www.egge-weser-digital.de — Beiträge zur Naturkunde zwischen Egge und Weser 19 (2007) 080-082

Das Westfälische Galmei-Veilchen (Viola guestphalica)
— einzig bei Blankenrode

Von Burkhard Beinlich und Walter Köble

Bei Blankenrode, Kreis Paderborn, befindet sich direkt an der Kreisgrenze zu Höxter eine ehemalige Bleikuhle, die aufgrund des Vorkommens einer großen Seltenheit aus der Pflanzenwelt einen Bekanntheitsgrad erlangt hat, der weit über die Grenzen Westfalens hinaus reicht. Bei der Rarität handelt es sich um das Westfälische Galmei-Veilchen (Viola guestphalica, Abb. 1). Dieses großblütige Veilchen stellt tatsächlich eine große Besonderheit dar, denn es wächst weltweit nur in den Bleikuhlen von Blankenrode und deren Umgebung (s. Abb. 2).

Normalerweise wird das Vorkommen dieser Art immer mit dem Kreis Paderborn in Verbindung gebracht, aber tatsächlich greift das Vorkommen auch auf die Kreise Höxter und den Hochsauerlandkreis über. Im Kreis Höxter besiedelt es in individuenstarken Beständen die Abraumhalde der Bleikuhle (vgl. Abb. 3), im Hochsauerlandkreis ist es im Bereich einer Feuchtwiese am Wäschebach unterhalb der Bleikuhle anzutreffen. Der gesamte Bereich ist geschützt als Teil des NSG „Bleikuhlen und Wäschebachtal“.

19080082-abb01.jpg
Abb. 1: Das 10 - 15 Zentimeter hohe Westfälische Galmei-Veilchen (Viola guestfalica) weist gleichmäßig blauviolette Kornblätter auf. Zum Blütenzentrum hin ist eine strichförmige, dunkle Aderung erkennbar. Die kräftig gefärbten Blüten können von Mai bis Oktober bewundert werden. (Foto: Frank Grawe)
19080082-abb02.gif
Abb. 2: Verbreitung des westfälschen Galmei-Veilchen (Viola guestphalica Nauenburg) und des Gelben Galmei-Veilchens oder Westliches Galmei-Stiefmütterchen (Viola lutea Huds. subsp. calaminara) (Karte: aus Haeupler & Schönfelder 1988, verändert)

Was macht das Galmei-Veilchen so einzigartig?

19080082-abb04.jpg
Abb. 4: Teilaspekt der Abraumhalde (Foto: Burkhard Beinlich; 25.07.2007)

Einen ersten Hinweis gibt der Namensbestandteil „Galmei“. Unter Galmei versteht der Bergmann schwefelfreie Zinkerze, die von großer Bedeutung als Grundstoff für die Messingherstellung sind. Zink wiederum gehört zu den "Schwermetallen", die toxische (giftige) Wirkungen entfalten.

Bei Blankenrode wurden vom 13. Jahrhundert bis 1936 Erze abgebaut, zunächst in so genannten „Pingen“, ab 1848 im Tagebau, später (1917/18) auch im Untertagebau. Hatte man zunächst nach Silbererzen geschürft, wurden später Bleiglanz und Galmei abgebaut. (vgl. Die Naturschutzgebiete in Paderborn 1995). Die „Bleikuhle“, ein offener Graben von etwa 300 m Länge, 50 m Breite und 4 - 12 m Tiefe, im Kreis Paderborn und die Abraumhalde im Kreis Höxter zeugen noch heute von den Bergbauaktivitäten (Abb. 3 und 4).

