EGGE-WESER 1984/02 Band 2 / Heft 4
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Luftschadstoffe im Westwind schädigen den Flechtenbewuchs im Solling. Ein Hinweis zum Waldsterben

Karl Korfsmeier

Vorbemerkung

Das Wesertal von Bad Karlshafen bis Höxter hat auf der Westseite steil ansteigende Muschelkalkhänge. Östlich der Weser steigt von rund 150 m Höhe über NN der Solling gleichmäßig über etwa 10 km nach Osten auf 500 und mehr Meter an.

Diese Gleichmäßigkeit sieht von Höxter, da sie in der gesamten Fläche bewaldet ist, wie eine weite übersichtliche nach oben hinlaufende Fläche aus, in der auf Grund des Waldbewuchses kleine Täler und Tälchen kaum in Erscheinung treten. Lediglich im Artenunterschied der Bäume kann man die Unterschiede der Bodenstruktur und Ökotope wahrnehmen.

Unter der Thematik des Waldsterbens ist hier eine Reihe waldkundlicher Untersuchungen durchgeführt worden, die sich auf Immissionsschäden beziehen.

Flechtenuntersuchungen im Teutoburger Wald, im Ravensberger Land, auch im Bereich des Kreises Höxter haben schon seit mehr als einem Jahrzehnt auf die besondere Einwirkung der in der Luft mitgeführten Schadstoffe hingewiesen. Ein Ergebnis dieser Untersuchungen ist die Erkenntnis, daß der aus Westen (West bis Südwest) kommende Wind Verbrennungsschadstoffe der westlich vorgelagerten Ballungsräume und dichten Industriebereiche heranführt. Die Schädigung im Untersuchungsgebiet steht immer in Relation zur Windgeschwindigkeit, das heißt zur vielfach häufigeren Berührung mit Schadstoffen als an windärmeren Stellen.

Zur Topographie

Die Solling-Waldfläche von der Weser im Westen bis Neuhaus im Solling im Osten nach ihrer Beeinträchtigung durch im Wind mitgeführte Schadstoffe zu untersuchen, bot sich in mehrfacher Weise an. Zwei Linienführungen habe ich daher für den Flechtenbewuchs nach Quantität und Art herausgenommen:

A. die Straße von Boffzen nach Neuhaus,

B. die Straße von Meinbrexen über Derental nach Neuhaus.

Konstante Faktoren sind dabei die Straßenbreite und auf großen Streckenabschnitten Art und Alter der Straßenbäume. Aus der beigefügten Karte ist der Verlauf dieser Strecken zu ersehen. Die Zahlen an den eingeteilten Straßenabschnitten auf der Karte zeigen die einzelnen Beobachtungsabschnitte an. Die durchgezogene Straßenlinie zeigt den Anstieg von West nach Ost, die gestrichelte Linie den Abstieg von West nach Ost an. Gleichzeitig wird eine Einschätzung der klimatischen Situation und der Standortsituation vorgenommen.

Die Straße von Boffzen nach Neuhaus verläuft im wesentlichen an einem Hang, der auf der Nordseite der Straße steil ansteigt und bis auf wenige Stellen auf der Höhe des Solling, wo größere Flächen vermutlich auf Grund der Waldschäden abgetrieben sind, Hochwald trägt, abwechselnd Flächen mit Laubwald und Fichte.


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Hier ist bei Westwindbelastung des Flechtenbewuchses jeweils die unmittelbare Schutzwirkung, die durch Windschutz der Felsen und des Bewuchses gegeben wird, zu berücksichtigen, besonders bei den vielen kleinen Kurven, die der gleichmäßig ansteigenden Straße durch Bergvorsprünge aufgezwungen werden. Diese nasenartig vorspringenden Bergteile bedeuten neben dem topographischen Schutz in höchstem Maße die Windbremswirkung des darauf stehenden Waldes. Da, wo auf längere Strecken 100 und mehr Meter die etwa 4,00 m breite Straße eine gerade Linie bildet, ist bei jeweilig in diese Richtung gehenden Winden eine starke Düsenwirkung zu erkennen, und jeder Bergvorsprung gibt dann dahinter eine Leewirkung.

