Von Dirk SCHILLER
Der Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA; Avifaunisten beschäftigen sich mit der Erfassung der Vogelwelt) als Organisator ruft bei einem „Birdrace“ aber nicht die Vögel zum Rennen auf. Es rennen also nicht die Vögel um die Wette, sondern die Beobachter wetzen hinter selbigen her. Dabei versuchen drei- bis fünfköpfige Teams innerhalb eines Tages so viele Vogelarten wie möglich zu sehen oder zu hören. Vorab wird vereinbart, innerhalb welcher Grenzen beobachtet wird, in der Regel ist dies ein Landkreis. Gezählt werden darf jede in Deutschland heimische oder natürlicherweise auftretende Art, sofern sie von der Mehrzahl der Teammitglieder gesehen oder gehört wurde. Gemogelt wird nicht, das gebietet die sportliche Fairness.
Oberflächlich betrachtet mag es zwar nicht nur für Außenstehende, sondern auch für manchen Ornithologen skurril klingen, die Vogelbeobachtung als sportlichen Wettbewerb auszutragen. Doch schon auf den zweiten Blick verbirgt sich dahinter weit mehr als eine Selbstbelustigung von Raritätenjägern. Denn mit Hilfe eines solchen Rennens um Vögel lassen sich - eben wegen des großen medialen Interesses - viele Themen, für die wir uns ehrenamtlich engagieren, ausgezeichnet ins öffentliche Bewusstsein rücken.
Ferner geht es bei diesem sportiv-naturkundlichen Beobachtungsrennen keinesfalls nur um den Spaß, obwohl dieser einen ganz wesentlichen Teil des Reizes für die Teilnehmer ausmacht. Die Teams sind dazu aufgerufen, eine finanzielle Unterstützung - beispielsweise einen bestimmten Betrag je nachgewiesener Art - einzuwerben. Mit den Spenden wird das derzeit ehrgeizigste Projekt deutscher Vogelkundler unterstützt, der neue deutsche Brutvogelatlas mit dem treffenden Namen ADEBAR. Mehrere Tausend Vogelkundler beteiligen sich ehrenamtlich an dem mehrjährigen Projekt. Der Brutvogelatlas soll 2010 erscheinen und wird das Wissen um die Verbreitung und Häufigkeit unserer Brutvögel erheblich verbessern – ein ganz wesentlicher Beitrag für den Erhalt und den gezielten Schutz der heimischen Artenvielfalt.
Die Kosten für die Auswertung und den Druck des Vogelatlasses belaufen sich auf über eine Million Euro, zu denen die Vogelbeobachter mit dem Birdrace in den vergangenen Jahren bereits 25.000 € beisteuern konnten. Mit der zunehmenden Beliebtheit des Birdrace wird also bis zum Ende des Jahrzehnts ein beachtlicher Anteil ganz sportlich eingeworben werden können. Gewaltige finanzielle Mittel wären notwendig, würden die ca. 300.000 Stunden Vogelerfassung nicht ehrenamtlich durch die vielen begeisterten Vogelkundler geschultert.
Im Oktober 2005 wurde den Initiatoren des Birdrace die „muna 2005“ in der Kategorie „Idee/Innovation“ verliehen. Die „muna“, der Preis „Mensch und Natur“, wird von der Deutsche Bundesstiftung und ZDF.umwelt alljährlich für herausragendes ehrenamtliches Engagement im Naturschutz vergeben.
Auch für das Birdrace gilt das olympische Credo: Dabei sein ist alles! Mitmachen kann jede und jeder, egal wie viele Vogelarten man erkennen kann und unabhängig davon, ob das Team mit oder ohne finanzielle Unterstützung an den Start geht. Jedes Team trägt dazu bei, unser gemeinsames Anliegen, die Freude an der Naturbeobachtung und den Schutz unserer heimischen Vogelwelt, in die Öffentlichkeit zu tragen.
In den Jahren 2006 und 2007 entschiedenen sich auch Vogelbegeisterte aus dem Kreis Höxter dazu am Birdrace teilzunehmen. Da die gewählten Routen für das Rennen von der Weser zur Egge führten, wurde das jeweilige Team unter dem Namen WeserEggeLäufer beim DDA angemeldet.
