www.egge-weser-digital.de — Beiträge zur Naturkunde zwischen Egge und Weser 20 (2008) 127-130

Der Kuckuck – Vogel des Jahres 2008 – im Kreis Höxter

Von Theo Elberich und Burkhard Beinlich
unter Verwendung des Textes der NABU-Broschüre "Der Kuckuck – Vogel des Jahres 2008" von Heinz Kowalski, Markus Nipkow, Helmut Opitz und Hans-Jürgen Stork

Vogel der Kinder

"Den kennt doch jedes Kind!" Mit Liedern und Reimen über den Kuckuck werden Kinder groß. Ob sie den Kuckuck jemals in der Natur hören oder gar sehen werden, ist allerdings fraglich. Denn vielerorts ist der Kuckuck verschwunden, weil sein Lebensraum verloren geht - bei uns genau wie im afrikanischen Winterrevier. Außerdem ist er für die Jungenaufzucht auf Wirtsvögel angewiesen, und wenn diese seltener werden, leidet darunter auch der Kuckuck. Dabei gilt er den Menschen als Glücksbringer, es sei denn, sie haben viele Schulden und der Gerichtsvollzieher kommt mit dem "Kuckuck"-Aufkleber, den in Wirklichkeit gar kein Vogel ziert. Viele Mythen und Geschichten erzählen vom Kuckuck. Wir möchten diese Zuneigung für unser Engagement im Naturschutz nutzen, um seine Lebensräume in Deutschland und anderswo besser schützen zu können.

Im großen Naturschutzgebiet Lüneburger Heide ist der Kuckuck noch überall zu hören. Auch in Mooren, großen Feuchtgebieten, Hochheiden und Flussauen ruft er vom Frühjahr bis zum Spätsommer immer noch. Wir müssen diese Lebensräume erhalten, wenn wir uns weiterhin gemeinsam am Kuckuck erfreuen wollen. Dafür brauchen wir eine breite Unterstützung und deshalb haben der NABU – Naturschutzbund Deutschland und sein bayerischer Partner LBV – Landesbund für Vogelschutz in Bayern den Kuckuck zum Vogel des Jahres 2008 gewählt.

Vogel des Jahres 2008

Um vom NABU und LBV zum Vogel des Jahres gekürt zu werden, muss die Art schon etwas besonderes sein, und das trifft beim Kuckuck (Cuculus canorus) zu. Jeder kennt den Vogel, der seinen Namen nach seinen eingängigen Ruf erhalten hat und eine ungewöhnliche Form der Jungenaufzucht betreibt, den Brutparasitismus. Damit bezeichnet man die Angewohnheit, die eigenen Eier jeweils einzeln in fremde Nester zu legen und von den Wirtseltern ausbrüten zu lassen, die dann auch zumeist den Jungvogel bis zum Ausfliegen füttern. Seinen Stiefgeschwistern dankt er das allerdings nicht, denn die wirft der Jungkuckuck aus dem Nest, entweder bereits die Eier oder die jungen ausgeschlüpften Vögel. Das machen nicht alle Kuckucksarten so: Von den 130 Kuckucksarten der Welt sind nur 52 Brutparasiten.

Der Kuckuck ist in Deutschland kein "Allerweltsvogel". Manche Gegenden durchquert er nur beim Zug. Dann kann man seinen Ruf im April oder Mai gelegentlich hören. Bruthabitate gibt es im Prinzip genug: Wälder oder halboffene Landschaften mit Baum- und Strauchgruppen, aber auch offene Flächen wie zum Beispiel Heiden, solange einige erhöhte Sitzwarten zur Verfügung stehen.

Von solchen Landschaften gibt es in Deutschland viele und dennoch findet sich nicht überall der Kuckuck ein. Das liegt unter anderem daran, dass der Kuckuck sein Ei nicht in jedes Nest legt. Er ist auf bestimmte Wirtsvögel geprägt, zum Beispiel den Teichrohrsänger, der eben nur im dichten Schilf an Teichen oder Seen vorkommt, oder den Bergpieper, der fast nur am Alpenrand zu finden ist. Neben diesen beispielhaft genannten Wirtsarten gibt es viele andere Vogelarten, die als Wirtseltern bekannt sind.