Die Straße von Meinbrexen bis Neuhaus, die zweite Straße von West nach Ost im ansteigenden Solling, hat im Durchschnitt eine 3,5 bis 4,0 m breite Teerdecke. Der erste Anstieg aus dem Wesertal von etwa 100 auf 250 m östlich von Derental erfolgt im unbewaldeten Bereich. Dann beginnt ein ähnlicher Anstieg wie an der Straße von Boffzen nach Neuhaus. Die Straße verläuft zunächst im Tal, nördlich steigt der Berg an. Der Anstiegwinkel ist jedoch geringer als an der vorgenannten Straße. Im letzten Bereich unmittelbar vor Neuhaus verändert die Straße ihre Richtung von Südwest - Nordost nach Nord-Nordost. Der Berg im Westen ist sehr steil, so daß bei Westwinden der Bewuchs an der Straße nur unwesentlich betroffen wird. Nach Süden ist das Straßental relativ offen.

Flechten haben eine deutliche Lebensabhängigkeit von der Luftfeuchtigkeit bzw. vom Regen. Sie bedürfen einer ausreichenden Lichtmenge, die im Waldinnern selten gegeben ist, lediglich auf Lichtungen, d.h. hier ist generell an den an der Straße stehenden Bäumen zumindest eine Seite ausreichend belichtet, so daß der Lichtfaktor das Wachstum nicht behindert. Vereinfacht gesehen wachsen in der Reihenfolge Krustenflechten, Blattflechten, Strauchflechten ihre Empfindlichkeiten gegenüber den Umweltbelastungen. Dies ist eine erste Beurteilung die durchaus von der Aufgabenstellung erlaubt ist. Die Untersuchung der beiden Straßen bezieht sich im wesentlichen auf die Blattflechte Hypogymnia physodes als Indikator. Ihr zugeordnet sind oft Physcia tenella und Physcia orbicularis. Der im folgenden angegebene Flechtenbewuchs bezieht sich im wesentlichen auf Hypogymnia physodes (im folgenden Text mit HP bezeichnet).

A. Straße von Boffzen nach Neuhaus, Abschnitte von West nach Ost

Abschnitt 0: Der geringe Baumbestand, der als Einzelbäume an der Straße und als Obstbäume in den nördlich und südlich vorkommenden gartenähnlichen Anlagen erscheint, besitzt keinen oder nur sehr geringen HP-Bewuchs. Der Bewuchs findet sich, wenn überhaupt vorkommend, von 0 bis 0,5 m am Stamm, zumeist südöstlich oder nordöstlich, also der Hauptwindrichtung (West) abgewandt. Wenn Einzelexemplare höher in der Rinde (Eschen) vorkommen, ist der unmittelbare Windschutz ausreichend. Auch das am Stamm herabfließende Regenwasser erreicht sie nicht.


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Abschnitt 1: Nördlich am steilen Abhang und südlich zu Talwiese findet sich ein Strauch-Baum-Bewuchs. Hier wirkt sich der nördliche Bergsteilhang als Windschutz aus, ebenso die Wendung der Straße nach Nordosten. Auf der Talseite, also südlich der Straße, bestehen die Straßenbäume, die im einzelnen nicht durchgehend vorhanden sind, aus Eschen, Durchmesser etwa 60 bis 80 cm. Auf den Eschen, die eine leichte Neigung haben, ist hier ein außerordentlich dichter Flechtenbewuchs, so daß man von einem Überzug sprechen kann. Der Bewuchs reicht bei diesen Eschen bis in 5,00 und 7,00m Höhe. An den Stellen erreicht der Bewuchs seine größte Höhe und Dichte, wo unmittelbar an der Straße mit Linkskurve die Bergnase die Westwindrichtung bricht.

Abschnitt 2: Hier ist zum Tal hin nur ein sehr lockerer Strauch- und Baumbesatz. Die Eschen und auch einige Eichen stehen relativ frei. Sie haben, abgesehen von einzelnen Exemplaren, im Wurzelansatzbereich keinen Flechtenbewuchs. Hier wirkt sich die genau aus Südwesten kommende Talrichtung als Winddüse auf diesen Teil des Straßenbaumbewuchses aus.