 

Anfangs gehörten die Bleikuhlen zum „Mederikschen Hof“ im untergegangenen Ort Snevede. In späterer Zeit waren Warburg und Dalheim die Grundbesitzer. Der Bergbau scheint zur Zeit der „alten Stadt“ Blankenrode (im 15. Jahrhundert wüstgefallen) nicht bedeutend gewesen zu sein, erst 1480 ist er erstmalig quellenmäßig belegt. So hatte der Graf v. Waldeck 1495 das Bergregal. (vgl. EGV 1998/2007)

Die Erzlager liegen an einer 12 km messenden Erdverwerfungslinie, dem Westheimer Abbruch, an dem mittlerer Buntsandstein gegen Oberkreide (Cenoman-Pläner) verworfen liegt. Hier treten auf dem höchsten Punkt der Verwerfungslinie (400 m) die Erze zutage. Die vorkommenden Gesteinsmassen der Trias, Jura und Kreideformation enthalten Blei-, Galmei-, Brauneisen- und Schwefeleisenerze nebst Eisenoxydhydraten, Schwefelkies und geringe Spuren von Kupfer. Der durchschnittliche Erzgehalt beträgt 27%, das beste Galmeierz ist das grau­weißliche Rotelerz. (vgl. EGV 1996, EGV 1998/2007)

Der Abbau von "Schwermetallen" geht zumeist mit einer hohen Belastung der Böden einher. In den kontaminierten Bereichen können sich spezifische Pflanzengesellschaften ausbilden, die so genannten Galmeipflanzen-Schwermetallrasen (Violetea calaminariae). Zu finden sind diese Pflanzengesellschaften z. B. im Harz, im Siegerland, im Aachener Raum und eben im Bereich der Bleikuhlen von Blankenrode.

19080082-abb05.jpg
Abb. 5: Galmeipflanzen-Schwermetallrasen auf der Abraumhalde (Violetum guestphalicae; Foto: Burkhard Beinlich; 25.07.2007)

Während im Aachener Raum das Gelbe Galmei-Veilchen (Viola lutea ssp. calaminaria), eine Unterart des Gelben Vogesen- und Sudeten-Stiefmütterchens, Leitart der dortigen Galmeiflora ist, ist es bei uns das blau blühende Westfälische Galmei-Veilchen oder Violette Galmei-Stiefmütterchen (Viola guestphalica), welches die Galmeiflora der Bleikuhlen (Violetum guestphalicae) charakterisiert (Abb. 5 und 6). Das westfälische Galmei-Veilchen wurde bis 1986 ebenfalls als eine Unterart von Viola lutea angesehen. Untersuchungen des Chromosomensatzes haben aber eindeutig ergeben, dass Viola guestphalica, das Westfälische Galmei-Veilchen, tatsächlich eine eigenständige Art ist. Es handelt sich somit um die einzige endemische Pflanzenart, die die Flora von Westfalen aufzuweisen hat (vgl. auch Götte 2007: 152f.).

 

19080082-abb06.jpg
Abb. 6: Blühende Pflanzen des Westfälischen Galmei-Veilchens (Viola guestfalica) im Galmeipflanzen-Schwermetallrasen (Violetea guestphalicae) (Foto: Burkhard Beinlich; 25.07.2007)

Literatur:

Die Naturschutzgebiete in Paderborn (1995), Hrsg.: Bezirksregierung Detmold, Der Oberkreisdirektor Paderborn – Paderborn.

EGV – Eggegebirgsverein (1996, Hrsg.): Das Eggegebirge und sein Vorland – bearbeitet von Willy und Lothar Lippert, 5. Aufl.

EGV 1998/2007 – Eggegebirgsverein (1998, Hrsg.): Eggeweg X - Teilstück des Europäischen Fernwanderweges E1. – Eggegebirgsverein Wegbeschreibungen 1 – plus aktuelle Ergänzungen im Internet (Stand: 11.4.2007) auf: http://www.eggegebirgsverein.de/service/ wanderwege/x1_beschreibung_teil3.html

Götte, Richard (2007): Flora im östlichen Sauerland. Verein für Natur- und Vogelschutz e.V.

Haeupler, H. & P. Schönfelder (1988, Hrsg.): Atlas der Farn- und Blütenpflanzen der Bundesrepublik Deutschland. – Stuttgart: Ulmer.





Anschrift der Verfasser: Dr. Burkhard Beinlich
                         Walter Köble
                         Landschaftsstation im Kreis Höxter e. V.
                         Zur Specke 4
                         34434 Borgentreich
                         info@landschaftsstation-hoexter.com