Von Michael KOCH, M. A.
Inhalt:
1. Einleitung ............................................................ S. 4 2. Natur- und Kulturraum bis zum hohen Mittelalter ....................... S. 10 3. Spätes Mittelalter und frühe Neuzeit .................................. S. 10 4. Landnutzung und Infrastruktur.......................................... S. 12 4.1. Verkehrswege......................................................... S. 12 4.2. Landwehr vor Godelheim .............................................. S. 14 4.3. Gerichtsort auf der Sandwiese ....................................... S. 16 4.4. Siechenhaus.......................................................... S. 16 4.5. Nutzung von Grund und Boden und Meliorationen: - Sandwiese und Stummrigefeld ....................................... S. 17 - Oberer Werder ..................................................... S. 19 - Brüche ............................................................ S. 20 - Kolk und Grundlose, ............................................... S. 24 - Allmende der Stadt Höxter ......................................... S. 25 - Schaftrift ........................................................ S. 27 - Färbeker Zehnt..................................................... S. 27 4.6. Gartenbau und Hopfenkulturen ........................................ S. 28 4.7. Fischerei ........................................................... S. 31 4.8. Sandgewinnung........................................................ S. 34 5. Zusammenfassung & Ausblick ............................................ S. 35 6. Quellen ............................................................... S. 37 6.1 Abkürzungen........................................................... S. 37 6.2 Karten ............................................................... S. 37 6.3 Literatur............................................................. S. 37
Blickt man heute auf die Godelheimer Seen und den Kiesabbau, den Freizeitsee oder das Naturschutzgebiet „Grundlose-Taubenborn“ westlich des Bahndammes, so fällt die Vorstellung schwer, dass das ganze Gebiet zwischen Höxter und Godelheim einst der natürlichen, noch nicht vom Menschen dominierten Flussaue angehörte und ihrer ausgeprägten Dynamik unterlag. Im Mittelalter gaben die Bürger der Stadt Höxter diesem Raum den Namen Stummrigefeld. Dieser Teil der höxterschen Feldmark erstreckte sich vom südwärts gewandten Stadttor, dem Stummrigetor, bis an die Landwehr nördlich von Godelheim. Man war damals gewohnt, das Gebiet zu unterteilen in die Sandwiese, den Oberen Werder und den großen Bruch und betrat es über den Steinweg, den Meineweg oder berührte es am Weserufer auf dem Leinenpfad (Abb. 1 und 7). Von alledem ist heute kaum noch etwas zu sehen. Zumindest dem Bruchwaldgebiet um die Grundlosen möchte man eine naturnahe Gestalt zugestehen, doch selbst hier fand eine tief greifende Beeinflussung und Gestaltung durch den Menschen statt.
Von der Kulturnahme bis ins 19. Jahrhundert wurde der Raum zwischen Höxter und Godelheim ganz überwiegend geprägt durch Ackerund Grünlandflächen, durch Randsenke und Flutrinnen sowie durch Entwässerungsgräben oder Randsenkenbach, die von Weiden gesäumt wurden. Im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts verlor die Landwirtschaft die Führungsrolle bei der Gestaltung des Stummrigefeldes. Heute dient der Kulturraum, vor allem nördlich von Godelheim, zwar immer noch zum Teil landwirtschaftlichen Zwecken, die Nutzung als Freizeit- und Erholungsgebiet für Spaziergänger, Radfahrer, Badelustige und Angler hat in den letzten Jahren aber stark zugenommen.
Abb. 1: | Überblick über das Stummrigefeld zwischen Höxter und Godelheim auf der Grundlage der topographischen Karte 1:25.000, Blatt Höxter, von 1898 (Urmesstischblatt) mit Zusatzeinträgen von M. Koch |
Anerkannte Bedeutung im Rahmen des Umwelt- und Naturschutzes erlangten die 1974 als Naturdenkmal ausgewiesenen "Grundlosen" sowie das FFH-Gebiet (2001) bzw. Naturschutzgebiet (2006) "Grundlose-Taubenborn". Der angrenzende Osthang des Ziegenberges wurde bereits 1930 unter Naturschutz gestellt 1.
In Form einer umweltgeschichtlichen Kleinraumuntersuchung wird nachfolgend die Nutzung und Entwicklung des Stummrigefeldes als Natur- und Kulturraum und einem Teil der ehemaligen Feldmarken von Höxter und Godelheim dargestellt. Hierbei wird ein zeitlicher Bogen von der Urgeschichte bis in das 19./20. Jahrhundert hinein geschlagen 2. Neben der Fächer übergreifenden Erforschung der Stadtgeschichte Höxters 3 sollen Grundlagen für die Erfassung eines Kulturlandschaftskatasters im Stadtgebiet von Höxter sowie für die Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Lippe und Höxter geschaffen werden 4. Die lange Zeiträume überblickende Perspektive zeigt die einstmals wirksamen anthropogenen Gestaltungskräfte und charakteristischen Nutzungsarten einer Kulturlandschaft auf 5 und kann am Beispiel eines Kleinraumes zur lokalen Identitätsbildung beitragen.
1) Für diesbezügliche Informationen geht ein herzlicher Dank an die Landschaftsstation im Kreis Höxter, Borgentreich. Siehe auch Averdieck/Preywisch 1995 und Lohr/Mitzka 2001, S. 31. Ursprünglich wurde die Quelle beim Forsthaus als Taubenborn bezeichnet und erst in jüngster Zeit erfuhr dieser Ortsname eine deutliche Ausdehnung auf das genannte Schutzgebiet.
2) Vgl. zum Brückfeld südöstlich der Altstadt von Höxter Koch 2005.
3) Zur Zeit laufen die Arbeiten am zweiten Band der Stadtgeschichte Höxters, der das späte Mittelalter bis zur Einführung der Reformation in Höxter (1533) behandelt. Der bereits erschienene erste Band König/Rabe/Streich 2003 handelt von die Ursprüngen bis zum Ende des 13. Jh.
4) Ein herzlicher Dank für ihre Mithilfe, für ihre fachlichen Anregungen und Verbesserungen zum vorliegenden Beitrag gilt Andreas König (Stadtarchäologie Höxter), Prof. Dr. Hans-Georg Stephan (Univ. Halle-Wittenberg), Prof. Dr. Winfried Türk und Dr. Mathias Lohr (beide FH Lippe und Höxter) sowie Hanns-Dieter Mitzka (BUND Kreis Höxter).
5) Vgl. Schmidt 2001, die von "historischer Landschaftsanalyse" spricht und den "interdisziplinären" Ansatz am Schnittpunkt zwischen Geschichtswissenschaft, historischer Geographie und Archäologie herausstellt. Als anregend für die Vorstellungskraft hinsichtlich der Entwicklung der Weseraue bei Höxter seit der Nacheiszeit sind die Panoramaentwürfe von Kayser 1997 (vgl. ihre FH-Diplomarbeit Höxter 1996) und Thomas Küntzel in Czyppull/Küntzel 2005 (hier S. 44 ff.) zu empfehlen.
Die Ausgestaltung des heutigen Wesertales begann vor gut zwei Millionen Jahren, als in den pleistozänen Kaltzeiten Kiese im Flusstal terrassenartig aufgeschottert wurden, in die sich der Fluss in der nachfolgenden Warmzeit wieder einschnitt. Während etwa das Terrassenniveau von Wehrden bereits in der Saale-Kaltzeit entstand, reichen die Niederterrassen im Raum zwischen Höxter und Godelheim (Abb. 2) in die vor 11.000 Jahren auslaufende Weichsel-Eiszeit zurück.6 Der zunächst folgenreichste Eingriff des jungsteinzeitlichen Menschen in der Weseraue bestand in der Rodung von Waldflächen im Einzugsgebiet der Weser. Da im Bereich der Rodungsflächen weniger Wasser im Waldboden gebunden werden konnte, begannen die Abflussmengen, ähnlich wie vor der nacheiszeitlich einsetzenden Bewaldung, stärker zu schwanken und die Hauptabflussrinne konnte sich weiter eintiefen. In der Weseraue bildeten sich Fluss begleitende Uferwälle, die Randbäche abriegelten und anstauten. Als verlandete Rinnen ehemaliger Weserläufe mit ihrem Wechsel von Niedermoortorfen und Auenlehmen entstanden auch die Niederungs- und Bruchareale unterhalb von Brunsberg und Ziegenberg. Zugleich setzte eine verstärkte Bodenerosion auf den kultivierten Flächen ein. Von der Weser und ihren Nebenflüssen mitgetragene große Mengen Ackerboden lagerten sich insbesondere nach den Rodungen des Mittelalters in der gesamten Weseraue ab.7
Flussstufen mit flachem, schnell strömendem Wasser waren das Resultat der Dynamik einmündender Nebenläufe, von Kiesablagerungen im Strombett oder wurden durch anstehendes Felsgestein gebildet. An der Oberweser heißt eine solche Flussstufe Kopf, während die unmittelbar unterhalb gelegene ausgespülte Zone als Kolk bezeichnet wird.8 Im Bereich der Köpfe konnten Menschen den Fluss relativ leicht und beinahe ganzjährig passieren.9 Höxter, Lüchtringen und Boffzen liegen z. B. nahe solcher ehemaliger Furtstellen. Vor vielen tausend Jahren, teilweise noch in der ausklingenden Eiszeit, bildeten sich bereits die heutigen Mäander der Weser aus,10 wobei an den Außenseiten von Flussbiegungen aufgrund erhöhter Strömungsgeschwindigkeit steile Prallhänge – zu beobachten im ganzen Altstadtgebiet von Höxter und bis zum Schutzhafen sich hinziehend – und gegenüber liegende seichte Gleithänge entstanden. Auch der Osthang des Ziegenberges stellte einst einen Prallhang der Weser dar.
Abb. 2: | Geologische Darstellung des Gebietes zwischen Höxter und Godelheim (//f = Auenlehm, qN = Niederterrasse, q//t = Flussablagerung älter als Niederterrasse, mu = Unterer Muschelkalk, so = Oberer Buntsandstein). Ausschnitt aus: Lepper/Mengeling 1990. |
Vor über 7.000 Jahren gingen Menschen in der Warburger und Steinheimer Bördelandschaft zur jungsteinzeitlichen Wirtschaftsweise über, wurden sesshaft, betrieben Tierhaltung und auf den fruchtbaren Lößböden Ackerbau. Auf eine Besiedlung der unmittelbaren Umgebung Höxters seit der zweiten Hälfte des 5. Jahrtausends v. Chr. könnten Einzelfunde hinweisen.11 Obwohl eine jungsteinzeitliche Besiedlung vom höher gelegenen Rand der Weseraue – etwa vom Brunsberg 12 – bekannt ist, lässt sich der Beginn der Erschließung von Acker- und Weideflächen in der Weseraue südlich von Höxter bisher nicht eindeutig festlegen. Zu dieser Zeit beherrschten Auenwälder u. a. aus Weiden, Erlen, Pappeln, Ulmen und Eichen die Flussniederung. Gleichwohl gibt es Hinweise auf jungsteinzeitliche Besiedlung durch Menschen der Michelsberger Kultur – u. a. eine Herdstelle – und der Glockenbecherkultur – zwei glockenförmige Becher aus Grabstätten – in der nördlichen Gemarkung von Godelheim.13 Vermutlich wird man bereits in diesen Zeiten Ackerbau in der unmittelbaren Nähe betrieben haben. Seit der Bronzezeit lassen sich Weizen und Rispenhirse nachweisen.14 Weitere Anzeiger urgeschichtlicher Besiedlung in der näheren Umgebung sind die Grabhügel auf höheren Terrassen- und Berglagen wie dem Steinberg bei Wehrden.
Älteste entdeckte Überreste urgeschichtlicher Besiedlung auf der wohl zu dieser Zeit vor Hochwasser geschützten Niederterrasse nördlich von Godelheim kann man der Jungbronzezeit (ca. 1200-750 v. Chr.) zuweisen. Ein Urnengräberfeld und dazu gehörige Siedlungsspuren konnten in den Jahren 1930 und 1955-64 archäologisch untersucht werden, nachdem erste Funde bereits während des Baues des Eisenbahndammes ab 1862 gemacht wurden.15 Dementsprechend rekonstruierte man älteste Ackerfluren in unmittelbarer Nähe des Urnenfriedhofes der Bronzezeit bis älteren vorrömischen Eisenzeit.16 Wenige Funde deuten darauf hin, dass auch in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit (ca. 300 v. Chr. bis Christi Geburt) eine Besiedlung vorlag. Seit dieser Zeit darf man wohl von einer kontinuierlichen Besiedlung in der Siedlungskammer um Godelheim ausgehen. Dass die bronze- und eisenzeitlichen Bewohner Einfluss auf ihre Umgebung nahmen, ist sicher. In welcher Art und in welchem Umfang sie es taten, ist aufgrund der schlechten Befundlage aber weitgehend unbekannt. Auch die von Averdieck/Preywisch (1995) pollenanalytisch untersuchten Bohrkerne aus den Grundlosen können bezüglich einer Land- oder Waldnutzung keine eindeutige Antwort geben.17 Vorstellbar wäre eine Durchweidung der Auenwälder und ein Ackerbau auf höher gelegenen Stellen, während die angrenzenden Ziegenberg und Brunsberg der Waldweide dienten. Bereits im untersten, nicht sicher zu datierenden Horizont der Probebohrung in den Grundlosen sind Getreidepollen nachweisbar. Erst die zweite Schicht ist grob der Bronzezeit zuzuweisen, während die nachfolgenden Schichten der Spätbronze- bis Früheisenzeit angehören. Sie sind mit den in etwa gleichzeitigen älteren, nördlich von Godelheim entdeckten Siedlungsresten in Verbindung zu bringen.
Weitere ur- und frühgeschichtliche Siedlungsstellen in der unmittelbaren Nachbarschaft bestanden bis in die Eisenzeit zurückreichend bei Maygadessen und sowie vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis 2. Jahrhundert n. Chr. und möglicherweise kontinuierlich darüber hinaus in Oldendorpe (Altendorf) nur wenige hundert Meter nördlich der Nethemündung.
Nach verbreitetem Getreideanbau in der Anfangszeit der Siedlung Oldendorpe folgte ein deutlich erkennbarer Rückgang. Dementsprechend ist eine völlige Siedlungsunterbrechung in der Völkerwanderungszeit (400-550 n. Chr.) nach Aussage der Pollenuntersuchung in den Grundlosen nicht auszuschließen, nach archäologischen Erkenntnissen angesichts des mutmaßlich kontinuierlich besiedelten Herbram (nordwestlich Amelunxen) und der Siedlungskammer von Oldendorpe-Godelheim aber unbegründet. Für das anscheinend größere Oldendorpe wird eine Funktion als frühgeschichtliche Zentralsiedlung angenommen, die von Höxter und Corvey übernommen wurde. Verstärkte Siedlungstätigkeit mit Rodung und Ackerbau beginnt angesichts vermehrt auftretender Getreidepollen in den Grundlosen, nur ganz grob einzuordnen, erst wieder im Zeitraum zwischen 300 und 600 n. Chr. Vor allem unter Hinzuziehung archäologischer Erkenntnisse schließt sich vor der Gründung Kloster Corveys im 9. Jahrhundert eine deutliche Expansion der Besiedlung an.