Abschnitt 3: Der Eschenstraßenbaumbewuchs ist nicht mehr vorhanden. Einige Ahorne, 80 bis 100 cm Durchmesser, relativ freistehend, insbesondere am Eingang des von Süden kommenden Tales "Rottmünde", von wo auch ein Holzabfuhrweg einmündet. Jeweils 1 bis 2 HP-Pflanzen befinden sich am Fuße der Bäume an der talabwärts vorhandenen Baumseite. An zwei Buchen, 80 bis 100 cm Durchmesser, befinden sich Lecanora varia, eine Krustenflechte, die in Flechtenkampfzonen, z.B. Ballungsrandgebieten, typisch ist. Auffällig an den Buchen sind kreisförmige weißliche Nekrosen, das heißt hier sterben Algen und Krustenflechten ab, wobei sich der Abtötungsprozeß kreisförmig verbreitert. Der West-Südwestwind hat hier auf dem immer noch ansteigenden Solling seine wenig behinderte Einwirkung.

Abschnitt 4: Sowohl die steile Nordwand als auch der langsam ansteigende Bergrücken dahinter sind voll bewaldet, gegenüber dem Abschnitt 3 jedoch auch das schmale Tal südlich. Hier stehen 60 bis 80 cm Durchmesser starke Eschen an der Straße von Unterholz umgeben, von der Straße aber ausreichend belichtet. Die Eschen sind teppichartig von HP bis zu 3,00 m Höhe überwachsen. Der Windschutz von der Bergwand im Norden und von der bewaldeten Talseite ist Westwind bremsend, Immissionen fällend und daher Flechten fördernd.

Abschnitt 5: Am Fuße einer 30 cm dicken Hainbuche befindet sich, von Moos umgeben, die Flechte Cladonia spec.. Weiter oberhalb ist ein dichter Überzug von Lecanora. Der Wald ist auf der Talseite geschlagen. Eine Strauchhecke ist dort noch vorhanden. Der Windschutz ist also gegenüber dem Abschnitt 4 wesentlich geringer, geworden.

Abschnitt 6: Hier ist nördlich und südlich der Hochwald vorhanden, wobei beide Hangflächen auf der Höhe von 350 m angekommen sind. Eschen fehlen, zwei 80 und 120 cm dicke Buchen, leicht nach Osten geneigt, haben einen lockeren HP-Bewuchs bis auf 3,00 m Höhe. Die Rinde der Buche ist im unteren Abschnitt rauh.

Abschnitt 7: Die Steigung der Straße verringert sich deutlich. Am Ende dieses Abschnitts wird die Sollinghöhe erreicht. Vier einzelne, im Abstand von 150 m an der Straße stehende alte Buchen, Durchmesser 80 bis 100 cm, haben im unteren Bereich Physcia tenella und orbicularis, darüber Lecanora vergesellschaftet. Dieser gemischte Flechtenbewuchs reicht bis 1,00 m Höhe. Der Wald nördlich von Abschnitt 7 ist schätzungsweise vor zwei Jahren gefällt worden.


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Abschnitt 8: Die Straße geht nach Süden an den flachen Hang, nördlich befindet sich das Tal. Hier stehen auch am nördlichen Rand der Straße Eschen (60 bis 80 cm). Unmittelbar am Ende des Abschnitts 7 befindet sich ein Fichtenhochwald, 15 bis 25 m Höhe. Die Anhöhe südlich und der dichte Hochwald nach Westen geben bei der nun nach Neuhaus abfallenden Straße einen totalen Windschutz. Die aus westlicher Richtung kommenden Winde gehen über das nördlich verlaufende Tal hinweg. Die Eschen an dieser Stelle haben einen dichten HP-Bewuchs, der reicht bis in die Verästelung sichtbar noch in Höhen bis über 10 m. Der Bewuchs ist unten rings um die Stämme vorhanden. Der Eschenbewuchs weiter in Richtung Neuhaus weist nicht mehr die Dichte wie unmittelbar zu Beginn des Abschnittes 8 auf. Hier ist die Windschutzwirkung geringer geworden, aber der HP-Bewuchs reicht bis in den unmittelbaren Bereich des Ortes Neuhaus. Der gesamte Abschnitt 8 liegt in dem leicht abfallenden Teil der Straße, hat also die Besonderheit, im Windschatten der Sollinghöhe zu liegen. Das bewirkt gegenüber der örtlich nahen Windschutzwirkung, die insbesondere durch Baum-Strauch-Felsvorsprung beim Aufstieg der Straße zur Kuppe des Solling stellenweise erreicht wurde, daß hier kein direktes Anblasen mehr stattfinden kann. So hat die örtliche Windschutzwirkung durch Fels und Wald bei Leewirkung hinter der Höhe einen noch höheren Stellenwert für das Wachstum und Vorhandensein von HP.