Gestartet wurde um jeweils 04:30 Uhr in Höxter. Um zu Beginn möglichst viele der häufigen Arten zu Gesicht bzw. zu Gehör zu bekommen, fuhren wir mit Rädern entlang des rechten Weserufers in Richtung Holzminden. Ziel waren die Baggerseen hinter Lüchtringen, an denen Anfang Mai gelegentlich noch durchziehende Lemikolen beobachtet werden können. Bereits zu dieser frühen Stunde begann langsam das Vogelkonzert, so dass schon vor dem ersten Pedaltritt einige Arten gezählt werden konnten: Amsel, Wacholderdrossel und Hausrotschwanz. Zu unserem Glück ließ sich 2006 auch ein Waldkauz zu einem Ruf überreden.
Vom Radweg aus ließen sich bereits viele Arten bestimmen: Rohrammer, Feldschwirl, Braunkehlchen, Steinschmätzer und Co., um nur einige der mittelhäufigen Arten zu nennen. An den Baggerseen angekommen, wurden wir jeweils enttäuscht, keine Lemikole weit und breit zu sehen. Trotzdem füllte sich unsere Artenliste mit einigen Wasservögeln wie Höckerschwan und Haubentaucher. Entlang der Weser ging es nun am Hafen vorbei Richtung Höxter. 2006 hatten wir das Glück, kurz vor Höxter am anderen Weserufer einige Lemikolen erblicken zu können. Schnell hatten wir das Spektiv aufgestellt. Ein Bruchwasserläufer und einige Flussuferläufer waren doch tatsächlich noch am Weserstrand unterwegs.
Mit etwas über 40 Arten im Gepäck kamen wir dann zu unserem Ausgangspunkt zurück.
Von nun an ging es darum, möglichst viele der mittelhäufigen und seltenen Arten zu entdecken. Da dies nur möglich ist, wenn spezielle Gebiete im Kreis Höxter besucht werden, stiegen wir vom Rad in den PKW um. Unser Weg führte uns nun zum Bielenberg mit Kolkrabe und Haubenmeise, über den Räuschenberg mit Baumpieper zum Taubenborn. Am Taubenborn versuchten wir vergeblich eine Beutelmeise zu entdecken, die einige Tage vorher dort beobachtet werden konnte. Vom Taubenborn ging es an die Nethemündung. Dort wollten wir eine Wasseramsel unserer Artenliste hinzufügen. Was uns glücklicherweise dann auch gelang. Zu unserer Überraschung gaukelte eine Rohrweihe über den Wiesen nahe der Nethe. Die Route führte nun zur Sandgrube Oppermann in Wehrden, wo noch der selten gewordene Flussregenpfeifer neben einer Uferschwalbenkolonie brütet. Weiter ging es zu den Kiesseen von Meinbrexen. In einem Weidengebüsch konnten wir das hohe Pfeifen einer Beutelmeise vernehmen. Weithin ließen sich Graugans, Kiebitz und Flussuferläufer sehen.
Über die Trockenmagerrasengebiete von Dalhausen mit Neuntöter und Sperber ging es nun in das Körbecker Bruch, das größte Feuchtwiesenschutzgebiet und bedeutendsten Wiesenbrütergebiet im Kreis Höxter. Das Körbecker Bruch ist bei Naturfreunden vor allem durch regelmäßige Bruten von Rohrweihen und Wiesenweihen bekannt geworden. Beide Arten ließen sich dann auch neben Wiesenpieper und Rebhuhn beobachten.
Zu schon spät gewordener Stunde entschlossen wir uns, den Saatkrähen in Steinheim einen Besuch abzustatten, um von dort aus die Dohlen am Steinheimer Kirchturm unserer Artenliste hinzufügen zu können.
Unser letztes Ziel waren die Teiche der Tongruben in Nieheim, wo seit einiger Zeit regelmäßig ein Zwergtaucherpaar brütet.
Im Jahr 2006 beendeten wir das Rennen mit insgesamt 81 beobachteten Vogelarten. Bei 73 teilnehmenden Teams erreichten wir Platz 63. Sieger wurde das Nord-Seh-Team aus Nordfriesland mit 159 Beobachtungen.