Im Westen wird das Stummrigefeld (90-100 m ü. NN) vom Brunsberg (293 m) und Ziegenberg (304 m) überragt. Beide gehören zur Muschelkalk-Schichtstufe, mit der das Oberwälder Land (Brakeler Bergland) zum Wesertal abfällt. Die oberen und mittleren Hangbereiche der Schichtstufe werden durch die geologische Formation des Unteren Muschelkalk gebildet, während der Hangfuß dem Oberen Buntsandstein (Röt) angehört. Eine Besonderheit stellen die holozänen (nacheiszeitlichen) Hangrutschungen dar, die periodisch zur Bildung von Zerrspalten und nachfolgender Freilegung von Muschelkalkfelsen (z. B. "Sachsengräben") und zur Bildung mächtiger Hangschutte führen, wo sich ansatzweise primäre Trockenrasengesellschaften ausbilden.
Abb. 3: | "Schlacht unter dem Brunsberg" von Hieronymus Sies 1704, Ausschnitt zwischen Maygadessen, Godelheim (links) und Höxter (rechts) mit Brunsburg (fiktiv), Landwehrturm, Richtstätte und Frachtwagen auf dem Steinweg/Hellweg. Aus: Koch/König/Stephan 2006, Tafel 7. |
Der Brunsberg wurde bereits in der Jungsteinzeit besiedelt und in sächsischer Zeit wahrscheinlich als Fluchtburg genutzt. Ein Rodegerus comes Meingotessen könnte Verwalter der von den Franken übernommenen frühmittelalterlichen Brunsburg bzw. dem ihr zugeordneten Verwaltungsbezirk gewesen sein.(*FN#25* Er stiftete laut den Corveyer Traditionen des 9. Jh. und dem Schenkungskatalog des 12. Jh. alle Güter, die er zu Maygadessen und Bosseborn besaß, zum Seelenheil seines Vaters dem Kloster Corvey, Wilmans 1867, S. 508-510, hier S. 509; vgl. Bocholtz-Asseburg 1896, S. 210.*FN*)
Der mutmaßlich fränkische Namensgeber der Siedlung Maygadessen Maingaut oder Megingaud(*FN#26* Die Person ist für Maygadessen nicht belegt, sondern rekonstruiert, siehe Stephan 2001, S. 298 f. *FN*) könnte den Eroberern von 775 angehört haben, als das Heer Karls des Großen die Sachsen unterhalb des Brunsberges besiegte (Abb. 3).(*FN#27* König/Rabe/Streich 2003, S. 40-46.*FN*) Während der mit dem sächsischen Personennamen Brun gebildete und Besitz anzeigende Brunsberg schon 775 genannt wird, findet der Ziegenberg urkundliche Erwähnung erst um 1350 als seghenberg und tzegenberghe, aber auch schon Cygenberg (14. Jh.).(*FN#28* StAM CA Nr. 1506 (um 1350; FW), StadtAHx Urk 182 (1365), HG, fol. 56 (Abschrift 14. Jh.), StAM CU, Nr. 274 (1392: an deme Grote Zegenb[er]g; FW). Erst nach der Mitte des 16. Jahrhunderts bürgert sich die heutige Schreibweise Ziegenberg ein, z. B. StadtAHx A XX, Nr. 11, fol. 2 (1576), wobei zahlreiche Belege durch StadtAHx Flurnamensammlung Willemsen (FW) erschlossen sind. Hesse 1988, S. 11, irrt, wenn sie eine Namensgebung erst in der frühen Neuzeit annimmt.*FN*) Der Name verweist auf intensive Weidenutzung. Der Ziegenberg trug als Kennzeichen dieser Nutzung noch bis vor wenigen Jahrzehnten – heute völlig verschwunden – Reste von Wachholderheide.(*FN#29* Averdieck/Preywisch 1995, S. 60; vgl. Preywisch 1962, S. 1-2, Hesse 1988.*FN*)
Aus den Güterverzeichnissen der Reichsabtei Corvey vom Anfang des 12. Jahrhunderts werden namentlich Landbesitzer erwähnt, die Hufen in Oldendorpe, Godelheim und Maygadessen innehatten.(*FN#30* Stephan 1978, S. 236 und 263 f.*FN*) Godelheim erscheint zu dieser Zeit als Mittelpunkt eines bedeutenden corveyschen Fronhofsverbandes mit einem zentralen Klosterhof und umfangreichen Ländereien, deren Feldfruchtabgaben dem Abteikonvent zustanden.(*FN#31* Register des Abtes Erkenbert (1107-1128), Kaminsky 1972, S. 108, 126, 152, 226. Ein Fron- oder Herrenhof bildete den Mittelpunkt eines grundherrschaftlich organisierten Wirtschaftsbetriebs. Er wird mit Hilfe von Hörigen bewirtschaftet, während darüber hinaus Land an Bauern auf Pacht ausgegeben wird. *FN*) In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts kam es nach Aussage der Grundlosen-Pollenanalyse im Stummrigefeld zu einem kurzzeitigen Rückgang des Getreideanbaus. Durch archäologische Befunde ist ein umfangreicher Ausbau des Siedlungsareals von Höxter in den Jahrzehnten um 1100 zu belegen.(*FN#32* König/Rabe/Streich 2003, S. 145 ff. und 185 f.*FN*) Urkundliche Nachrichten über bereits durchgeführte oder geplante Rodungen am Räuschenberg, Bielenberg und Fritebugil(*FN#33* Mit dem dritten genannten Rodungsbereich Fritebugil könnte vielleicht der Ziegenberg gemeint sein. Möglicherweise verweist der Name aber auch auf den Friedberg, westlicher Ausläufer des Burgberges nördlich von Bevern, TK 1:25.000 Blatt 4122 Holzminden, Ausgabe von 1995.*FN*) liegen aus dem unmittelbaren Umfeld ebenfalls vor.(*FN#34* WUB I, Nr. 183, S. 441 (1114). Die Bischofsurkunde wurde 1133 und 1185 bestätigt, vgl. König/Rabe/Streich 2003, S. 185.*FN*) Ob aber schon zu dieser Zeit eine "weitgehende Entwaldung" der nächsten Umgebung, insbesondere in den steilen Hanglagen von Brunsberg und Ziegenberg stattgefunden hat, bedarf weiterer Klärung. Von einer Ausweitung der kleinen Flächen primärer Trockenrasengesellschaften durch eine zunehmende Weidenutzung kann man sicherlich ausgehen.(*FN#35* Vgl. Averdieck/Preywisch 1995, S. 70, in Anlehnung an Budde 1951.*FN*)
In der Zeit des Corveyer Abtes Widukind (1189-1203) entstand die hochmittelalterliche Landesburg auf dem Brunsberg, in der als Burgmannen Mitglieder der Familien von Amelunxen,(*FN#36* Zu ihrer Bedeutung im Stift Corvey zuletzt Koch 2006; zur hochmittelalterlichen Brunsburg zuletzt Stephan 2000b.*FN*) von Niggenkerken und von Godelheim, eine Burgkapelle sowie zahlreiche Beurkundungen der Äbte von Corvey überliefert sind. Nimmt man die außergewöhnliche Ausdehnung der hochmittelalterlichen Burganlage sowie die Größe des mutmaßlichen Palastbaus in der Hauptburg, deren Grundriss in der Größenordnung etwa dem des Rathauses in Höxter (ca. 30 x 10 m) entspricht, hinzu, lässt sich eine Nutzung als Residenz und Fürstenhof vermuten. Ihre Versorgung mit Lebensmitteln erforderte zumindest einen Wirtschaftshof, der in Maygadessen anzunehmen ist. Folgen für die Vegetation waren eine weitgehende Entwaldung der Burgumgebung aus militärischen Gründen, aber auch durch Weide- und Holznutzung.
Wendet man sich der Zeit verdichtender Schriftüberlieferung ab dem 14. Jahrhundert zu, so erhält man vermehrt Aufschlüsse über Wirtschaftsformen und Raumstrukturen. Der Raum zwischen Höxter und Godelheim war im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit teilweise im Besitz einzelner Adliger und Stadtbürger, wurde aber in zunehmendem Maße in die Allmende (Woldemeyne) der gesamten Bürgerschaft Höxters bzw. eines Teiles derselben, dem ersten Stadtviertel oder der Stummertorischen Hudegenossenschaft, einbezogen. Darüber hinaus wurde in den südlichen Randgebieten des Stummrigefeldes eine auf altem Gewohnheitsrecht fußende land- und waldwirtschaftliche Nutzung von den Bewohnern der Dorfschaft Godelheim sowie den Bewohnern und Rittergutbesitzern von Maygadessen ausgeübt. Mutmaßlich handelte es sich bis weit in die frühe Neuzeit hinein ausschließlich um Grund und Boden der Reichsabtei Corvey, der an Dienstleute, wie z. B. von Boffzen, von Godelheim, von der Asseburg verlehnt und von diesen zunehmend an Rat und Bürger der Stadt Höxter unterverlehnt oder verpachtet wurde.
Abb. 4: | Urkunde von 1373 mit der ältesten Erwähnung der Landwehr unterhalb des Brunsberges. Pergament, Siegel nicht erhalten, Maße 24 x 10,5 cm, StadtAHx Urk. 136. |
Offensichtlich waren es die Bürger Höxters, die den Namen Stummriges Feld oder Stum(m)erfeld in Analogie zum Petrifeld, Klausfeld und Brückfeld einführten, denn dasselbe erstreckte sich unmittelbar vor dem Stummrigetor (stumer dor)(*FN#37* Zum Beispiel HG, fol. 56v, nur im allgemeinen dem 14. Jh. zuzuweisen.*FN*) im Süden der Altstadt. Dieses Stadttor stellte einen Bestandteil der Stadtbefestigung Höxters dar, die an ihrem heutigen Ort ab der Mitte des 12. Jahrhunderts errichtet wurde.(*FN#38* König/Rabe/Streich 2003, S. 265-268; Koch/König/Stephan 2006, Tafel 2.*FN*) Eine zufrieden stellende Deutung der Bezeichnung steht noch aus.(*FN#39* Die Bezugnahme auf ein stumborge dor (1299) beruht meiner Meinung nach auf einem Lesefehler, vgl. König/Rabe/Streich 2003, S. 449.*FN*)
Wie weit das Stummrigefeld vor dem späten Mittelalter und dem Bau der Landwehr in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts nach Süden reichte und in welchem Umfang es durch sumpfige, nur teilweise verlandete Altarme und Feuchtsenken unterbrochen wurde, ist für die Frühzeit der schriftlichen Überlieferung nur auf dem Umweg über jüngeres Kartenmaterial zu erschließen. Nach dem Wortlaut der Schenkungsurkunde von 823 an das Kloster Corvey reichte die marca Hucxori im Süden bis an die Gemarkungen von Godelheim und Maygadessen heran, ohne sie jedoch einzuschließen.
Abb. 5: | Ausschnitt aus der Karte des Corveyer Territoriums von Johannes Gigas um 1620. Aus: Koch/König/Stephan 2006, Tafel 6. |
Im 9. Jahrhundert existierte offenbar bereits eine klare Vorstellung von der Begrenzung der marca Hucxori nach Süden – doch wo endeten die Gemarkungen von Godelheim und Maygadessen? Ist von dieser Grenze bzw. diesem Grenzraum im Gelände noch etwas zu sehen? Da diese Frage nicht beantwortet werden kann, bleibt die Feststellung, dass der Mensch schon lange vor dieser Zeit auf den Raum des späteren Stummrigefeldes zugriff und ihn in seine Aktivitäten mit einbezog.
Frühe kartographische oder skizzenhafte Darstellungen des Untersuchungsgebietes stammen aus den Jahrzehnten um 1600. Johannes Krabbe hebt 1603 im Stummrigefeld allein das Siechenhaus hervor,(*FN#40* StAWb K 202.*FN*) während Johann Gigas um 1620 den Gerichtsort auf der Sandwiese und den so genannten Godelheimer Landwehrturm darstellt (Abb. 5).(*FN#41* Koch/König/Stephan 2006, Tafel 6. Eine weitere Skizze des frühen 17. Jh. bildet das Siechenhaus ab, StAWb K 2504.*FN*) Vom Ende des 16. Jahrhunderts liegt eine Handskizze vor, die zur Lokalisierung einiger Grundstücke auf der Sandwiese angelegt wurde.(*FN#42* StAM Corvey Lehen I,1; vgl. Johanek 2006.*FN*) Einen Blick aus Richtung Fürstenberg ins Stummrigefeld gewährt das Historiengemälde "Schlacht unter dem Brunsberg" von Hieronymus Sies (1704; Abb. 3): Dargestellt werden neben Gericht, Landstraße, Landwehrturm und Resten des bewachsenen Landwehrverlaufes weitere kulturlandschaftliche Einzelheiten, die jedoch in Bezug auf ihre Detailgetreue kritisch zu hinterfragen sind. Eine ähnliche Perspektive zeigt eine Radierung von Johann Georg Rudolphi von 1672 und ein hierauf fußender jüngerer Kupferstich.(*FN#43* Luckhardt 1995, Nr. 378, S. 254.*FN*) Stadtansichten Höxters des 18. und 19. Jahrhunderts aus Richtung Süden bilden jeweils nur das unmittelbare Vorfeld der Stadtbefestigung, die Heerstraße und das Weserufer ab. Eine der wichtigsten Quellen zur Lokalisierung von Kulturlandschaftsobjekten und älteren Flurnamen sind die Überblicks- und Detailkarten des königlich preußischen Urkatasters (1830-32) mit dem zugehörigen Flurbuch.(*FN#44* Original beim Kreis Höxter, Katasteramt.*FN*)
Abb. 6: | Ausschnitt einer Übersichtskarte des Urkatasters von 1831 mit farbiger Darstellung von Bonitierungsstufen. Das nördlich der ehemaligen Landwehr gelegene Galgenfeld und Winkelaltendorf gehören bereits zur Gemarkung Godelheim. |
Einen ersten Einblick in die zeitgenössische Einschätzung von Böden erlauben Karten mit Bonitierungsmerkmalen in den Nutzungskategorien Ackerland, Wiesen und Weiden und Holzungen, unterteilt in bis zu fünf Qualitätsstufen (Abb. 6). Übertragungen von generellen Aussagen und Details in lange vorausgehende Zeiten sind aber aufgrund des vom Menschen bewirkten Wandels nur eingeschränkt möglich.
Nachrichten, die überwiegend aus der Zeit vor dem Urkataster von 1830-32 stammen, werden im folgenden für ausgewählte Flureinheiten und Nutzungen zusammengeführt. Neben den bereits angesprochenen Bild- und Kartendarstellungen erlaubt in erster Linie die Überlieferung von Urkunden und Akten Einblicke in historische Strukturen und Prozesse.
