen waren mit der Gartenhacke Rohbodenstellen freigekratzt worden, um ein Saatbett für herunterfallendes Samenmaterial zu schaffen. Ferner wurde die in die Bestände hineinwachsende Schlehe mittels Freischneider zurückgedrängt.
Abb. 24: | Türkenbund-Lilie (Lilium martagon) (Foto: Frank GRAWE) |
Auch die prächtige Türkenbund-Lilie (Lilium martagon) ist eine typische Art unserer Buchenwälder. Wie schon in den vergangenen Jahren sind die Pflanzen auch 2004 im Bereich großer Bestände in den NSGs „Königsblick" und „Asseler Wald" intensiv (bis auf etwa 80 Blütenstände im Asseler Wald (~ 90 %) bzw. 300 Blütenstände im NSG „Königsblick" (~ 80 %)) verbissen worden. Lediglich der Tatsache, dass es sich bei der Art um einen Geophyt handelt, der im beschränkten Maße in der Lage ist, sich aus seiner Zwiebel zu regenerieren, ist es zu verdanken, dass Lilium martagon heute in immer noch recht guten Beständen in den Gebieten vorkommt.
Außerhalb des Arbeits- und Maßnahmenplanes wurde zum Schutz der letzten noch nicht verbissenen Blütenstände das oben beschriebene Wildvergrämungsmittel auch hier eingesetzt. Augenscheinlich hat das Mittel auch hier hervorragende Wirkung gezeigt.
Abb. 25: | Frauenschuh (Cypripedium calceolus) (Foto: Frank GRAWE) |
Typisch für die Kalkbuchenwälder des Kreises Höxter ist der Frauenschuh (Cypripedium calceolus). Diese an tropische Orchideen erinnernde größte Waldorchidee im mitteleuropäischen Raum wächst in guten Beständen an mehreren Stellen im Kreisgebiet. An drei dieser Standorte (im Bereich weiterer ehemaliger Standorte hatten LOHR und WAGNER [LÖBF o. Jahr] keine Pflanzen mehr feststellen können) galt es zu überprüfen, ob Maßnahmen zur Optimierung der Standorte durchzuführen sind.
Im Falle des kreisweit größten, im Bereich des Stadtgebietes Beverungen gelegenen, Bestandes (800 Pflanzen, davon 270 blühend) waren keine Maßnahmen erforderlich.
In einem weiteren im Stadtgebiet Borgentreich gelegenen Bestand (300 Pflanzen, davon 120 blühend) war zur Verhinderung einer übermäßigen Beschattung die Entnahme von Gehölzen notwendig. Im Rahmen eines Ortstermins mit dem Stadtförster wurden zu entnehmende Gehölze festgelegt und vereinbart, die Maßnahme während der anstehenden Durchforstung einer benachbarten Fläche durchzuführen.
Darüber hinaus wurden durch die Landschaftsstation unmittelbar an den Bestand grenzende Gehölze sowie Brombeergestrüpp entfernt, um eine Ausweitung des Bestandes zu ermöglichen.
Im Bereich eines dritten Bestandes im Stadtgebiet Höxter (fünf Pflanzen, davon zwei blühend) wurde ein in unmittelbarer Nähe stehender, die Pflanzen beschattender Baum geringelt. Eine spätere Kontrolle des Bestandes ergab, dass die Pflanzen von Unbekannten ausgegraben worden sind. Ob einzelne im Berichtsjahr oberirdisch nicht entwickelte Pflanzen verschont wurden, gilt es 2005 zu überprüfen.
Abb. 26: | Wanderfalke (Falco peregrinus) - Nestling bei der Beringung im Frühjahr 2004 (Foto: Frank GRAWE) |
Seit einigen Jahren ist der Wanderfalke (Falco peregrinus) wieder im Kreis Höxter heimisch. Ein Brutpaar zieht regelmäßig Jungtiere auf - im Jahr 2004 konnten vier junge Wanderfalken beringt werden (Abb. 26).
Da in den vergangenen zwei Jahren regelmäßig einzelne Wanderfalken im Diemeltal beobachtet wurden, wurde im März 2004 durch die Landschaftsstation ein Wanderfalkennistkasten im Stadtgebiet von Warburg angebracht. Obwohl das ganze Jahr über ein Wanderfalkenpärchen im Umkreis der Nisthilfe beobachtet werden konnte, kam es nicht zur Brut. In 2005 wird sich hoffentlich zeigen, ob die Maßnahme von Erfolg gekrönt wird.