2007 konnte das Ergebnis, auch auf Grund der vorjährigen Erfahrungen und der guten Ortskenntnis von Herrn Dr. Beinlich, auf 90 Arten gesteigert werden. Rang 65 bei 90 Teilnehmern war die Endplatzierung. Sieger wurde wieder das Nord-Seh-Team mit 167 Arten.
Wir würden uns freuen, wenn 2008 weitere Vogelinteressierte aus dem Kreis Höxter am Rennen teilnehmen würden. Ansprechpartner finden Sie auf der Homepage des NABU-Kreisverbands Höxter www.nabu-hx.de oder direkt beim DDA www.dda-web.de.
Team 2006: Nikola Theißen, Björn Christ, Karsten Gerland, Dirk Schiller
Amsel Bachstelze Baumpieper Beutelmeise Blässhuhn Blaumeise Bluthänfling Braunkehlchen Bruchwasserläufer Buchfink Buntspecht Eichelhäher Eisvogel Elster Feldlerche Feldschwirl Feldsperling Fitis Flussregenpfeifer Flussuferläufer Gartengrasmücke Gebirgsstelze Girlitz Goldammer Graureiher Grünfink Grünspecht
Haubentaucher Haurotschwanz Haussperling Haustaube Heckenbraunelle Hohltaube Kiebitz Klappergrasmücke Kleiber Kohlmeise Kormoran Kranich Kuckuck Lachmöwe Mauersegler Mäusebussard Mehlschwalbe Mönchsgrasmücke Nachtigall Nilgans Rabenkrähe Rauchschwalbe Rebhuhn Reiherente Ringeltaube Rohrammer Rohrweihe
Rotkehlchen Rotmilan Saatkrähe Schafstelze Schlagschwirl Schwanzmeise Singdrossel Sommergoldhähnchen Sperber Star Steinschmätzer Stieglitz Stockente Sumpfmeise Tannenmeise Trauerschnäpper Turmfalke Turteltaube Uferschwalbe Uhu Wacholderdrossel Waldkauz Weidemeise Wintergoldhähnchen Zaunkönig Zilpzalp
Abb. 1: | Kuckuck (Cuculus canorus; Foto: NABU/ P. Zeininger) |
Abb. 2: | Goldammer (Emberiza citrinella; Foto: Dirk Schiller) |
Team 2007: Dr. Burkhard Beinlich, Hans-Peter Menke, Dirk Schiller
Amsel Bachstelze Baumpieper Beutelmeise Blässhuhn Blaumeise Bluthänfling Braunkehlchen Buchfink Buntspecht Dorngrasmücke Eichelhäher Elster Feldlerche Feldschwirl Feldsperling Fitis Flussregenpfeifer Flussuferläufer Gartenbaumläufer Gartengrasmücke Gebirgsstelze Girlitz Goldammer Graugans Graureiher Grünfink Grünspecht Haubenmeise Haubentaucher
Haurotschwanz Haussperling Haustaube Heckenbraunelle Höckerschwan Hohltaube Kiebitz Klappergrasmücke Kleiber Kohlmeise Kormoran Kuckuck Lachmöwe Mauersegler Mäusebussard Mehlschwalbe Mönchsgrasmücke Nachtigall Neuntöter Nilgans Rauchschwalbe Rabenkrähe Rebhuhn Reiherente Ringeltaube Rohrammer Rohrweihe Rotkehlchen Rotmilan Saatkrähe
Schafstelze Schwanzmeise Schwarzspecht Silbermöwe Singdrossel Sommergoldhähnchen Sperber Star Steinschmätzer Stieglitz Stockente Sumpfrohrsänger Teichhuhn Trauerschnäpper Türkentaube Turmfalke Turteltaube Uferschwalbe Uhu Wacholderdrossel Wanderfalke Wasseramsel Wiesenpieper Wiesenweihe Wintergoldhähnchen Zaunkönig Zilpzalp Zwergtaucher
Anschrift des Verfassers: Dirk Schiller Born 30 37696 Marienmünster schillerdirk@web.de