Kuckucke wählen häufig Heiden, Moore, Niederungen, Flussauen und Sumpfwälder sowie Ried zum Brut- und Lebensraum. Auch reich gegliederte hügelige Landschaften mit Steinriegeln und kleinen Feldgehölzen neben Wiesen, Obstbaumgärten, Streuobstwiesen und Äckern gehören zu den bevorzugten Bruthabitaten. Solchen Biotopen ist eines gemeinsam: Sie sind in den vergangenen Jahren häufig großflächigen Monokulturen zum Opfer gefallen oder wurden gerodet, entwässert, für die Freizeitnutzung erschlossen und durch Straßen zerschnitten. Wo Landschaft verschwindet oder sich verändert, geht auch Nahrung für die Vögel verloren. Der Verlust der Vielfalt, der Biodiversität, ist die Hauptursache für den Rückgang.

Ornithologen und Vogelschützer haben genauer untersucht, wie es um den Kuckuck in Deutschland steht. Seit etwa Mitte der 1960er Jahre ging der Bestand deutlich zurück und diese negative Entwicklung hält weiter an. Beispielsweise in Baden-Württemberg, wo der Vogel bis auf die ganz hohen Schwarzwaldlagen flächendeckend und in hoher Dichte vorkam, wurden am Bodensee zwischen 1981 und 1991 Verluste von 14,2 Prozent festgestellt, im württembergischen Allgäu Verluste von rund 30 Prozent. Aus vielen anderen Teilen Deutschlands werden ähnliche Zahlen gemeldet.

Aber auch in mehreren europäischen Ländern werden Rückgänge verzeichnet. Die östlichen Staaten sind mit einem konstanten Bestand die Ausnahme. In der Schweiz, wo der Kuckuck Vogel des Jahres 2001 war, steht er bereits auf der Roten Liste als "potentiell gefährdet".

Großräumige Bestandserhebungen sind für Deutschland nur in geringer Zahl bekannt. Traditionell widmen sich die Vogelkundler aber ihrem "Jahresvogel" besonders. Der NABU führte zum Beispiel 2008 eine bundesweite Bestandserhebung zum Kuckuck durch. Mit aktuellen Zahlen ist deshalb 2009 zu rechnen.

Unverwechselbar

Die Familie der Kuckucke (Cuculidae) umfasst rund 130 Arten. Sie besiedeln weite Teile der Alten und Neuen Welt. "Unser" Kuckuck (Cuculus canorus) ist die einzige Art in Mitteleuropa. Nur in Spanien und vereinzelt auch in anderen Mittelmeerregionen gibt es noch einen Verwandten, den auch äußerlich deutlich zu unterscheidenden Häherkuckuck (Clamator glandarius).

In Deutschland ist der etwa taubengroße Vogel also unverwechselbar.

Name

Der markante Ruf des Kuckuck-Männchens war nicht nur im Deutschen und Englischen (Cuckoo) namensgebend. Lautmalerisch ist auch sein lateinischer, also wissenschaftlicher Name Cuculus canorus.

Abb. 1

Abb. 1: Kuckuck (Cuculus canorus) (Foto: NABU/P. Zeininger)

Kennzeichen

Mit 34 Zentimeter Köpergröße ist der Kuckuck (Abb. 1) etwa so groß wie sein Vorgänger unter den "Jahresvögeln", der Turmfalke. Aber er ist eher ein scheuer Vogel, der die Nähe des Menschen meidet. Meist ist er im Flug zu sehen. Dabei erinnert er ebenfalls ein wenig an einen Falken, doch sein Schwanz ist deutlich länger, sein Flügelschlag auffallend flach. Gern sitzt er weithin sichtbar auf einen Busch oder Zaunpfahl.

Das Männchen ist überwiegend schiefergrau. Seine quergebänderte Unterseite erinnert an einen Sperber. Die Weibchen sind leicht rostfarben getönt. Ihre etwas schwächere Bänderung beginnt bereits an der Kehle. Besonders die Weibchen kommen aber auch in einer selteneren, kräftig rostbraunen und auch oberseits gebänderten Variante vor. Diese Abweichung ähnelt dem Jugendkleid, besitzt jedoch nicht dessen weißen Nackenfleck.