Eine wichtige Rolle spielt die Überlieferung von Flurnamen, welche die verschiedenen Ausprägungen der Kulturlandschaft durch die Erwähnung von Wegen, Grenzbefestigungen, Gebäuden sowie charakteristischen historischen Nutzungsweisen, wie die Viehweide, den Getreide-, Kohl- und Hopfenanbau, die Holz- und Sandgewinnung und die Fischerei dokumentiert. Ein großer Vorteil besteht darin, dass diese Überlieferung durch die sprachwissenschaftlich orientierte Flurnamenarbeit von Marleen Willemsen für das Stadtgebiet Höxters hervorragend erschlossen ist.(*FN#45* StadtAHx Flurnamensammlung Willemsen.*FN*)
Den Grundstock bildet eine Sammlung von etwa 5.000 Flurnamen im gesamten Stadtgebiet (nach 1970) mit über 40.000 Quellenbelegen. Trotz der großen Fülle darf man keine absolute Vollständigkeit der in einer Datenbank erfassten Flurnamen, die häufig aus dem Quellenzusammenhang herausgenommen wurden, erwarten. Aufbauend auf dieser Quellensammlung lässt sich überprüfen, welche Orts- und Flurnamen grundsätzlich im Untersuchungsgebiet auftreten, wann sie zuerst und wann sie zuletzt genannt werden. Daraus lassen sich in Verknüpfung mit dem historischen Karten- und Bildmaterial zahlreiche Anhaltspunkte für die historische Entwicklung des Natur- bzw. Kulturraumes zwischen Höxter und Godelheim gewinnen.
In charakteristischer Häufung für die Weseraue liegen Flurnamen mit dem Grundwort "-bruch" vor. Zu bedenken ist hierbei, dass möglicherweise ein und derselbe Bruch mit verschiedenen Namen benannt wurde oder sprachlich getrennte Brüche räumlich ineinander übergingen. Eine unterschiedliche Namengebung kann natürlich auch von verschiedenen Besitzern oder Nutzern ausgehen. Ebenfalls als charakteristisch erscheint eine Fülle von Gewässernamen: Fließgewässer stellen in erster Linie die Gräben (Bruchgraben, Hechtgraben, Holzgraben), aber auch die Ferbeke dar. Demgegenüber sind die Lake,(*FN#46* Auch der Niedere Werder im Brückfeld wurde einst von einem Wasserlauf namens Lake abgetrennt, Koch 2005, S. 212 und Abb. 4, S. 208. Ebenso existierte in der Lüre um 1500 eine Lake, StAM Brenkhausen Urkunden, Nr. 139 (1503; FW).*FN*) die einst den Oberen Werder westlich umschloss, Kolk und Grundlosen als wohl teilweise offene, stehende Gewässer anzusprechen. Hinzu tritt mit dem Taubenborn eine dem Namen nach zeitweilig taube, d. h. versiegende Quelle, die Mensch und Tier mit Frischwasser versorgte.(*FN#47* Als ab 1919/20 ein Forsthaus gebaut werden sollte, wurden Klagen laut über die unzureichende Wasserversorgung durch den Taubenborn, StadtAHx B X, Nr. 80. Zwischen Taubenborn und den im 19. Jh. eingerichteten Schießständen wurde 1906 durch eine Tiefbohrung die Barbaraquelle erschlossen, StadtAHx B XIV, Nr. 94, vgl. Grupe 1929, S. 7.*FN*) Alle diese bis heute überlieferten Flurnamen sind durch eine mehr oder weniger intensive Nutzung sowie zeitgenössische gesellschaftliche Anschauungen geprägt. Veränderungen im Flurnamengefüge deuten dementsprechend auch auf einen tief greifenden Wandel von Nutzungsweisen oder Nutzergruppen hin.
Gegliedert wird das Untersuchungsgebiet außer durch die bereits angesprochenen naturräumlichen Gegebenheiten durch ein sich am Fuße des Ziegenberges verzweigendes Wegesystem. Es ist schon auf dem Urkataster von 1830-32 (Abb. 6) gut zu erkennen und hat sich bis heute erhalten. Einst zweigten hier östlich der alte Stadt-Weg von der 1828-30 errichteten Provinzialstraße (Paderborner Chaussee)(*FN#48* StadtAHx B XI, Nr. 29.*FN*) und westlich der alte Triftweg oder Meineweg ab. Diesen Punkt musste auch der ab 1862 errichtete Bahndamm sowie der den Bruch entwässernde Graben passieren und in unmittelbarer Nähe stand die seit dem Ende des 15. Jahrhunderts in der Schriftüberlieferung genannte Steinbrücke auf der Sandwiese.(*FN#49* Belege in Auswahl: KZ I, fol. 75r (1498), StAM CA Nr. 1618, fol. 115 (1684; FW). Weitere Steinbrücken sind im 17. Jh. im Brückfeld überliefert, Koch 2005, S. 208-212.*FN*) Hier verließ der von Norden heranführende Weg den Hangfuß des Ziegenberges und wechselte auf die Niederterrasse (Abb. 2), wo er in der Nähe der Kapelle am Ortseingang von Godelheim auf den Wartturm der städtischen Landwehr und schließlich auf die Siedlung Godelheim traf (Abb. 1 und 6).
Der von Höxter herankommende Weg und in seiner Verlängerung der alte Stadt-Weg entsprechen dem Verlauf des Hellweges. Er wird wohl erstmals 1415 als helweg überliefert.(*FN#50* Bocholtz-Asseburg 1896, S. 173 f.; weitere Nennungen als Landmarken z. B. westlich von Godelheim 1454 helweg, Bocholtz-Asseburg 1896, S. 215, und nördlich 1480 Hellewech, KZ I, fol. 44r. Auch im Petrifeld liegen erst Hellweg-Erwähnungen aus dem 15. Jh. vor.*FN*) Ältere Hinweise auf den lokalen Verlauf des Hellweges liegen aber im Stummrigefeld durchaus vor: Beim Steinweg auf der Kolk (prope lapideam viam up der Kolck vor Hoxer) lautet bereits 1375 eine Lagebeschreibung von Ackerland.(*FN#51* KZ I, fol. 75v. Weitere Steinwege sind im Brückfeld (14. Jh.) und Petrifeld (15. Jh.) überliefert, Koch 2005, S. 208 f., Abb. 4.*FN*) Mutmaßlich handelt es sich bei dem Steinweg um einen durch Steinsetzungen befestigten und regelmäßig unterhaltenen Weg. Der Steinweg ist mit Sicherheit identisch mit dem etwas später genannten Hellweg, denn nach einer Nachricht von 1480 verlief auch der Steinweg auf der Sandwiese.(*FN#52* KZ I, fol. 42v.*FN*) Auf einer Handskizze vom Ende des 16. Jahrhunderts führt der Hellweg auf der Sandwiese unmittelbar am Gerichtsplatz mit Galgen und Rad vorbei, während auf dem Gemälde von Hieronymus Sies (1704; Abb. 3) als Symbol für den Fernhandelsverkehr ein von vier Pferden gezogener Frachtwagen eingefügt wurde.(*FN#53* Koch/König/Stephan 2006, Tafel 7 und Johanek 2006.*FN*) Der Hellweg im Stummrigefeld bildet eine Trasse jener bis ins späte Mittelalter hoch bedeutenden West-Ost-Verbindung vom Niederrhein zum Harz und über Magdeburg nach Osteuropa. Im ostwestfälisch-niedersächsischen Raum verband der Hellweg z. B. Städte wie Paderborn, Driburg, Brakel, Höxter mit Einbeck, Goslar und Braunschweig.(*FN#54* Eine weitere Trasse verlief parallel von Brakel über die Bosseborner Hochfläche und nordwestlich des Ziegenbergs hinab nach Höxter, vgl. zuletzt Koch 2007 mit Literaturangaben.*FN*)
Auch im 18. Jahrhundert wurden die beiden Straßenbezeichnungen Hellweg und Steinweg bedeutungsgleich mit Heerstraße beibehalten,(*FN#55* Einen Beleg bietet PAC ID, Nr. 96 (1731; FW). Auch in den Gemarkungen Godelheim, Ottbergen, Bruchhausen, Brenkhausen, Fürstenau (in Richtung Falkenflucht), Ovenhausen (sowie Höxter in Richtung Lütmarsen) erscheint im 16. bis 18. Jh. der Wegename Hellweg, siehe StadtAHx Flurnamensammlung Willemsen. Die Lage des Diekenstein ist unbekannt.*FN*) während sie im Urkataster von 1830-32 nicht mehr erscheinen. Vom Straßenzustand zeugen frühneuzeitliche Stadtansichten und Wegebauakten des 18. Jahrhunderts. 1804 berichtete etwa Baumeister Eberhard über das Stummrigefeld, dass auf der Hude unter dem Diekenstein [...] dieselbe ganz zu Wegen zerfahren und mit Löchern und tiefen Gleisen durchschnitten, so daß beyde, Hude und Weg, unbrauchbar sind.(*FN#56* StadtAHx A VII, Nr. 1.*FN*) Als Ursache gab er Nässe an, die den Grund aufweichte und die abgeleitet werden müsste. Zur Abhilfe sollten von Fuhrwerken verursachte Löcher und tiefe Gleise mit klein geschlagenen Steinen ausgefahren werden.
Der Meineweg, erstmals für das Jahr 1467 überliefert,(*FN#57* KZ II, fol. 130.*FN*) verlief nach Maßgabe des Urkatasters von 1830-32 am Hangfuß des Ziegenberges und unterhalb des Brunsberges zwischen Ackerland und dem Bruch. Der Name wurde zusammengezogen aus der Bezeichnung gemeiner Drifft Wegh und erstreckte sich von dem Bruche undt Godelheimbschen Thurmb an, biss uf die Steinbrucken.(*FN#58* StAM CA, Nr. 975 (1606; FW).*FN*) Hier trieben die Bürger Höxters ihr Vieh zu den Allmendeflächen im Bruch. Im nördlichen Bereich entsprach dieser Weg dem heutigen Fahrweg zum Taubenborn und zur Bundeswehr-Schießanlage. Östlich des alten Stadt-Weges lag ein zweiter Triftweg, der u. a. auf der Karte von LeCoq von 1805 (Abb. 14) sowie durch Flurnamen des preußischen Urkatasters belegt ist.
Ein Weg von großer Bedeutung für die Schifffahrt auf der Weser vor dem Aufkommen der Dampfschifffahrt in mittleren Drittel des 19. Jahrhunderts stellte der bis in die 1870er Jahre genutzte Leinenpfad dar, der im Bereich des Stummrigefeldes auf dem westlichen Weserufer verlief und regelmäßig frei geräumt und instand gehalten werden musste (Abb. 7).(*FN#59* Weserstrom-Karte 1861; Keller 1901, S. 153 f., 165 f.*FN*) Auf ihm wurden Schiffe auf der Bergfahrt getreidelt, d. h. mit Seilen von Mensch und Tier gezogen. Weitere Wege von untergeordneter Bedeutung sind auf den topographischen Karten seit dem frühen 19. Jahrhundert zu finden, darunter etwa der Fußweg von Höxter nach Godelheim (Abb. 6, 14). Von besonderem Interesse, obwohl nicht mehr im Stummrigefeld gelegen, erscheint ein Weg, den Hieronymus Sies auf dem Gemälde "Schlacht unter dem Brunsberg" (1704; Abb. 3) abbildet. Dieser steile Aufstieg zur Brunsburg könnte beim Eselsbrunnen begonnen haben und identisch sein mit dem Sancte Vits stige, welcher allerdings erst in der Überlieferung des 16. Jahrhunderts erscheint und den so genannten Kleinen Brunsberg passierte.(*FN#60* KZ II, fol. 214; StAM CA, Nr. 1070 (FW). Der Kleine Brunsberg bildet ein kleineres Plateau nördlich der Burganlage. Willemsen lokalisiert den Flurnamen unter dem Eselsberg am südwestlichen Fuß des Brunsberges, wo auch Hieronymus Sies (1704) einen steil ansteigenden Weg zur Brunsburg beginnen lässt. *FN*)
Abb. 7: | Weserstrom-Karte, Section IV Höxter, von 1861 mit dem Verlauf des Leinen- oder Treidelpfades. Staatsarchiv Detmold D 73 Tit. 4, Nr. 11634. |
Mit dem Bau der Landwehr unterhalb der Brunsberges dokumentierten die Bürger Höxters im 14. Jahrhundert ihren obrigkeitlichen Anspruch auf die stadtseitig gelegenen Weide- und Ackerflächen, ihre Absicht, den Verkehr in der westlichen Weseraue zu kontrollieren und zudem sich selbst und ihr Besitztum zu schützen.(*FN#61* Zum Landwehrsystem Höxters Robitzsch 1885; Krüger 1929; Küntzel 2004, S. 46-49; Koch/König/Stephan 2006, Tafel 5b; vgl. auch Rüthing 2002.*FN*) Nicht in der ersten bekannten, von der höxterschen Landwehr handelnden Urkunde von 1356 aus der Zeit des Abtes Dietrich von Dalwig (1336-59),(*FN#62* StadtAHx Urk. 133.*FN*) sondern erst 1373 unter Abt Bodo von Pyrmont (1371-94) wurde der Ausbau der Landwehr vor Godelheim bei dem Turm in zweifacher Form (lantwere to Godelmen bi dem torne tweuelt), d. h. als doppelte Wall-Graben-Anlage, gestattet.(*FN#63* StadtAHx Urk. 136.*FN*) Der Turm bestand mutmaßlich bereits zuvor, so dass es sich 1373 um eine Erweiterung des Landwehrsystems handelte. In der gleichen Urkunde wurde den Bürgern erlaubt, die bisher genutzte Furt bei Boffzen unpassierbar zu machen.(*FN#64* Eine Lokalisierung der Furt gelingt mutmaßlich im Bereich des Boffzener Kopfes, siehe Weserstrom-Karte 1861 (Abb. 7).*FN*) Bereits zuvor hatte man die Siedlung Oldendorpe aufgegeben, während ihre Flur weiterhin genutzt wurde. Hinter diesem Vorgehen standen gemeinsame strategische Entscheidungen von Stadt und Abtei, die beide ein vitales Interesse daran hatten, den Handelsverkehr aus Richtung Beverungen und Brakel nach Höxter gelangen und nicht auf das östliche Weserufer ausweichen zu lassen.