Im Jahr 2004 sah sich die Landschaftsstation verstärkt mit Fragen zum Schutz von Gebäudefledermäusen konfrontiert. Auslöser war eine Rettungsaktion für junge Zwergfledermäuse in Siebenstern, die bei Arbeiten am Gebäude aus ihrer Wochenstube vertrieben wurden. Die noch nicht flugfähigen Tiere wurden durch Stationsmitarbeiter wieder eingesammelt und behutsam in die Wochenstube zurückgesetzt.
Durch einen entsprechenden Zeitungsartikel
aufmerksam gemacht, wendeten sich in der Folge zahlreiche Mitbürger an die Station, um sich über ihre Untermieter zu informieren oder um über Probleme mit ihren ungewollten „Haustieren" zu berichten.
Die Mitarbeiter der Landschaftsstation standen über 20 Hauseigentümern/ -mietern mit Rat und zum Teil auch mit Tat zu Seite. So konnten z.B. auf Wunsch 12 Fledermausquartiere an 8 Gebäuden angebracht werden.
Darüber hinaus mussten die Mitarbeiter der Station in mehreren Fällen auch noch „Amme" für junge bzw. „Krankenschwester" für verletzte Fledermäuse spielen.
Dass sich Fledermäuse durchaus großer Beliebtheit erfreuen bzw. den Menschen faszinieren, zeigt die erfolgreichste Öffentlichkeitsveranstaltung der Landschaftsstation des Jahres in Höxter, wo zur Nacht der Fledermäuse eingeladen wurde und an der über 300 Gäste teilnahmen (vgl. Kap. 7.1).
Abb. 27: | Reparatur des Amphibienzauns bei Bühne am 08.03.2004 (Foto: LSHX) |
An mehreren Straßen des Kreises wurden in den 1980er und 2990er Jahren stationäre Amphibienschutzanlagen errichtet, die zwischenzeitlich stark reparaturbedürftig sind. Jedes Jahr vor Beginn der Amphibienwanderung müssen sie repariert und gewartet werden, damit die Frösche, Kröten und Molche die Straßen halbwegs gefahrlos passieren können.
2004 wurden die Amphibienschutzanlagen zwischen Amelunxen und Wehrden am Forsthaus Laue, an der B 252 zwischen Ikenhausen und Löwen, zwischen Engar und Ikenhausen und zwischen Bühne und Körbecke instand gesetzt. Das benötigte Baumaterial wurde durch den Kreis zur Verfügung gestellt, die Arbeiten haben zum überwiegenden Teil die Zivildienstleistenden der Station durchgeführt. Über die Reparaturmaßnahmen hinaus wurden die Anlagen freigeschnitten, um ein Überklettern der Zäune durch die Amphibien an übergebogenen Ästen und Zweigen zu verhindern.
Eine Überprüfung der Maßnahmen durch das Zählen der im betreffenden Straßenabschnitt getöteten Tiere ergab, dass es wieder einmal gelungen war, die mehr oder weniger baufälligen Zäune in einen funktionsfähigen Zustand zu versetzen.
Nicht nur Fledermäuse und Amphibien benötigen immer wieder die Hilfe des Menschen. Jedes Jahr verunfallen zahlreiche Vögel in der durch den Menschen stark überformten Welt.
Handelt es sich um größere Vögel wie Greife oder Eulen, wird immer wieder die Hilfe der Station angefordert. So auch im Berichtsjahr 2004, in dem die Zivildienstleistenden mehrere „Rettungsfahrten" durchführen mussten, um Greifvögel am Unfallort abzuholen und in die Greifvögel-Station des Herrn LIMPINSEL in Meerhof-Essentho zu überführen. Dort wurden die Vögel ausnahmslos wieder gesund gepflegt und wieder ausgewildert.
Eine besonders spektakuläre Rettungsaktion fand zwischen Weihnachten und Neujahr statt, als in Höxter ein in einem glücklicherweise nicht mehr genutzten Kamin abgestürzter Waldkauz aus seiner misslichen Lage befreit werden musste.
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