Lautäußerung

Mit dem bekannten und weit zu hörenden Kuckucksruf markiert das Männchen sein Revier. Dabei sitzt es meist hoch auf einem Baum, mit gestrecktem Körper, leicht gefächertem Schwanz und hängenden Flügeln.

Vor allem im Mai und Juni ist sein meist zweisilbiger Ruf zu hören, ein "gu-kuh" in unterschiedlicher Tonhöhe, eine kleine Terz abwärts, aber auch größere Tonintervalle werden gerufen. Die Männchen verfolgen die Weibchen oft mit einem heiseren "hach hachhach". Diese wiederum haben eine ganz andere Stimme, ein lautes trällerndes "Kichern".

Nahrung

Der Kuckuck ist ein Insektenfresser. Zu seiner Lieblingsspeise zählen Schmetterlingsraupen, aber auch Heuschrecken, Käfer und Libellen. Solche Insekten werden meist von Sitzwarten aus gezielt angeflogen, Raupen dagegen von Blättern und Zweigen aufgesammelt. Weibchen verzehren auch Singvogeleier.

Abb. 2

Abb. 2: Ein Kuckucksjunges wird von einem Teichrohrsänger (Acrocephalus scirpaceus) gefüttert (Foto: NABU-D.Kjaer/rspb-images.com)

Fortpflanzung

Männchen und Weibchen gehen keine längere Paarbindung ein. Nicht einmal eine kurzfristige Bindung, die länger als einen Tag dauert, ist belegt. Die größte Besonderheit ist ihr Brutparasitismus. Nach genauer Beobachtung verteilt das Weibchen seine Eier gezielt auf die Nester anderer Vögel. Diese Wirtsvögel sind viel kleiner als der Kuckuck selber. Die Eiablage erfolgt in nur wenigen Sekunden, wobei in jedes Nest nur ein Ei gelegt wird. Das Männchen lenkt dabei manchmal die Wirtsvögel ab.

Zwischen Ende April und Anfang Juli legt ein Weibchen neun bis zwölf, manchmal bis zu 25 Eier. Liegt ein Kuckucksei im Nest, ist die Brut des Wirtsvogels verloren. Nach dem Schlüpfen schiebt der erst wenige Stunden alte Jungkuckuck nacheinander sämtliche Eier und die bereits geschlüpften Stiefgeschwister über den Nestrand und lässt sich alleine "bewirten". Seine Nestlingszeit beträgt – abhängig vom Wirtsvogel – 19 bis 24 Tage.

In Europa sind mehr als 100 Vogelarten bekannt, die dem Kuckuck als Wirt dienen. Häufige Wirtsvögel sind der Teichrohrsänger (Abb. 2), der Wiesenpieper, der Neuntöter, der Hausrotschwanz, das Rotkehlchen, die Bachstelze und sogar der winzige Zaunkönig.

Wanderungen

Kuckucke überwintern südlich des Äquators, nur ein kleiner Teil auch in Westafrika. Damit zählen sie zu den Langstreckenziehern unter den Zugvögeln. Alt- und Jungvögel verlassen uns ab Anfang August und kehren im Normalfall in der zweiten Aprilhälfte zurück. Sie ziehen überwiegend nachts.

Lebensraum

Der Kuckuck lebt in allen Teilen Deutschlands von den Küstenmarschen bis zur alpinen Weide- und Waldlandschaft. Flussniederungen mit einzelnen Sitzwarten sowie Moore und Heiden sind am dichtesten besiedelt. In ausgeräumten

Ackerlandschaften wird man ihn dagegen vergeblich suchen. Sein Vorkommen hängt regional auch von der Häufigkeit geeigneter Wirtsvögel ab.

Verbreitung

Über ganz Europa verbreitet fehlt der Kuckuck nur auf Island und im äußersten Norden Russlands. Im Osten reicht sein Verbreitungsgebiet von Kamtschatka über Japan bis nach Südostasien.

Bestand und Bestandsentwicklung

Genaue Bestandsangaben über größere Gebiete und längere Zeiträume gibt es kaum. Die Zahlen scheinen auch deutlich zu schwanken. In Europa wird der Bestand auf 4,2 bis 8,6 Millionen Brutpaare geschätzt. Zwischen 51.000 und 97.000 Paare leben in Deutschland.