Als städtischer Bediensteter erhielt der aus Boffzen stammende Gabriel 1584 den Godelheimer Turm eingeräumt. Der Turmwärter besaß Wohnrecht, Mitbewohner (Huslinge) durfte er aber nicht beherbergen. Der Turm stand am alten Post-Weg nahe der Kapelle.(*FN#65* Seine Lage geht auch aus dem Urkataster von 1830-32 (Abb. 6) und der Kartenskizze StadtAHx A III, Nr. 3 von 1768 hervor.*FN*) Sein Durchmesser wird mit rund 2,6 m angegeben, die Türöffnung befand sich in etwa 3,5 m Höhe.(*FN#66* Robitzsch 1885, S. 114. *FN*) Auf der Karte von Johann Gigas um 1620 wurde der Wartturm mit einem benachbarten Wohngebäude dargestellt (Abb. 5), wie solche auch für die Warten bei Brenkhausen, bei Vorwerk Nachtigall und im Brückfeld überliefert sind. Die Straße war nach Aussage frühneuzeitlicher Bild- und Schriftquellen mit einem Schlagbaum gesichert. Der Wärter musste mit seinem Eid bekräftigen, die Landwehr und den Turm zu verwahren sowie ein vleissig auffsehen zu haben auff die von Godelheim, wie sie sich mit Irem Huden haltenn(*FN#67* StadtAHx A XVIII, Nr. 6, Bd. 2, fol. 65.*FN*) – neben seiner eigentlichen Hauptaufgabe, der Personen- und Verkehrskontrolle, musste der Turmwärter auch den Feld- und Nachtwächtern bei der Fluraufsicht helfen.(*FN#68* Vgl. Rabe 1998, S. 193-196.*FN*) Trotz aller Bemühungen konnten die höxterschen Bürger die bis weit ins Mittelalter zurückreichenden Mithuderechte der Godelheimer bis zur Separation im 19. Jahrhundert nicht verdrängen. Im 16. Jahrhundert sind vielfach Nachrichten von immer wieder aufflammenden Streitigkeiten um die knapper werdenden Weideflächen überliefert.(*FN#69* Siehe Rüthing 1986, S. 273, auch Lappe 1942, S. 50 f.*FN*)
Abb. 8: | Ansicht der Landwehr von Norden aus dem Bereich des Risch-Bruches. (Foto M. Koch, April 2005). |
Abb. 9: | Doppelte Wall-Graben-Anlage der Landwehr unterhalb der Brunsburg. (Foto M. Koch; Sept. 2004). |
Der Verlauf der Landwehr und die genaue Lage des gegen Ende des 19. Jahrhunderts abgerissenen Wartturmes lassen sich u. a. anhand des Urkatasters im Bereich zwischen Brunsburg, der Kapelle am Ortseingang nach Godelheim und der Nethemündung rekonstruieren (Abb. 1, 6). Am Hang des Brunsberges lässt sich die Wall-Graben-Anlage noch heute deutlich im Gelände nachvollziehen (Abb. 8, 9), während ihr weiterer Verlauf im Bereich des modernen Bruchweges erst im Zuge der Separation 1864 beseitigt wurde. 1768 ist von einem Graben zur Ableitung von Wasser innerhalb der Landwehr vor Godelheim und einem außerhalb die Rede.(*FN#70* StadtAHx A III, Nr. 3.*FN*) Streitigkeiten um den Verlauf und die Tiefe der Landwehr gab es in der frühen Neuzeit, wobei sich z. B. anlässlich einer Grenzbegehung 1793 herausstellte, dass im Bereich zwischen Wartturm und Mündung der Nethe die Überreste bereits weitgehend beseitigt waren. Wie zu Protokoll gegeben wurde, waren allein die von den Godelheimern über der Erde abgeschlagenen Weidenstämme noch zu erkennen.(*FN#71* StadtAHx A III, Nr. 3. Oftmals waren Schnatsteine (Schnat = in den Wald geschnittene Grenze) verschwunden oder absichtlich versetzt worden. *FN*)
Unklar ist, wann der Gerichtsort mit Richtstätte ins Leben gerufen wurde, denn in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wird bereits ein Galgen im Bereich des Galgenstiegs (Abb. 1), der im Forstort Galläcker auf die Bosseborner Hochfläche führt, erwähnt.(*FN#72* Koch 2007, S. 27.*FN*) In einer vertraglichen Regelung zwischen Gottschalk von Boffzen und der Stadt Höxter wurde 1428 vereinbart, sich im Streitfall auf einer Malstatt zwischen Höxter und Maygadessen zu treffen und zu besprechen,(*FN#73* StadtAHx Urk. 24. 1380 vereinbarten Stadt Höxter und Herzog Otto von Braunschweig einen Platz an der Landwehr zwischen Höxter und Boffzen, an dem sich nötigenfalls ein Schiedsgericht treffen sollte, StadtAHx Urk. 170.*FN*) womit offenbar nicht der Gerichtsort auf der Sandwiese gemeint war. Erst 1467 ist der Galgen bei der Wüstung Oldendorpe, nach dem ein Teil der Sandwiese den Namen Galgenfeld erhielt, in einer Abschrift vom Ende des 16. Jahrhunderts bezeugt (Abb. 1).(*FN#74* KZ II, fol. 130; vgl. Rüthing 1986, S. 55 f. Die zeitliche Nähe zu andauernden Streitigkeiten zwischen Stadt und Abt um die höxterschen Gerichtsrechte mag bezüglich des Quellenwertes bedenklich stimmen. Die nächsten Belege stammen erst vom Ende des 17. und 18. Jh., siehe StadtAHx Flurnamensammlung Willemsen.*FN*) Wahrscheinlich entstand die Richtstätte auf der südlichen Sandwiese in der Nähe von Oldendorpe erst nach der Aufgabe der Siedlung im Zuge der Planung und Errichtung einer Landwehr. Rüthing (1986) geht davon aus, dass der höxtersche Rat vor 1500 auf der Sandwiese Gerichtsherr war.(*FN#75* Rüthing 1986, S. 55 f., zu den Gerichtsverhältnissen ebd., S. 136-142.*FN*)
Abb. 10: | Galgen und Rad auf der Richtstätte Galgenfeld, Ausschnitt aus "Schlacht unter dem Brunsberg" von Hieronymus Sies 1704. Aus: Koch/König/Stephan 2006, Tafel 7. |
Im 17. Jahrhundert sind beim Gerichtsort auf der Sandwiese, der z. B. 1554 auch als Halsgericht bezeichnet wird,(*FN#76* StAM CU, Nr. 883 (1554; FW).*FN*) die Vollstreckung der Hinrichtung mit dem Schwert und durch Ertränken in der Weser nachgewiesen.(*FN#77* Rüthing 1986, S. 54; Rabe 1998, S. 57 f.*FN*) Die Darstellung von Sies (1704) bildet einen aus drei Ständern gebildeten Galgen und ein auf einem Pfahl angebrachtes Rad ab (Abb. 10), worauf der Delinquent mit gebrochenen Gliedmassen geflochten und "gerädert" wurde.
Der Hellweg passierte unmittelbar den Gerichtsort auf der Sandwiese, wie Handskizzen der frühen Neuzeit abbilden.(*FN#78* StAM Corvey Lehen I,1 (Ende 16. Jh.), Johanek 2006; StadtAHx A III, Nr. 4.*FN*) Nach der Säkularisation des Fürstentums Corvey kam die oranien-nassauische Regierung zu der Ansicht, dass das Galgenfeld zwischen Höxter und Godelheim zu dicht an der Landstraße läge. Was hundert Jahre zuvor als traditionell galt – sicherlich fanden sich auch zahlreiche neugierige Zuschauer bei Hinrichtungen ein –, wurde in der Zeit der Aufklärung abgeschafft. 1823 erfolgte eine Vermessung des Galgenfeldes, wobei u. a. die Größe des Platzes mit rund 1 ¼ Morgen, etwa ein Drittel Hektar, angegeben wurde.(*FN#79* StadtAHx A III, Nr. 4.*FN*) Auf einem Blatt des Urkatasters von 1830 wird ein Flurstück Auf dem Gerichts-Kampe genannt und auch später kennt man noch die Flurnamen beim Gerichte und Galgenplatz.(*FN#80* Bocholtz-Asseburg 1896, S. 208.*FN*)
Zur Gründung dieses Hospitals liegen keinerlei Nachrichten vor. Vielleicht ist die Fortsetzung der Tätigkeit einer entsprechenden Institution in Corvey anzunehmen, für die man nach dem spätmittelalterlichen Rückgang der Bevölkerung in der Laiensiedlung Corvey sowie möglicherweise auch der Zahl der Pilger eine größere Nähe zu den Bedürftigen suchte.(*FN#81* Zu den Corveyer Kirchen und Kapellen um 1500 Rüthing 1986, S. 277-280; vgl. Stephan 2000.*FN*)
Erstmals urkundlich genannt wird das Hospital 1491, als neben einem bestehenden Leprakrankenhaus (leprosorium) eine Kapelle errichtet wird.(*FN#82* Rüthing 1986, S. 287. Weitere karitative Einrichtungen in Höxter stellten das Heiliggeist-Hospital und die Beginen auf der Rodewiek dar.*FN*) Als sich die beiden Pfründner Cort und Friedrich von Oytzen 1504 mit vergleichbaren Einrichtungen der umliegenden Städte Lemgo, Herford, Paderborn, Brakel, Hofgeismar, Borgentreich, Blomberg, Einbeck, Uslar und weiteren zu einer St. Gertrudis-Bruderschaft verbanden,(*FN#83* StadtAHx Urk. 276; Rüthing 1986, S. 287, 291, bes. Fußnote 155. Eine Pfründe diente dem Lebensunterhalt des Geistlichen.*FN*) lebten auch arme Leute, d. h. Kranke und Bedürftige, in dem Hospital – Hinweis darauf, dass das Hospital nicht allein der Pflege Aussätziger diente. Im Gemeinheitsbrief von 1514 wurde festgelegt, dass hier keine ausländischen Leute mehr aufgenommen werden sollten. Zum Jahr 1605 berichtet das Kleingedenkbuch vom Neubau des Siechenhauses,(*FN#84* StadtAHx A XVIII, Nr. 6, Bd. 2, fol. 232.*FN*) doch bereits 1621 wurde dasselbe letztmalig erwähnt und mutmaßlich im Dreißigjährigen Krieg zerstört.(*FN#85* Rabe 1998, S. 237.*FN*)
Zur Lagebestimmung des Siechenhauses mit der St. Gertrudiskapelle vor den Stadtmauern Höxters liegt die Flurbezeichnung Beim Seuchenhause vor.(*FN#86* Eine ungenaue Lokalisierung südlich der Stadt bietet eine Kartenskizze des 17. Jh., StAWb K 2504. Etwas deutlicher werden Karten des 19. Jh., darunter das Urkataster von 1831 mit dem Eintrag Beim Seuchenhause.*FN*) Das Hospital wurde noch von Johannes Krabbe 1603 mit zwei Gebäuden sowie auf einer weiteren Skizze des 17. Jahrhunderts mit einer Kapelle und zwei Nebengebäuden eingezeichnet, von Johann Gigas um 1620 hingegen nicht abgebildet. Bei Arbeiten zum Chausseebau konnte Paul Wigand 1828 die Überreste des Siechenhauses beobachten: "Da, wo sich der Weg um einen Vorsprung biegt, der die Aussicht nach der Stadt hemmt, entdeckte man [...] Gräber, altes Mauerwerk und sogar eine verschüttete steinerne Treppe; auch wurden mancherlei Geräthschaften, Kugeln, Lanzen etc. gefunden, besonders grub man unfern der Treppe eine Menge Trümmer von Hausgeräthe, Pfannen, Sägen, Beile und anderes Geschirr aus, unter andern auch einen mit Perlenmutter ausgelegten Stiel eines Messers. Alles war sehr von Rost zerfressen."(*FN#87* Wigand 1828, S. 431 f.*FN*) Trotz der Angaben von Wigand kennt man heute nicht mehr den genauen Standort des Siechenhauses (Abb. 1).
Zu den frühen Belegen von Weidewirtschaft südlich von Höxter gehört der erstmals im 14. Jahrhundert genannte Flurname Santwisch unter dem Ziegenberg (sub monte Cygenberg).(*FN#88* HG, fol. 56r. *FN*) Die Sandwiese erstreckte sich auf der stellenweise mit Auenlehm bedeckten Niederterrasse, die aus Sand- und Kiesvorkommen besteht, mit Bruchzonen durchsetzt ist und mit Ausnahme weniger höher gelegener Stellen von Hochwassern überschwemmt wurde. Trat die Weser über ihre Ufer, war es unmöglich, das Vieh auf die Trift im Stummrigefeld zu treiben, und es konnte sogar notwendig werden, Lämmer mit Hilfe eines Schiffes ins Trockene zu holen.(*FN#89* StadtAHx B XV, Nr. 95, Bd. 1.*FN*)
Der Flurname Sandwiese stand ursprünglich für eine Gras- und Weidefläche,(*FN#90* Pfeiffer 1993, S. 1567. Dem mittelniederdeutschen Wort wisch entspricht das mittelhochdeutsche Wort wise. Nach Rüthing 1986, S. 54, lagen um 1500 der größte Teil der Wiesen [...] auf dem linken Weserufer zwischen Höxter und der Nethemündung bei Godelheim.*FN*) zugleich aber auch für individuellen Besitz im Gegensatz zum Gemeinbesitz, zur Allmende.(*FN#91* So Schubert 1992, S.89.*FN*) Albert von Boffzen besaß in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wohl die gesamte Sandwiese sowie Land zu Oldendorpe, Boffzen, den Zehnthof zu Maygadessen und umfangreiche weitere Güter und Rechte als Lehen von den Äbten von Corvey und den Grafen von Schwalenberg.(*FN#92* CL, Art. 221 (1375); Bocholtz-Asseburg 1896, S. 171, 212 f.*FN*)
Die als Sandwiese bezeichnete Flur hatte sich spätestens im Laufe des Mittelalters verändert und beinhaltete im späten Mittelalter an vielen Stellen auch Ackerland. Dafür sprechen u. a. die Lage von 22 Hufen Land des Corveyer Propstes Heinrich von Godelheim up der santwische (1415)(*FN#93* Bocholtz-Asseburg 1896, S. 173 f. Heinrich von Godelheim war 1416-29 Abt des St. Godehard-Klosters in Hildesheim.*FN*) oder einer Hufe Land in deme stumergen velde uppe der santwijsch (1422).(*FN#94* StAM CU, Nr. 361 (FW).*FN*) Die älteste Nennung im stum(m)ergen velde liegt vom Jahr 1375 vor.(*FN#95* KZ I, fol. 45r, und II, fol. 181. Es handelt sich um Abschriften vom Ende des 16. Jh., die generell die Gefahr einer willkürlichen Abänderung älterer Schreibweise in sich bergen.*FN*)
Abb. 11: | Wölbäcker in den Bruchwiesen am ehemaligen Holzgraben, abgeschnitten durch den Bahndamm des 19. Jahrhunderts. (Foto M. Koch; April 2007). |
Am westlichen Rand der Niederterrasse findet sich im Bereich der Bruchwiesen in der Nähe von Forsthaus Taubenborn eine Geländeform (Abb. 11), die als Relikt spätmittelalterlicher ackerbaulicher Tätigkeit gedeutet werden könnte.(*FN#96* Brühöfener 2004, S. 356, beschreibt eine besonders der Neugewinnung in Niederungsgebieten angepasste Ackerbauform, bei der zwischen Entwässerungsgräben Erde aufgewölbt und so eine hinreichend trockene Anbaufläche für Getreide geschaffen wird.*FN*)
Die Entstehung und Ausbreitung des Namens fand in Anlehnung an das Stummrigetor und mutmaßlich in Zusammenhang mit der Bildung der Stummerthorschen Hude und Gemeine,(*FN#97* StadtAHx A XVIII, Nr. 6, Bd. 2, fol. 371 (1659). In Schriftquellen werden die Hudegenossenschaften Höxters erst nach dem Dreißigjährigen Kriege erwähnt.*FN*) dem genossenschaftlichen Zusammenschluss der weideberechtigten Bürger im Stummrigetor-Stadtviertel, statt. Wesentliche Bedeutung kam hierbei dem Willen des Rates zu, seine Obrigkeits- und Herrschaftsbefugnisse auszudehnen und zu diesem Zweck mit Hilfe einer Landwehr ein eigenes Territorium zu kennzeichnen. Darüber hinaus sind auch Flurnamen eng mit der Herrschaft verknüpft. Vom Herrschaftszentrum Corvey aus ging seit dem 9. Jahrhundert, von der Stadt Höxter im späten Mittelalter der dominierende Einfluss auf das Gebiet aus, welches immer selbstverständlicher als das Stummrigefeld bezeichnet wurde.