B. Straße Meinbrexen bis Neuhaus

Abschnitt 0: Östlich der Bahn steigt die Straße in einer flachen Talung und nicht bewaldetem Gelände von 130 auf 245 m bis an den Westrand der Ortschaft Derental. An keinem Baum (Kirsche, Apfel, Esche) befindet sich eine Blattflechte. Alle Bäume sind freistehend den aus westlicher Richtung kommenden Winden voll ausgesetzt. Die Ortschaft Derental wurde nicht untersucht.

Abschnitt 1: Östlich von Derental verläuft die Straße unmittelbar, beidseitig durch Berghänge, die unbewaldet sind, geschützt, im Tal bis zu einer Kehre, in der sich drei Eschen mit 80 bis 100 cm Durchmesser befinden. Sie haben nicht eine Blattflechte. Dann steigt die Straße östlich steiler an.

Abschnitt 2: Die Straße hat links den Waldrand (der Wald steigt nach Norden an). Die freie Fläche um die Ortschaft Winnefeld liegt auf 280 m südlich der Straße. Die hier relativ ruhige, aber auf Grund der Höhenwinde mäßig bewegte Grundbelastung bewirkt, daß die nun weiter ansteigende Straße, am Waldrand verlaufend, im Baumbestand keine Blattflechten zeigt. Der Baumbestand besteht im wesentlichen aus Eichen, die Krustenflechten in guter Ausbilden zeigen, aber viele Nekrosen aufweisen, die sich kreisförmig am ganzen Stamm entwickeln.


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Abschnitt 3: Beidseitig der Straße steht Hochwald. Wo nach Westen ein Fichtenbestand vorgelagert ist, haben einige Eichen Hypogymnia physodes - Bewuchs. Es wird hier deutlich, daß durch den lichtungsartigen Charakter (landwirtschaftlich genutzte Fläche, gering besiedelt) und die Windoffenheit nach Westen soviele Schadstoffe in den Waldrand gelangen, daß für Blattflechten das Existenzminimum unterschritten wird.

Abschnitt 4: Auf der Grenze zwischen 3 und 4 bei immer noch ansteigender Straße sind an den Südostseiten der Eichen einige Blattflechten vorhanden. In einer etwa 1 ha großen Kahlschlaglichtung südlich der Straße geht der Gasdruck von der Lichtung in den offengeschlagenen Wald. Am östlichen Waldrand wiederum kein Bewuchs am Stamm (Eiche), an zwei Stellen auf den sichtbaren starken Wurzeln. Die Straße wirkt hier als Düse (genaue Südwestrichtung). An der Nordseite der Straße dem Kahlschlag gegenüber ist im Schütze des steil ansteigenden Hanges im Süden der Bewuchs dichter. Auf der Südseite schließt sich an diese Lichtung in einer langgestreckten Kurve ein 150- bis 200-jähriger Eichenbestand an. Die Bäume stehen im Abstand von 10 m und mehr (ausreichend Licht). An der Stelle, wo nördlich ein etwa 10 m hoher dichter Fichtenbestand steht, ist unmittelbar südlich davor dieser lichte Eichenbestand bis zu 6 m Höhe mit HP-Bewuchs besetzt. Der Flechtenbewuchs befindet sich an der Ostseite der Eichen, an der Westseite des Stammes sehr gering oder gar nicht. Gelegentlich kommt an den unteren 50 cm ein Bewuchs vor, insbesondere auch hier nach Osten hin. Es zeigt sich sehr deutlich, daß der Fichtenbestand Filterung und Windbremse bedeutet. Der lichte Stand der Eichen läßt den Westwind durch.

Abschnitt 5: Hier fällt die Straße nach Osten langsam ab und wendet sich mehr nach Nordosten bis Nord. Östlich vorgelagert ist ein Bergzug, "Wildenkopf", "Alte Schmacht", der 450 m erreicht. Beidseitig der Straße ist dichter Wald. Auf der Südseite stehen Eichen, die alle einen mäßigen HP-Bewuchs zeigen. Abschnitt 5 ist nach Nordost abfallend. Der Blattflechtenbewuchs an den Eichen ist durchgehend vorhanden und erreicht eine Höhe bis zu 4,00 m.

Abschnitt 6: Die Straße verläuft hier im Tal westlich steil ansteigender Berghänge. Eichen mit Durchmesser von 50 cm haben starken, bis in 4,00 m gehenden HP-Bewuchs.