Nahezu alle Länder West- und Mitteleuropas melden seit längerem rückläufige Zahlen. In England verringerte sich der Bestand in den letzten 30 Jahren um fast 60 Prozent. Auch in einigen Teilen Deutschlands ist der Kuckuck seltener geworden. Lediglich im östlichen Europa scheint der Bestand noch stabil zu sein.

Gefährdung

Kuckucke sind unterschiedlichen Gefahren ausgesetzt. Geht die Zahl wichtiger Wirtsvogelarten zurück, wirkt sich das auch auf den Kuckuck aus. Darüber hinaus spielt das Nahrungsangebot eine große Rolle, das sich vor allem in der Agrarlandschaft verschlechtert hat. Schmetterlinge, Maikäfer und andere Großinsekten fallen der landwirtschaftlichen Intensivierung durch den Einsatz von Insektiziden und Herbiziden zum Opfer. Möglicherweise kommt es auch auf den Zugwegen und in den Überwinterungsgebieten zu größeren Nahrungsverlusten, zum Beispiel beim großflächigen Einsatz von Giften gegen Heuschreckenplagen. Gelegentlich wird dem Kuckuck auch eine Verwechselung mit dem Sperber zum Verhängnis.

Der Kuckuck im Kreis Höxter

Im Kreis Höxter war der Kuckuck wohl nie besonders häufig. So stellt Kurt Preywisch in seinem 1962 erschienenen Werk "Die Vogelwelt des Kreises Höxter" fest, dass er zwar im gesamten Gebiet (gemeint ist der Altkreis Höxter) als Brutvogel vorkomme, aber nur spärlich anzutreffen sei. Dies ist auch nicht verwunderlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass der Kuckuck eine eindeutige Vorliebe für Heiden und Moore sowie große Flussniederungen zeigt – Lebensräume, die der Kreis Höxter nicht oder nur kleinflächig zu bieten hat. Heute zeigt der Kuckuck eindeutig Verbreitungsschwerpunkte im Bereich der Steinheimer Börde, im Umfeld der Brücher in der Warburger Börde sowie im Nethe- und im Wesertal. Besonders gute Beobachtungsmöglichkeiten sind dabei in den Feuchtwiesen um Borgentreich gegeben (Rietbruch, Ortwiesen, Echeler und Körbecker Bruch).

Das Kuckucksfest in Nieheim

Anlässlich der Kür des Kuckucks als Vogel des Jahres wurde ihm im Jahr 2008 eine besondere Ehre zuteil: Er wurde zum Schirmherr für eine Veranstaltung des Westfalen Culinariums in Nieheim erwählt – dem seit einigen Jahren öffentlichkeitswirksam praktizierten Schinkenanschnitt im Mai, an dem erstmals der über den Winter gereifte Schinken der so genannten "Bellerser Weideschweine" angeschnitten und verköstigt wird. Da dies nach alter Väter Sitte erst dann erfolgen darf, "wenn der Kuckuck ruft", lag es auf der Hand, die Veranstaltung zu nutzen, um den Kuckuck der Bevölkerung näher zu bringen. Die vom Westfalen Culinarium, der NABU-Kreisgruppe Höxter und der Landschaftsstation im Kreis Höxter ausgerichtete Veranstaltung stieß auf reges Interesse bei Jung und Alt.

Literatur:

Der Text der Abschnitte bis zum Teil "Der Kuckuck im Kreis Höxter" entstammt folgender Broschüre des NABU:

KOWALSKI, Heinz, Markus NIPKOW, Helmut OPITZ und Hans-Jürgen STORCK (2007, Bearb.): Der Kuckuck – Vogel des Jahres 2008. –Broschüre des NABU – Naturschutzbund Deutschland – Bundesverband – und LBV – Landesbund für Vogelschutz in Bayern.

PREYWISCH, K. (1962): Die Vogelwelt des Kreises Höxter. – Gieseking, Bielefeld.



Anschriften der Verfasser:
 Theo Elberich
  Born 28
  37696 Marienmünster
  nabu-hoexter@web.de

 Dr. Burkhard Beinlich
  Landschaftsstation im Kreis Höxter
  Zur Specke 4
  34434 Borgentreich
  beinlich@landschaftsstation.de