Begrenzt wird die Sandwiese vom Oberen Werder bzw. der Lake – ab Ende 16. Jahrhundert Hainanger –, der Weser, der Wüstungsflur Oldendorpe(*FN#98* StAM CA, Nr. 1016 (Skizze 16./17. Jh.; FW); PAC ID, Nr. 37 (1712; FW).*FN*) und dem Risch-Bruch (Abb. 1).(*FN#99* Nach Aussage des Lehnsverzeichnisses des Corveyer Abtes Heinrich von Spiegel (1359-64) erscheint als Zubehör des Marschallamtes ein Ackerstück in Oldendorpe situm super campis dictis Santwisch, Spilcker 1833, Nr. 493, S. 471 (1360). Unklar erscheint der Sinn der von Spilcker angefügten Worte eine Wort Oldenberge, wobei ein Bezug zu Oldendorpe bestanden haben könnte.*FN*) Sie begann von Höxter aus gesehen jenseits des Siechenhauses und der Steinbrücke(*FN#100* StAM CA, Nr. 1618 (1684; FW). *FN*) und könnte ehemals eine Nord-Süd-Ausdehnung von mehr als 2 km eingenommen haben. Auf der Sandwiese befanden sich ein Gerichtsort, Sandgruben, der Sandhügel,(*FN#101* StAM CA, Nr. 1067 (1673: Sandthövel; FW), Nr. 727, fol. 21 f. (1675: Sandberg; FW). Im Urkataster von 1830-32 (Flur XII) wird nur der Sandhügel zwischen Aubruch (Obroke), altem Stadt-Weg und Südspitze des Oberen Werders eingezeichnet. 1400 ist von einer Lage an deme berge tegen der zantwisch gelegen die Rede, StAM Brenkhausen Urkunden, Nr. 105 (FW). Denkbar ist nach Ansicht von Prof. Dr. H.-G. Stephan eine Deutung als urgeschichtlicher Grabhügel.*FN*) der einzige in der spätmittelalterlichen Schriftüberlieferung ausdrücklich genannte Viehstall (veyhus, vehehuse),(*FN#102* 1467 im Lehnsbesitz des Gottschalk von Boffzen und seit 1531 von Stift Corvey an den höxterschen Bürger Johann Richardes und 1571 an Christoffer von Amelunxen verpfändet, KZ II, fol. 132 bzw. StadtAHx Urk. 85.*FN*) der Aubruch (Obroke) und ein Kolk.
Wie aber grenzten sich die beiden umfassenderen Raumbezeichnungen Sandwiese und Stummrigefeld voneinander ab? Die aus dem 14. Jahrhundert vorliegende Bezeichnung campus d[i]ci[tur] zantwisch von 1360(*FN#103* StAM CA, Nr. 1439 (Abschrift des 15. Jh.; FW).*FN*) für die Sandwiese und die Belehnung Alberts von Boffzen mit der ganzen Sandwiese (1375) können als Beleg herangezogen werden, dass eben Sandwiese den ältesten landwirtschaftlich erschlossenen Teil des Stummrigefeldes benennt. Dann stellte Stummrigefeld den neuen fiskalischen übergreifenden Raumbegriff dar, der auf die zunehmende Rodung und Trockenlegung von Bruchflächen seit dem Mittelalter Rücksicht nahm. Unterstützt wurde dieser Prozess sicherlich durch den Landwehrbau, womit dem Sprachgebrauch eine deutliche Grenze gesetzt wurde. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts bezeichnete man auch den unmittelbar an die Landwehr grenzenden Risch-Bruch als im Stumergen Felde belegen.(*FN#104* PAC ID, Nr. 43 (1804; FW). Vielleicht finden sich zukünftig weitere derartige Hinweise.*FN*)
Ein sich zwischen der Mündung des Bollerbaches in die Weser und der Sandwiese erstreckendes Areal stellte einst eine Insel in der Weseraue dar, den von fruchtbarem Auenlehm bedeckten Oberen Werder.(*FN#105* Das sinngemäße Gegenstück stellt der Niedere Werder im Brückfeld gegenüber dem ehemaligen Hauptbahnhof Höxter dar. Weitere Werder befanden sich z. B. im Brückfeld und oberhalb von Lüchtringen.*FN*) Der Obere Werder lässt sich sowohl auf dem Urkataster von 1830-32 als auch noch auf modernen topographischen Karten(*FN#106* Für Maßangaben wurde die TK 1:25.000 Blatt 4222 Höxter, Ausgabe von 1996, verwendet.*FN*) deutlich in seiner Ausdehnung zwischen Hainangerweg (Lake) und Weser erkennen. Er erreichte einst eine maximale Ost-West-Ausdehnung von etwa 150 m und erstreckte sich rund 1,2 km in Nord-Süd-Richtung. Auf dem Oberen Werder belehnte Abt Hermann von Bömelburg (1478-1504) den höxterschen Bürgermeister Hans Derendal den Älteren mit acht Morgen Land (1495).(*FN#107* KZ II, fol. 40v. Zuvor hatten die Derendals das Land als Unterlehen des Grafen Moritz von Pyrmont besessen; zur Ratsfamilie Derendal in Höxter siehe Rüthing 1986, S. 264-268.*FN*) Sicherlich wurde hier aber auch schon deutlich vorher Acker- oder Weidenutzung durchgeführt.
Auf dem Urkataster von 1830-32 erscheint der Obere Werder unterteilt in die Fluren Der Werder und Am Hainanger (Abb. 6). Offenbar hat die jüngere Bezeichnung Hainanger die ältere Bezeichnung Lake verdrängt: Der schon im 14. Jahrhundert genannte ältere Flurname wird letztmalig in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts(*FN#108* KZ I, fol. 45v (1375); StAM CA, Nr. 727 (1675; FW), Nr. 953 (1676; FW).*FN*) genannt, während der neue Name seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts(*FN#109* Pfarrarchiv St. Nikolai Höxter Bd. 7 (1580; FW).*FN*) angewendet wurde. Hainanger kann im Sinne eines abgrenzenden oder abgegrenzten Teiles der Allmende gedeutet werden. Hinter dem Namenswechsel wird sich die Erschließung der mittlerweile weitgehend verlandeten Lake zu genossenschaftlich genutztem Weideland verbergen. Inwiefern dahinter eine bauliche Anschlussmaßnahme steht, wie sie Buschmann (1988) in seinem Kartenentwurf zur Weseraue für den Zeitraum zwischen 1500 und 1600 annimmt, ist in der Schriftüberlieferung nicht zu erkennen.(*FN#110* Buschmann 1988a, Karte 1; vgl. Gerken/Dörfer 2002, S. 33, Abb. 11.*FN*) Obwohl solche Baumaßnahmen, die einen Werder mit einem Flussufer verbinden, an der Oberweser in der frühen Neuzeit belegt sind, muss vor vorschnellen Schlüssen gewarnt werden, denn außer dem Flurnamenwechsel liegen bisher für den Oberen Werder keine Belege vor.
Im Rahmen dieses Beitrages steht weniger der ökologisch geprägte Begriff des Bruches bzw. Bruchwaldes,(*FN#111* Hierzu z. B. Hofmeister 1990, S. 192.*FN*) als vielmehr die in der historischen Schriftüberlieferung auftretende namentliche Bezeichnung im Vordergrund. Als Bruch bezeichneter Grund und Boden wurde im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit in der Regel zu Weideland genutzt. Der Bruch stellt ein mit Bäumen und Sträuchern bewachsenes Feucht- oder Sumpfland dar, das nährstoffreich und fruchtbar ist und bevorzugt mit Weidevieh betrieben werden kann.(*FN#112* Aus umweltgeschichtlicher Sicht Jäger 1994, S. 57; zur Etymologie DWB Bd. 2, Sp. 410; Pfeiffer 1993, S. 174, spricht von einem Bedeutungswandel über Grenzsumpf zu Sumpfland in urgeschichtlicher Zeit.*FN*) Maßnahmen des Menschen zur Trockenlegung, in erster Linie durch Anlage von Gräben, sind seit dem späten 14. Jahrhundert in der Weseraue belegt.(*FN#113* Vgl. Koch 2005, S. 212 f.*FN*) Sicherlich wurden Gräben aber auch schon viel früher angelegt, wie die zum Kloster Corvey führende Grube veranschaulicht. 1586 wird im Stummrigefeld ein Johannes Kock gehöriger Graben erwähnt, den die höxterschen Bürger durch einen neuen Graben, den Bernd von Bosseborn genannt Dickgrefer (Teichgräber) mit einer Sohlweite von drei Fuß (ca. 0,9 m) verfertigen sollte, an die Weser anschließen lassen.(*FN#114* StadtAHx A XVIII, Nr. 6, Bd. 2, fol. 96. Johannes Kock besaß am Ende des 16. Jh. die Kolk beim Aubruch pachtweise von Ludwig von der Asseburg, KZ II, fol. 207. Ein Graben bei Kochs Wiese beim kleinen Bruch wird 1677 genannt, StAM CA, Nr. 1520 (FW).*FN*) Auch der von Ziegenhirt gegen Ende des 16. Jahrhunderts überlieferte Ferbeßgrauen(*FN#115* KZ II, fol. 28av; Farbischer Graben 1681, Pfarrarchiv St. Nikolai Höxter B 9, und Faerbs Graben auf einem Flurplan des Urkatasters von 1830.*FN*) wird einen Entwässerungsgraben benennen. Ebenfalls hier zu erwähnen sind der Grosse Brokes Grauen (Bruchgraben),(*FN#116* StAM CU, Nr. 1224 (1667; FW).*FN*) der Hudegraben,(*FN#117* Erst auf dem Urkataster von 1830-32 nördlich der Steinbrücke überliefert.*FN*) der Holzgraben und der Hechtgraben,(*FN#118* Zur Bedeutung der Hechtgräben als Fischereigewässer siehe unten.*FN*) die allesamt spätestens im 17. Jahrhundert erwähnt werden und Wasser aus dem großen Bruch ableiten. Heute noch bestehen Holzgraben und Hechtgraben im Bereich des FFH-Gebietes Taubenborn. Hinzugefügt sei ein Beispiel aus dem Grubetal westlich von Höxter: Der Bruch zwischen Lütmarsen und Ovenhausen bei der ehemaligen Siedlung Jertzen galt durch Ableitung des Wassers zu Beginn des 18. Jahrhunderts als weitgehend trockengelegt und zu Wiesenfläche umgestaltet.(*FN#119* StAM CA, Nr. 1170 (1716; FW). Offenbar lagen auf dem Bruch zuvor Fischereirechte.*FN*)
Ein bereits im späten Mittelalter teilweise trocken gelegter Bruch ist der Aubruch (obrock, obroke) östlich des Hellweges (Abb. 1). Erwähnt wird 1422 eine Hufe Land in deme stumergen velde uppe der santwijsch und ys geheten dat obrock.(*FN#120* StAM CU, Nr. 361 (FW).*FN*) Zehn Jahre später wird hier ein corveyscher Zehnt to obroke ghelegen genannt, den die von Boffzen an den höxterschen Bürger Hermann Godeludeken verkauften.(*FN#121* StAM CU, Nr. 373 (FW); vgl. Bocholtz-Asseburg 1896, S. 175. Zur Familie Godeludeke in Höxter Rüthing 1986, S. 432-435.*FN*) Daraus ist zu ersehen, dass zumindest ein Großteil dieses Bruchareals von etwa 7,5 Hektar Flächenumfang zu Beginn des 15. Jahrhunderts ackerbaulich genutzt werden konnte. In einem Verzeichnis vom Ende des 16. Jahrhunderts, für einen Lehnsprozess der Abtei Corvey gegen die von der Asseburg angelegt, wird u. a. vermerkt, dass der corveysche Kanzler Johann Heistermann und sein Bruder Rotthert das Obrock als asseburgisches Lehen innehatten.(*FN#122* KZ I, fol. 49r. Um 1600 ist sogar von Heistermans Sandtwiesgen, der kleinen Sandwiese auf der Sandwiese die Rede, StAM CA, Nr. 1070 (FW).*FN*) Weiterer Grundbesitz im Bereich zwischen Obrock und Hellweg wird in einer Handskizze, die dem Umfeld dieses Lehnsprozesses zuzurechnen ist, schematisch festgehalten.(*FN#123* StAM Corvey Lehen I,1; vgl. Johanek 2006.*FN*) Mit Hilfe der Bonitierungskarte des Urkatasters ist der Aubruch mit der Signatur einer schlechten bis mäßigen Ackerlandgüte zwischen Gerichts-Kampe und Sandhügel zu finden (Abb. 6).(*FN#124* Der Aubruch ist etwas nördlicher eingezeichnet als eine die Niederterrasse Sandwiese in zwei Bereiche trennende Rinne auf der Geologischen Wanderkarte, siehe Abb. 2.*FN*)
Der Flurname kann möglicherweise im Sinne eines von einem Bach (Aa, Au) durchflossenen Bruches gedeutet werden, wofür die allerdings relativ späten Belege von 1645 im Aubruche,(*FN#125* StAM CU, Nr. 1166 (FW).*FN*) 1663 Ohebroick(*FN#126* StAM CA, Nr. 1520 (FW).*FN*) und 1690 vor dem Ahbruche sprechen.(*FN#127* PAC ID Nr. 37 (FW).*FN*) Eine andere Deutung wäre bei einer wesentlich älteren Namensgebung zu überprüfen: In älteren Zeiten wurde mit Au nicht in erster Linie Gewässer oder Niederung, sondern das umflossene bzw. umschlossene Landstück in einer Talaue bezeichnet, so dass an dieser Stelle sinngemäß ein Bruch an einer Niederungsinsel vorliegen würde.(*FN#128* Z. B. Insel Reichenau im Bodensee und Stadt Passau auf einem Werder in der Donau, Küster 1999, S. 95 f.; vgl. zur Etymologie Pfeiffer 1993, S. 73.*FN*)
Erstmalig in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wird das Siek (sege, zeijge, Zege) unterhalb des Brunsberges erwähnt.(*FN#129* KZ II, fol. 32v (1476) und 130 f. (1467); StAM CU, Nr. 525a (1484; FW).*FN*) Es befand sich in der Nähe des Weidenbruchs und eines Hopfenberges bzw. Hopfengartens.(*FN#130* KZ I, fol. 80v.*FN*) Zur gleichen Zeit wird ein Landstück zwischen dem lutken broke und dem zeijge auf der Sandwiese angesprochen.(*FN#131* KZ II, fol. 130 und 131; StAM CU, Nr. 525a (FW).*FN*) Wenig hilfreich für eine Lokalisierung erscheint die lexikalische Beschreibung, dass das Siek in der niederdeutschen Sprache eine sumpfige Niederung, ein stehendes oder langsam fließendes Gewässer, aber auch einen Grasstreifen oder Ackerrain bezeichnen kann.(*FN#132* DWB Bd. 16, Sp. 951; vgl. Pfeiffer 1993, S. 1288.*FN*) In Frage kommt laut Bonitierungskarte des Urkatasters von 1830-32 ein als Weideland gekennzeichnetes Areal östlich des Sandhügels im nördlichen Anschluss an das Obroke (Abb. 1, 6). Bezeichnenderweise gibt es im Brückfeld den sieken bruche, worunter vielleicht ein teilweise oder zeitweilig unter Wasser stehender Bruch zu verstehen ist.(*FN#133* StAM CA, Nr. 1016 (1699; FW).*FN*) 1573 erscheint auch im Stummrigefeld erstmalig die Bezeichnung Zeichsbruch, der von der Abtei Corvey an die Stadt Höxter erblich verlehnt wird.(*FN#134* StadtAHx Urk. 91, Regest in Leesch 1961, S.366. Bei einer Lehnserneuerung 1663 ist wiederum vom Zech die Rede, StAM CA, Nr. 1804 (FW). Unklar, ob ein 1782 erwähnter Seiken Kamp, PAC VII, Nr. 5 (FW), hierhin zu stellen ist.*FN*) Vielleicht steht auch hinter dem Namenswandel vom Siek zum Siekbruch eine veränderte Nutzung durch den Menschen.