Zusammenfassung

Die Flechtenwachstumsverhältnisse an den Straßenbäumen von Boffzen nach Neuhaus und von Meinbrexen nach Neuhaus (siehe Karte) sagen

  1. über die Empfindlichkeit der Flechten aus, daß in der Reihenfolge Hypogymnia physodes, Physcia tenella und Physcia orbicularis die Härte gegen die Immissionsbelastung zunimmt.

  2. So wurde Hypogymnia physodes als die kritischste Pflanze für die Luftqualität angesehen und von hieraus die Westwindeinwirkung auf den nach Osten ansteigenden Solling gewertet.


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Es zeigten sich folgende Immissionsschutzfaktoren:

  1. Geomorphologische Felsvorsprünge, um die die Straßen ihre West-Ost-Richtung verließen, verhinderten das direkte Anblasen des Westwindes und ließen an den so mehr oder weniger windgeschützten Bäumen in den Kurven ein Wachstum von Hypogymnia physodes zu.

  2. Unmittelbar westlich vorgelagerte Baum-Strauch-Kulissen von etwa 10 m Breite an bewirkten in Relation zur Windbremsung Vorkommen und Wachstum von Hypogymnia physodes.

  3. Dort, wo ein Fichtenbestand so die Windbremsung total werden läßt, wird der

  4. Hypogymnia-physodes-Bewuchs sowohl in der Dichte als auch in der Höhe an den Stämmen, insbesondere von Esche, Eiche, gelegentlich Buche östlich dahinter, größer.

  5. Lichtungen im ostansteigenden Waldbereich des Solling von Größe der Freifläche und der Höhe des Waldrandes und Kantenlängen in West-Ostrichtung und Anstiegswinkel abhängig zeigen an, daß auch die bleibende Grundbelastung das Vorkommen und Wachstum von Hypogymnia physodes belasten oder auch verhindern. Waldränder im Wind gelegen haben daher weniger Hypogymnia physodes als windgeschützte Waldränder an den Lichtungsrändern.

  6. Wo Ostseite und Westseite des Baumes von Hypogymnia physodes bewachsen sind - wenn unterschiedliche Lichtverhältnisse und Feuchtigkeitsgrade mit eingeschätzt sind -, sagt aus, daß die Westseite immissionsgeschädigt ist.

  7. Die nach Osten abfallenden Straßenabschnitte bestätigen diesen unter a) bis e) genannten Zustand. Hier ist dann auch die Grundbelastung geringer, da der Hauptwind in größerer Geschwindigkeit darüber weg weht und die schwache Verwirbelung die vorhandenen mikroklimatischen Faktoren wirksam werden läßt. In der Lee-Wirkung der nach Osten abfallenden Straßenteile findet auch eine Immissionsfällwirkung statt.

  8. Hohe intakte Fichtenbestände westlich der nach Osten abfallenden Straße (je steiler abfallend und je tiefer unten) bewirken ein stärkeres bis optimales Wachstum für Hypogymnia physodes (Beispiel: Abschnitt Nr. 8 Straße Boffzen - Neuhaus). Die Luftverhältnisse bei hohem Wachstum der Flechte Hypogymnia physodes bis in die Krone hinein können als unbelastet angesehen werden.

Im ganzen gesehen hat Neuhaus diesen Vorteil seiner Lage.

Es muß auf zwei Zusammenhänge hingewiesen werden:

aa) Eine geringe Windgeschwindigkeit belasteter Luft berührt mit ihren Immissionen die Flechten wesentlich weniger als eine mit gleichen Immissionen belastete Luft, die doppelte oder noch größere Windgeschwindigkeit hat, doppelt bis mehrfach so stark.

bb) Man kann durchaus den Flechtenartenschwund in Relation zum Waldsterben setzen. Während der Baum durch Luftimmissionen direkt über Blatt- und Rindensystem und andrerseits in seinem Wurzelsystem durch die im Boden und im Wasser befindlichen


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Immissionen geschädigt wird, werden die Flechten am selben Ort nur durch Windfracht und direkten Niederschlag allein geschädigt. Aus dieser Schadfaktorenteilung lassen sich durchaus Rückschlüsse auf Quantitäten und Qualitäten des Waldsterbens ziehen.

Literatur

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SCHÖNBECK, H. (1972): Untersuchungen in Nordrhein-Westfalen über Flechten als Indikatoren für Luftverunreinigungen. Essen

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