Östlich der Sandwiese erstreckte sich ein großflächiges Bruchgebiet unterhalb von Ziegenberg und Brunsberg, das kurz Bruch oder großer Bruch und deren südlicher Teil Risch genannt wurde. Dazu nicht im Widerspruch steht selbst die merkwürdige Quellenaussage, dass der große Bruch am Fuße des Schleifentals im Bereich des Wolfswinkels seinen Anfang nahm.(*FN#135* StAM CA, Nr. 1520 (1677; FW). Erstmalig zu belegen ist der Wolfswinkel gegen Ende des 16. Jh., StAM CA, Nr. 1067 (1590; FW).*FN*) Wohl als sprachlicher Gegensatz ist der seit dem 15. Jahrhundert erwähnte kleine Bruch (luttke broke)(*FN#136* KZ II, fol. 117 (1452).*FN*) an oder inmitten der Sandwiese zu verstehen. Großer und kleiner Bruch erscheinen z. B. als gemeinsame Lehnsobjekte des Gottschalk von Boffzen (1467) und später des Christoph von Amelunxen (1571).(*FN#137* KZ II, fol. 130 (1467); StadtAHx Urk. 85 (1571); vgl. KZ II, fol. 131 (1484) und fol. 132 (1531). Laut Wappenbild sind beide Familien eng miteinander verwandt, Bocholtz-Asseburg 1896, S. 216.*FN*) Als weitere Lagebestimmung des kleinen Bruchs ist 1677 überliefert, dass er auff dem Graben obig Kochs Wiese anfing.(*FN#138* StAM CA, Nr. 1520 (FW); die Familie Koch/Kock besaß gegen Ende des 16. Jh. die Kolk beim Aubruch zur Pacht von Ludwig von der Asseburg, siehe unten.*FN*) Nach Auskunft des Stadtrats von Höxter 1848 war dieser kleine Bruch seit längeren Jahren zu Land gemacht worden.(*FN#139* StadtAHx B XV, Nr. 152.*FN*)
Abb. 12: | Weidenbaum am Hechtgraben, der offenbar letztmalig in der Nachkriegszeit als Kopfweide geschneitelt wurde. (Foto: M. Koch; April 2007). |
In einer Urkunde von 1428 zwischen Gottschalk von Boffzen und der Stadt Höxter werden Abmachungen getroffen über Grund und Boden under dem Brunsberge twyschen der lantwer und dem broke ghehete dat rysch.(*FN#140* StadtAHx Urk. 24. Die Bedeutung des Flurnamens konnte bisher nicht erschlossen werden. Ein weiterer Rischbruch erscheint als Flurname westlich der Wüstungsflur Feltekansen bei Bosseborn. Zu Person und Lehen des Gottschalk von Boffzen siehe Bocholtz-Asseburg 1896, S. 212 ff.*FN*) Das Risch (Abb. 1) erstreckte sich bis an die Sandwiese, in deren südlichem Bereich sich seit dem 15. Jahrhundert die Richtstätte nachweisen lässt.(*FN#141* PAC ID, Nr. 37 (1712: auffr Sandtwischen beym Rische; 1690: bey dem Gerichte [...] schiesset uff den Rische; FW); StAM CA, Nr. 1016 (Skizze; 16./17. Jh.: ahn den Risck auff der Santwische; beide FW). 1697 wird ein vielleicht identisches Broick auff der Sandtwische genannt, StadtAHx A XIV, Nr. 13, fol. 25.*FN*) Ein zum Jahr 1567 genannter Ußfluß des Bruchs, 1681 erstmals als alter Außfluss bezeichnet,(*FN#142* StAM CA, Nr. 975 (1567, Abschrift nach 1688; FW), Nr. 1417 (1681, Abschrift 18. Jh.; FW). Die dargelegte Vermutung folgt der Verortung von Willemsen. Gleichzeitig ist von einem newen Graben die Rede, ebd., Nr. 931 (FW).*FN*) entwässerte das Risch wohl vormals in östlicher Richtung. Laut urkundlicher Aussage von 1428 nutzten die Bürger Höxters Ackerland unterhalbdes Brunsberges zwischen Landwehr und Risch-Bruch sowie in den Stocken. Letzterer Flurname deutet zugleich auf eine vormalige Nieder- oder Mittelwaldnutzung am unteren Hang des Brunsberges hin. Zusätzlich wurde den Bürgern Höxters 1428 ein Weiderecht im Bruch sowie das Recht auf Rodung zugestanden.(*FN#143* StadtAHx Urk. 24, Regest bei Leesch 1961, S. 300.*FN*) Aus dem Eid des Stadtförsters von 1648 wird ersichtlich, dass der Bruch, vermutlich Teile des großen Bruches, u. a. neben Brunsberg und Ziegenberg zu den städtischen Holzungen gehörte.(*FN#144* StadtAHx A XVIII, Nr. 6, Bd. 2, fol. 357 f.*FN*) Dementsprechend wiesen Teile des Bruches sowohl zu Beginn des 15. Jahrhunderts als auch in der Mitte des 17. Jahrhunderts Bruch- und Auenwaldbestände auf.
Die Flurnamen in den Ellern und Ellernbruch sind zumindest seit dem 17. Jahrhundert nachweisbar.(*FN#145* Z. B. StAM CA, Nr. 1070 (FW). Die Flur wird von Willemsen im unmittelbaren westlichen Anschluss an die Bruchwiesen verortet.*FN*) Von dem bereits im 15. Jahrhundert genannten, vielleicht im nördlichen Bereich der Sandwiese in der Nähe des Meineweges gelegene widenbrocke (Weidenbruch) ist sogar eine Holznutzung überliefert: Als 1484 die Erben Gottschalks von Boffzen dem höxterschen Bürger Bartolt Tileke ihre vom Zehnt befreiten Ländereien verkauften, wollten sie Zeit ihres Aufenthaltes in Höxter nur den genannten Bruch behalten, aus dem sie und die Bürger Höxters ihre Ruten u. a. vermutlich zum Korbflechten und Hausbau schnitten.(*FN#146* KZ II, fol. 131. Ein 1576 erwähnter Widttbusch könnte mit dem Weidenbruch in Verbindung zu bringen sein, StAM CU, Nr. 1006 (FW) und PAC II, Nr. 84 (FW).*FN*) Um 1700 sowie auf der Flurkarte des Urkatasters von 1830-32 wird der südliche Bruchbereich angesichts eines Mithuderechtes der Godelheimer als godelheimsches Bruch bezeichnet.(*FN#147* StAM CA, Nr. 1233 (1706; FW); vgl. Urkataster von 1830-32.*FN*)
Abb. 13: | Rohrkolben vor Erlenbäumen in einem allmählich verlandenden Kiessee im Bruch. (Foto: M. Koch; April 2005). |
Die Bezeichnung von Bruchwiesen am östlichen Rand des großen Bruches reicht zumindest bis ins 17. Jahrhundert zurück.(*FN#148* Vielleicht gleichbedeutend ist schon vorher von Wiese Pletzen vor dem Brunsberg die Rede, StadtAHx Urk. 87 (1595); weitere Belege siehe StadtAHx Flurnamensammlung Willemsen.*FN*) Einige das Risch und den großen Bruch betreffende landwirtschaftliche Aktivitäten erscheinen in den Rechnungen des Stummertorischen Hudegenossenschaft, darunter der Verkauf von Schilf (Schelbgras).(*FN#149* StadtAHx B XV, Nr. 95, Bd. 1 (ab 1818).*FN*)
Aus der Fülle von Nachrichten ist für die Zeit des ausgehenden Mittelalters und der frühen Neuzeit zu erschließen, dass der große Bruch in mutmaßlich wechselnden Verhältnissen Auen- und Bruchwald, Schilfbestände und Wiesen beinhaltete. Er ähnelte vielleicht dem aktuellen Vegetationsmosaik des Finkenbruchs im Brückfeld auf der östlichen Seite der Weseraue. Obwohl nicht auszuschließen ist, dass auch die anderen Brüche im späten Mittelalter noch Reste von Bruch- und Niederungswald aufwiesen, fehlen eindeutige dahingehende Schriftbelege.
Abb. 14: | Ausschnitt der Karte des preußischen Majors von LeCoq, angefertigt nach der Säkularisation der Fürstbistümer Paderborn und Corvey 1803-05. Originalausgabe im Stadtarchiv Höxter. |
Auf der Karte von LeCoq 1805 (Abb. 14), auf dem Urkataster von 1832 (Abb. 6), auf dem Urmesstischblatt von 1898 (Abb. 1) und noch auf Luftbildkarten von 1961 sind Waldflächen im Stummrigefeld nicht nachweisbar. Im Lagerbuch der Stadt Höxter von 1814 wird ebenfalls kein Wald im Bruch aufgeführt, was aber stark aufgelichtete Waldbestände auf den Angerflächen oder im Bereich von Gewässern nicht völlig ausschließt.(*FN#150* StadtAHx A XX, Nr. 24, fol. 9v. Nur für die älteren Jahrgänge ausgewertete Forstbeschreibungen, Forstkultur- und Hauungspläne für die Stadtwaldungen im Zeitraum 1823-1930 (StadtAHx B XV, Nr. 75-77) führen kein Bruch in der Weseraue mit auf.*FN*) Allerdings lassen sich anhand der Rechnungen der Stummertorischen Hudegenossenschaft aus dem frühen 19. Jahrhundert z. B. in der Weseraue Anpflanzungen von Erlen sowie auf den angrenzenden Hanglagen von Birken und Lärchen nachweisen.(*FN#151* StadtAHx B XV, Nr. 95. Eingekaufter Lärchensamen sollte wohl eher auf den trockenen Hanglagen von Ziegenberg und Brunsberg ausgebracht werden.*FN*) Die Waldflächen im Bereich der Schießstände einschließlich des Wolfswinkels und am unteren Osthang des Brunsberges entstanden erst seit den frühen 1960er Jahren, als die Wiederaufforstung von nicht genutztem Ödland vor allem mit Erle einsetzte.(*FN#152* Frdl. Auskunft von Stadtförster Johannes Happe. *FN*) Auf diese Maßnahmen gehen die gegenwärtigen Erlenbestände mit Bruchwaldcharakter im Bereich des großen Grundlosen zurück.
Eine Kolk stellt noch im Verständnis des 19. Jahrhunderts ein vom Wasser ausgespültes Loch dar, kann aber auch ganz allgemein für ein natürlich oder künstlich entstandenes Erdloch stehen.(*FN#153* DWB Bd. 11, Sp. 1613. *FN*) 1371 ist der Erwerb einer der Abtei Corvey zustehenden Wiese durch die Stadt Höxter überliefert, die in der Kolcht under deme Segeberghe lag und an den Taubenborn (duueborne) grenzte.(*FN#154* StadtAHx Urk. 79.*FN*) In etwa gleichzeitig überliefert das älteste corveysche Lehnsregister (um 1350) einen Zehnten aus dem loco dicto Kolc prope Huxaria, der sich im Besitz des Knappen Werner zur Lippe befand.(*FN#155* CL, Art. 205.*FN*) In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts stellte die Kolc offenbar kein offenes oder versumpftes Gewässer mehr dar, sondern wurde zu Weide- und Ackerland genutzt.
Abb. 15: | Grundlose am Rand eines Erlenbestandes (links) und einer Kiesabgrabung (rechts im Hintergrund). (Foto: M. Koch; April 2005). |
Die erste Überlieferung der Bezeichnung Grundlose liegt abschriftlich 1467 und urschriftlich 1531 vor, als jeweils in der Nähe Ackerland beschrieben wurde.(*FN#156* KZ II, fol. 130 (1467); StAM CU, Nr. 783 (1531; FW).*FN*) Seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts liegen Nennungen weiterer Grundlosen vor, z. B. bei Bruchhausen, Albaxen und im höxterschen Brückfeld.(*FN#157* Belege liefert StadtAHx Flurnamensammlung Willemsen und die Grenzstreitkarte von 1674 in der Fürstlichen Bibliothek Corvey, vgl. Koch 2005, S. 213 f. mit Abb. 6.*FN*) Im Fall der Grundlosen beim Taubenborn wird angenommen, dass es sich um Erdfälle über Salz- oder Gipsauslaugungen an der Basis des Röt oder im Zechstein handelt.(*FN#158* Averdieck/Preywisch 1995, S. 59 f.; zur Entstehung eines Erdfalles Lepper 1991, S. 17, Abb. 5.*FN*) Bekannt sind Hanns-Dieter Mitzka zwölf Erdfälle: Zwei von ihnen liegen im Uferbereich einer großen Kiesabgrabung, während nur einer im Rahmen des Kiesabbaus vollständig abgegraben wurde.
Alle anderen wurden u. a. mit Abraum, Schutt und Baumresten teilweise verfüllt, sind aber bis heute erhalten, zeitweilig mit Wasser gefüllt und lassen sich im Gelände erkennen.(*FN#159* Frdl. Mitteilung von Hanns-Dieter Mitzka, der zudem darauf hin weist, dass früher zusätzlich eine "grabenartige Senke mit hohem oder dauerhaftem Wasserstand" existierte, die vollständig abgegraben wurde. Vgl. Averdieck/Preywisch 1995, S. 59, Abb. 2, die zehn Grundlose auf Luftbildkarten von 1956 erkennen konnten.*FN*)
Bis ins 18. Jahrhundert hinein wird von den Grundlosen unterhalb des Ziegenbergs wohl ausschließlich in der Mehrzahl gesprochen. Erst 1797 ist von dem Wasser einer Grundlose die Rede.(*FN#160* StAM CA, Nr. 767 (FW).*FN*) Um zu verhindern, dass das Weidevieh hineinfiel, ließ man 1820/21 – sicherlich nicht zum ersten Mal – einen Zaun um die Grundlose machen.(*FN#161* StadtAHx B XV, Nr. 95, Bd. 1.*FN*) Erst aus der jüngeren Schriftüberlieferung um 1800 gibt sich ein weibliches grammatisches Geschlecht zu erkennen. Hierfür mag aber auch die plausible Annahme sprechen, dass Kolk und Grundlose denselben Gegenstand bezeichnen. Schon Averdieck/Preywisch (1995) mutmaßten eine Identität oder unmittelbare Nachbarschaft von einem der beiden in der Schriftüberlieferung als Kolk bezeichneten "rundlichen stehenden Gewässer" und den Grundlosen als "ausgefülltem Einsturztrichter".(*FN#162* Averdieck/Preywisch 1995, S. 60, vgl. S. 59, Abb. 2.*FN*)
Der wohl aus der Kolk beim Taubenborn abgeleitete Klockenhof (Klockenhoue) lässt sich ab 1507(*FN#163* StAM CU, Nr. 677 (FW). Auch Willemsen stellt in ihrer Flurnamenarbeit Klockenhoue zu Kolkhof.*FN*) belegen und war wohl als landwirtschaftliche Nutzfläche (Meierhof(*FN#164* Zu den Meierhöfen im Besitz höxterscher Bürger siehe Rüthing 1986, S. 257-260 und 452 f. Wie im Fall des Dorenhofs im Brückfeld, Koch 2005, S. 200, können solche Höfe gelegentlich auf wüst gefallene Siedlungen zurückgehen.*FN*)) am Ende des 17. Jahrhunderts corveysches Lehen der Familie Tonnemann. Zubehör waren der Grabe und die Fischerey auf dem so genannten Bruche über den Siechen Hausse und steinern Brücke auf der Sandwiesse.(*FN#165* StAM CA, Nr. 1618 (Ende 17. Jh.; FW), PAC VII, Nr. 5 (1775; FW).*FN*) Vom Klockenhof beim Taubenborn zu unterscheiden ist der Kolckhoiff, der 1554 upp der Santwis benedden dem Halsgericht schetende mith eynem Ende upp de Wesser twischen des Luchten Lande [...] und Rauens Hoiffe lag.(*FN#166* StAM CU, Nr. 883 (FW).*FN*) Zwischen der Mitte des 14. Jahrhunderts und der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gelangte die Familie von der Asseburg in den Lehnsbesitz umfangreicher corveyscher Ländereien auf der Sandwiese bzw. im Stummrigefeld, darunter der Kalckhoue mit allen Nutzungen und Zubehörungen in der Veltmarcke vor Hoxer im berg[...] in dale in Holtze velde und watter.(*FN#167* Corveysche Lehen derer von der Asseburg in KZ I, fol. 40v-41r, 49r, II, fol. 155; mutmaßlich war auch dieser Landbesitz zehntfrei. Neben dem Kalckhoue besaßen sie einen Zehnt auf der Sandwiese, vier Stige [80] morgen Landes [ca. 20 Hektar!] daselbest, weitere neun Morgen, noch einmal neun Morgen bouen der steinbrug und neun Morgen darkegen ouer sowie de Hoppenhoue under dem sekenhuse.*FN*) 1480 wechselten mit Zustimmung des Lehnsherren Bartold von der Asseburg u. a. drei Morgen und ein Gart auf dem Broke uppe der Kolcke sowie ein Landstück auf dem benachbarten Obroke den Pachtbesitzer.(*FN* KZ I, fol. 44r.*FN*) 1593 besaß der höxtersche Bürger Johannes Kock das Kolck stucke by dem Obroke bzw. den Kolckhoiff als Meierhof von Ludwig von der Asseburg, der sich mit der Abtei Corvey wegen Lehnsentfremdung auseinandersetzen musste, zur Pacht.(*FN* KZ I, fol. 47r, und II, fol. 66r; ebd. II, fol. 207.*FN*)
Streitigkeiten mit dem Corveyer Abt u. a. um Waldbesitz im 14. Jahrhundert demonstrieren, dass die Stadtgemeinde Höxter bestrebt war, Wald- und Weideland unter ihren Einfluss zu bekommen.(*FN* Vgl. Rüthing 1986, S. 273.*FN*) Grundbesitz an Wald- und Weideflächen wurde zu Gemeinland oder Allmende umgewidmet und dann der gesamten Bürgerschaft zur Verfügung gestellt. Zur Nutzung zugelassen waren in der Regel nur Vollbauern und Bürger, während die ländlichen und städtischen Unterschichten zumeist ausgeschlossen blieben.(*FN* Zur weitreichenden Bedeutung der Allmende siehe z. B. Schubert 1992, S. 88 f.*FN*) Vermutlich im Rahmen ihrer Allmendepolitik erwarb die Stadt 1371 eine Wiese in der Kolk beim Taubenborn sowie 1428 Land und Nutzungsrechte östlich unterhalb des Brunsberges: Bereits zuvor hatte die Stadt Höxter hier Ackerland von Gottschalk von Boffzen verpfändet erhalten und nun billigte er der Stadt außerdem ein Weiderecht im Risch-Bruch zu sowie das Recht, auf dem Pfandbesitz nach eigenem Ermessen zu roden.(*FN* StadtAHx Urk. 24, Regest bei Leesch 1961, S. 300.*FN*) Dieses Rodungsrecht scheint sich nicht auf das Gehölz in den stocken beschränkt zu haben und somit auf einen Gehölzbestand im Risch hinzuweisen.
Im Oberweserraum erscheint für das Gemeinland die Bezeichnung Woldemeyne oder Wallmey.(*FN* Frühneuzeitliche Belege in den Gemarkungen Bosseborn, Ovenhausen, Albaxen und Ottbergen finden sich in StadtAHx Flurnamensammlung Willemsen; zum genossenschaftlichen Weidebetrieb Lappe 1942, S. 49-70. Die Bezeichnung tritt z. B. auch als waldemene im Umfeld der Stadt Herford 1293 (WUB IV, Nr. 2242, S. 1018) und als Woldemene in der Stadtrechtsbestätigung für Driburg 1345 (Archiv für Geschichte und Alterthumskunde Westfalens 2 (1828), S. 361-364) auf.*FN*)
Schon im ersten Wortbestandteil wird deutlich, dass der Wald bzw. die Waldweide auf der Allmende vorherrschte, wobei der ursprüngliche Wald durch fortwährende Beweidung immer lichter wurde, bis nach fließenden Übergängen auf der Niederterrasse und in den Brüchen der Weseraue schließlich offene Weideflächen entstanden waren.(*FN* Pfeiffer 1993, S. 1533; vgl. LexMA Bd. 1, Sp. 439 f. Um Rodungen in der waldemene stritten 1293 Kloster und Stadt Herford, WUB IV, Nr. 2242, S. 1018.*FN*) 1520 werden zwei Morgen Land auf der Sandwisch verpfändet, deren nähere Lage am Helleweg bei der Woldemeyne beschrieben wird(*FN* KZ II, fol. 94 f.*FN*) – zugleich ein Beweis für die vollzogene Integration des hier gelegenen Risch-Bruches in die städtische Allmende. Ältere Belege für den Wortgebrauch liegen für Höxter nicht vor, sollten jedoch bereits im hohen Mittelalter existiert haben. Weiterhin verweisen die an mehreren Orten im Stummrigefeld überlieferten Triften und Anger-Flurnamen (z. B. Hainanger am Oberen Werder, Anger beim Landwehrturm) unmittelbar auf städtische Allmende.
In einem Vergleich zwischen Stadt Höxter und Stift Corvey (1573) ist von den strittigen Besitzungen Ziegenberg, Brunsberg, Siekbruch und kleinem Bruch auf der Sandwiese die Rede, welche die Stadt künftig als Erblehen besitzen soll.(*FN* StadtAHx Urk. 150 und 91; vgl. Bocholtz-Asseburg 1896, S. 180.*FN*) Die beiden genannten Brüche erscheinen noch im 15. Jahrhundert im Besitz der Familie von Boffzen und seit 1571 des Christoffer von Amelunxen, während sie wohl von einzelnen Bürgern Höxters pacht- oder pfandweise genutzt wurden. Faktisch waren der Ziegenberg und teilweise auch der Brunsberg bereits durch die Landwehr in den von der Stadtgemeinde beanspruchten Verfügungsbereich mit eingeschlossen. Um diesen Waldbereich wurde in der frühen Neuzeit mit den Bewohnern Godelheims und Bosseborns oder dem Rittergutinhaber von May-gadessen gestritten(*FN* Bocholtz-Asseburg 1896, S. 181 f., 229.*FN*) – deutlicher Hinweis auf knapper werdende Weideflächen.
Abb. 16: | Wegeführungen zwischen Stummrigetor (links) und Hainanger (rechts) vor dem Chausseebau um 1830. Ausschnitt aus: StADt D 73 Tit. 5, Nr. 2792. |
Zur höxterschen Woldemeyne im Stummrigefeld führte der bereits erwähnte gemeine Drifft Wegh oder Meineweg (Abb. 1, 16). Im Zuge neuer Grenzsteinsetzungen 1824 unter dem Ziegenberg wurde die Breite des Angers oder Trift Weges mit 1 Rute 5 Fuß (ca. 5 m) bis zu 6 Ruten 6,5 Fuß (ca. 23 m) angegeben.(*FN* StadtAHx B XV, Nr. 98.*FN*) 1831 sollte parallel zur neuen Chaussee am Fuß des Ziegenbergs eine neue Trift von 20 Fuß (knapp 6 m) Breite angelegt werden, weil das Vieh, welches zur Hude unter dem Brunsberg getrieben wird, täglich zweimal die Chaussee betreten, den Weg und die Obstbepflanzung verderben muß.(*FN* StadtAHx B XI, Nr. 36.*FN*)
Der Weideanger im Bruch wird in der Bestandserfassung des städtischen Vermögens von 1814 mit 50 Morgen (ca. 12,5 Hektar) angegeben.(*FN* StadtAHx A XX, Nr. 24, fol. 6v.*FN*) Eine östliche Trift lässt sich im Stummrigefeld über den Hainanger, entlang der Schweine-Träncke am Weserufer (Abb. 7), über die Flur in der Trift (Urkataster 1830-32) und den Anger beim Landwehrturm bis an den Risch-Bruch rekonstruieren.
Bekanntlich seit dem ausgehenden Mittelalter und in der frühen Neuzeit wurden im Oberweserraum und in den benachbarten Gebieten Schafherden gehalten, deren Fleisch und Wolle auf den Markt vor Ort gebracht oder über die Weser und Landstraßen in die Niederlande verhandelt werden konnte. Frühe Belege, wie die Schafwerke von Albaxen und Stahle des 14. Jahrhunderts,(*FN* Sie waren corveysche Lehen des Hermann von Niggenkerken, Bocholtz-Asseburg 1896, S. 48 und 242; zur Schafzucht vgl. Rüthing 1986, S. 260 f., 271-273.*FN*) fehlen im Stummrigefeld. Einen Teil der Allmende im Stummrigefeld verpachtete die Stadt aber zumindest seit dem 17. Jahrhundert als Schafferey und Trifft. Mehrfach erscheint diese ab 1649 jeweils auf mehrere Jahre im Pachtbesitz des höxterschen Bürgers Hans Meyer.(*FN* StadtAHx A XVIII, Nr. 6, Bd. 2, fol. 338 (1649), 364 (1656). Ältere Nachrichten zur Schäferei im Stummrigefeld wären zu erwarten, liegen aber gegenwärtig nicht vor.*FN*) 1659 wurde nach Streitigkeiten zwischen dem Pächter und der Hudegenossenschaft ein neuer Vertrag geschlossen: Weil die Hudegenossenschaft durch die Schaftrift in ihrer Feldmark viel Verdruß und wiederwerttigkeiten auszustehen gehabt hätten und fast ein Jedweder nunmehr Schaffe wieder zugelegt und die Hude betreiben könten, einigten sie sich mit dem Pächter, ihm ersatzweise Land einzuräumen und seinen Pachtvertrag mit dem Rat zu übernehmen.(*FN* StadtAHx A XVIII, Nr. 6, Bd. 2, fol. 371-373.*FN*) Als in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Aufteilung (Separation) von rund 22 Morgen (ca. 5,5 Hektar) Allmende-Weidefläche bei Godelheim durchgeführt werden sollte, wurden als Weideberechtigte die Gemeinde Godelheim mit einer Schafherde von 500 Stück, die Herrschaft Corvey mit einer gleich großen Schafherde und die Stadt Höxter mit zwei Schafherden zu jeweils 300-400 Stück neben einer Anzahl von etwa 150 Kühen des ersten und zweiten Stadtviertels erwähnt.(*FN* StadtAHx B XV, Nr. 152. Umfangreiche Maßnahmen zur Kultivierung des städtischen Bruches unterm Ziegenberge zur Kuhweide, d. h. Entwässerung durch Anlage von Gräben und Röhren, wurden zu Beginn der 1860er Jahre durchgeführt, StadtAHx B XV, Nr. 127. Die Akten berichten über Erfolge und weiterhin bestehende Missstände.*FN*)
Der Umfang des Ackerlandes im Stummrigefeld ist für das Mittelalter und die frühe Neuzeit schwer abzuschätzen. Für zahlreiche Ackerstücke war die Stadt Höxter in den Besitz von Zehntrechten(*FN* Ursprünglich stand der Zehnt einer kirchlichen Institution zu und betraf die Abgabe des zehnten Teiles der geernteten Feldfrüchte, eine umfassende Darstellung bietet z. B. LexMA Bd. 9, Sp. 499-502.*FN*) gelangt. Daneben gab es umfangreichen zehntfreien Landbesitz, der wohl auf Eigenbesitz der Abtei Corvey oder den Besitz landesherrlicher Amtsträger zurückging. Das Kleingedenkbuch der Stadt Höxter überliefert ab 1566 einen städtischen Bediensteten, der den Färbeker Zehnt (Ferbecker thegeden) einsammelte. Zum Lohn erhielt er Geld oder Getreide sowie den Zehnt von Flachs (Lein) und Kohl sowie seit 1573 zusätzlich den Graszehnt von zwei Wiesen bei der Steinbrücke.(*FN* StadtAHx A XVIII, Nr. 6, Bd. 1, fol. 106r, Bd. 2, fol. 334. Aus dem im Kleingedenkbuch überlieferten Eid des Zehntsammlers werden seine Pflichten und Vorgehensweise ersichtlich, ebd., Bd. 2, fol. 283 f.*FN*) Mutmaßlich organisierte die Stadt unter dem Sammelbegriff Färbeker Zehnt kleinteilige Zehntrechte im Stummrigefeld, es gibt hingegen keinen eindeutigen Quellenhinweis darauf, dass dieser Zehnt aus einer etwa Ferbeke oder Waritbeke genannten Siedlung mit ihrer Flur im Obroke hervorging.(*FN* Ringleb 1960, S. 13-17, findet eine Altflur im Obroke und verbindet damit Wigand 1831, S. 178, wobei aber bereits auffällt, dass sich kein entsprechender Flurname erhalten hat; Stephan 1978 nennt keine derartigen Wüstungen; Schütte 1992, S. 78, verwirft alle Annahmen, da keine späteren Belege vor Ort vorhanden sind; Rabe 1998, S. 200, erwägt ohne hinreichenden Beleg erneut eine Wüstung Ferbeke.*FN*)
Verlässliche Zahlen von Ländereien in der stummerthörischen Feldtmarckt werden erst Ende des 17. Jahrhunderts genannt, wenngleich diese nicht den ganzen Umfang darstellen:(*FN* StadtAHx A XVIII, Nr. 6, Bd. 2, fol. 406.*FN*) Von 212 Morgen (ca. 53 Hektar) Ackerland stand der Stadt 1694 der Zehnt zu. Das entsprach grob einem Sechstel der Gesamtfläche und einem knappen Drittel der auf der Bonitierungskarte des Urkatasters (1830-32) angegebenen Ackerflächen mäßiger bis guter Qualität zwischen Höxter und Landwehr (Abb. 6).
Fast ein Drittel dieses mit dem Zehnt belasteten Landes wurde mit Roggen und ein Fünftel mit Gerste bebaut.(*FN* Zehnteinnahmen von der Wüstungsflur Dudexen bei Bosseborn lassen einen deutlichen Wechsel von Feldfrüchten und Ernteerfolg von Jahr zu Jahr erkennen, vgl. Kleingedenkbuch und Rabe 1998, S. 199.*FN*)
Grundfläche in Anbaupflanze Morgen / Hektar Prozent Roggen 66 16,5 31,1 Gerste 41 10,3 19,3 Weizen 14 3,5 6,6 Hafer 15 3,8 7,1 Rauzeuch 31 7,8 14,6 Flachs 4 1 1,9 Wintersaet 1 0,3 0,5 Brache 25 6,3 11,8 wüstes Land 15 3,8 7,1 Summe 212 53,3 100 Tab. 1: Ackerbau im Stummrigefeld auf Land, von dem der Stadt Höxter 1694 der Zehnt abzustatten ist (StadtAHx A XVIII, Nr. 6, Bd. 2).
Fast 15 Prozent machte Rauzeuch aus, womit Früchte von rauhem Äußeren, z. B. mit Stacheln oder sperrigen Ranken gemeint sind(*FN* DWB Bd. 14, Sp. 275, mit nur einem Beleg von 1886.*FN*) – vielleicht rechnete man gegen Ende des 17. Jahrhunderts den in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nachweislich hier angebauten Kohl oder Wicken mit zum Rauzeuch. Demgegenüber kam Weizen, Hafer und Flachs (Lein) nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Auf die Wintersaat von Weizen wurde wohl aufgrund der vom Hochwasser gefährdeten Ackerlagen weitgehend verzichtet.(*FN* Aus diesem Grund bevorzugte man um 1600 auf dem Niederen Werder Sommerfrucht, Koch 2005, S. 216.*FN*) Darüber hinaus lagen 1694 rund sechs Hektar Ackerland brach. In dem brach liegenden oder mit Rauzeuch bebautem Land erkennt man typische Elemente einer Mehrfelderwirtschaft, während für eine möglicherweise mittelalterliche Dreifelder- oder Dreizelgenwirtschaft mit seiner regelmäßigen Fruchtfolge von Sommer-, Wintergetreide und Brache(*FN* LexMA Bd. 3, Sp. 1377-1381. Auf dem Urkataster erscheint nur der Flurname in der grossen Gewanne.*FN*) kein sicherer Hinweis vorliegt. Vier Hektar waren mutmaßlich durch aufgewachsenes Busch- und Rankenwerk verwildert und somit zu Driesch, Ödland oder wüstem Land, geworden. Sie waren wohl nicht einmal als Weidefläche zu gebrauchen und mussten durch Rodearbeit und Pflügen erst wieder nutzbar gemacht werden. Genauere Angaben zum Umfang der städtischen Weidefläche, des zehntfreien Ackerlandes oder nicht der Stadt gehörigen Ländereien liegen nicht vor. Der ausschnitthafte Zustand von 1694 bedarf ergänzender Untersuchungen.
Gartenfrüchte sind aus dem Mittelalter mit Ausnahme des Hopfens nicht schriftlich überliefert, ihre Überreste wurden aber von der Stadtarchäologie Höxter vielfach auf mittelalterlichen Fundstellen geborgen und untersucht.(*FN* Wolf 2003, S. 234-256. *FN*) Ein kontinuierlicher Obstanbau, darunter z. B. von Süßkirsche, Sauerkirsche, Pflaume und Maulbeere, ist in Höxter zumindest seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts nachgewiesen.(*FN* Wolf 2003, S. 251 f.*FN*)
Im 16. Jahrhundert erfährt man im Stummrigefeld vom Anbau von Kohl, Flachs und Rauzeuch, die aber wohl überwiegend als Feldfrüchte zum Anbau gekommen sein dürften. Gärten mit Obstbäumen, Anbau von Hopfen und verschiedenen Gemüsepflanzen lagen über weite Strecken an der Innenseite der höxterschen Stadtmauer sowie in deren unmittelbarem Vorfeld.(*FN* Rüthing 1986, S. 46-48, 54, 254 ff.; zum Brückfeld zuletzt Koch 2005, S. 215.*FN*)
Abb. 17: | Ausschnitt aus einer Übersichtskarte des Urkatasters von 1831 mit gestrichelt dargestellten Gartenflächen im Süden der Stadtbefestigung Höxters und oberhalb der Chaussee. |
Frühe Belege für Höxter, die vermutlich Gartenflächen betreffen, stammen erneut aus dem 14. Jahrhundert: Am 22. September 1383 wurde der höxtersche Bürger Geverd Strolin vom Corveyer Propst Siverd Boze mit acht Morgen Land, genannt das Hukelhol – jüngere Schreibweisen lauten Luxhol, Lucashol –, am unteren Hangbe- reich des Ziegenbergs (Abb. 1) belehnt.(*FN* Zu Beginn des 19. Jh. hatte man auf Teilen des Lucas Hol Birkensamen ausgesät. Das daraus entstandene Birkengebüsch war aber 1820 mit Dorngebüsch stark durchwachsen und in schlechtem Zustand, StadtAHx B XV, Nr. 98. Der Name wird sich aus einer Hohlform oder Höhlung ableiten.*FN*) Wohl unmittelbar vor dem südlichen Stadttor lag im 14. Jahrhundert der Stadt zinsbarer Hofbesitz (curia) von Conrad Bode und Herman Elye.(*FN* HG, fol. 56v.*FN*) Auch auf der Bonitierungskarte des Urkatasters (1830-32) werden Gartenflächen unmittelbar südlich vor der Stadtbefestigung und entlang der Landstraße dargestellt (Abb. 17). Vertiefende Untersuchungen über mittelalterliche und frühneuzeitliche Gartenflächen im Altstadtbereich Höxters wären wünschenswert, um siedlungsgeschichtliche Fragen und das mutmaßliche Bild einer spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen "Gartenstadt" Höxter zu überprüfen.
Von großer Bedeutung für die Getränkeversorgung der Bevölkerung war im Mittelalter und in der frühen Neuzeit der Anbau von Hopfen zum Brauen von Bier, wobei vor allem die konservierende Wirkung des Hopfens geschätzt wurde. Die Anfänge des Hopfenanbaus im Wesertal stehen sicherlich in enger Beziehung zum Kloster Corvey. Bereits aus der Frühzeit des Klosters sind die Statuten von Adalhard (822-826), Abt von Corvey an der Weser und Corbie an der Somme, überliefert, der die abhängigen Müller u. a. von der Pflicht des Sammelns von wildem Hopfen, einer typischen Pflanze in trockeneren Bereichen der Flussaue, befreite. Aufgrund steigenden Verbrauches als Bierwürze und Konservierungsmittel kann man von einem Anbau von Hopfen zumindest seit dem hohen Mittelalter ausgehen.(*FN* Zur kulturgeschichtlichen Bedeutung von Bier Schubert 2006, S. 206-231, im hochmittelalterlichen Höxter Wolf 2003, S. 253 f.; zu Corvey auch Stephan 2000, S. 195. *FN*) Schriftliche Nachrichten über die Lagen des Hopfenanbaus im Stummrigefeld und auf den benachbarten Hanglagen setzen in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ein. Von vorangehenden Weingärten oder Weinbergen liegen hingegen keinerlei Belege vor. Sie können aber durchaus vermutet werden, da Weinreben aufgrund ähnlicher Standortansprüche häufig die Vorgängerkultur für den spätmittelalterlichen Hopfenanbau darstellen.(*FN* Frdl. Hinweis von Prof. Dr. Winfried Türk. Wolf 2003, S. 253, spricht von einer sehr großen Wahrscheinlichkeit, dass Wein lokal vielleicht schon seit dem 9. Jh. angebaut wurde. Urkundlich belegt ist der Weinanbau am Bielenberg zur Zeit des Abtes Widukind (1189-1203). Weitere Hinweise werden im Rahmen eines FH-Projektes zum historischen regionalen Weinanbau im Wintersemester 2007/08 zusammengestellt.*FN*)
Dass man grundsätzlich die unteren Hangbereiche von Ziegenberg und Brunsberg im Mittelalter für geeignet halten konnte, belegen zudem Empfehlungen des Gelehrten Albertus Magnus in seinem Werk De vegetabilibus (um 1256), wonach in kalten und gemäßigten Zonen Weinberge auf den relativ windgeschützten Süd- und Osthängen angelegt werden konnten.(*FN* Wunderer 2001, S. 44 f.; zur Person des Albertus Magnus LexMA Bd. 1, Sp. 294-299.*FN*)
Der Grund und Boden am Brunsberg befand sich nach der Aufgabe der Landesburg um 1300 weiterhin in der Hand der Abtei Corvey, welche daraus Zehnt- und Pachteinnahmen erzielte. 1365 verkauften Abt Reiner von Dalwig (1364-69) und der Konvent zu Corvey an Adelheid, Witwe des Ratsherren Johannes Piddenhusen, und ihre beiden Söhne für 16 Mark Silber höxterscher Währung eine Jahresrente von anderthalb Mark Silber. Bedeutsam ist dabei, dass die Rente aus den corveyschen Einkünften an Hopfen (humulus) und Getreidefrucht (annona) vom Brunsberg und Ziegenberg gezahlt werden sollte.(*FN* StadtAHx Urk. 182. Bocholtz-Asseburg 1896, S. 175, belegt die Durchführung einer solchen Rentenzahlung. *FN*) Im selben Jahr werden dreizehn Morgen Hopfenberg am Ziegenberg erwähnt, was einer Fläche von rund 3,25 Hektar entspricht.(*FN* StAM CA, Nr. 1439 (FW).*FN*) Zehneinhalb Morgen Hopfenberg lagen 1390 ausdrücklich in einem Stück am Fuß des Ziegenbergs und des Brunsbergs und erstreckten sich bis vor die Landwehr. Drei weitere Morgen lagen ebenfalls am Ziegenberg zwischen den Hopfenbergen der Brüder Heinrich und Hermann Swerting. Der große und der kleine Hopfenberg gehörten einst dem Bürger Johannes Rolves, der sie testamentarisch zu wohltätigen Zwecken vermacht hatte. Dennoch befanden sie sich 1390 nach ihrer Belehnung durch den Corveyer Abt im Besitz der Brüder Helmbert und Nolte Helmbert.(*FN* Linneborn 1920, Nr. 185, S. 74. Die Angelegenheit wird vor dem bischöflich paderbornischen Offizialatsgericht verhandelt.*FN*) Von den drei Morgen Hopfenberge des Bürgers Henke Clenesmed (Kleinschmied) sind 1,5 Morgen an dem Berge gegenüber der Zandwisch zu lokalisieren (1400).(*FN* StAM Brenkhausen Urkunden, Nr. 105.*FN*) Dass sich Hopfenberge mutmaßlich ganz entlang des Ziegenbergs und Brunsbergs erstreckten, wird durch eine Nachricht im so genannten Tagebuch des Bürgermeisters Heinrich Manegold (1613-33) zum Winter 1513/14 unterstrichen: In besagtem Winter staute sich das Eis vor der Weserbrücke unter dem Hopfenberg her und bis unter den Brunsberg auf.(*FN* StadtAHx A XXI, Nr. 1, fol. 11r.*FN*)
Auch in den flachen Lagen des Stummrigefeldes wurde Hopfen in Gärten angebaut.(*FN* Von Averdieck/Preywisch 1995, S. 62, hinzugezogene Hopfenberge von 1357 liegen nicht nachweislich am oder im Stummrigefeld.*FN*) Albert von Boffzen verpfändete Wiesenland bouen den hoppengharden (1405)(*FN* StadtAHx Urk. 188.*FN*) und sein Nachkomme Gottschalk von Boffzen Ackerland kegen der hoppegharden up der sandtwisck und eine Wiese beneden dem hoppengarden aldernegst dem luttken broke (1452).(*FN* KZ II, fol. 117.*FN*) Wenige Jahre später wird der hoppenberg oder hoppengarten eines höxterschen Bürgers im Stummrigefeld twischen dem widenbrocke und dem zege genannt (1477).(*FN* KZ I, fol. 78r-84v, II, fol. 180, Regest bei Leesch 1961, S. 238, 257. Ziegenhirt bringt beide im wesentlichen gleichbedeutende Bezeichnungen.*FN*) Als einen Teil der Leibzucht von Sanne, Witwe Henrich Blottvogels, und ihrer Kinder führt Abt Hermann 1495 einen Hopfenhof an der Weser unterhalb des Breiten Busches auf.(*FN* KZ II, fol. 140, Regest bei Leesch 1961, S. 513 f., Lokalisierung nach Leesch.*FN*) In einem Verzeichnis corveyscher Lehngüter derer von der Asseburg werden gleich mehrere Hopfenhöfe beim Siechenhaus (under dem sekenhuse) erwähnt(*FN* KZ II, fol. 154.*FN*)
Und unmittelbar vor dem Stummrigetor lag ein ab 1558 genannter zehntfreier Hopfenhof.(*FN* StAM CA, Nr. 1507 (FW), jüngere Belege in StadtAHx Flurnamensammlung Willemsen. In einer Kartenskizze von 1588 sind südlich von Holzminden geeignet erscheinende Lagen für den Anbau von Wein, Hopfen und Nussbäumen vermerkt worden, StAWb 2 Alt Nr. 10379, fol. 63, zitiert nach Kastler/Lüpkes 2000, S. 34 f.*FN*)
1392 verpfändete Abt Bodo (1371-94) den Hopfenzehnten und die Pacht am Brunsberg und großen Ziegenberg für 200 Goldgulden an Hermann Graf von Pyrmont und Knappe Burchard von Reden.(*FN* Bocholtz-Asseburg 1896, S. 175.*FN*) In etwa zur selben Zeit schwelte ein Streit zwischen dem Stift Corvey und der Stadt Höxter um den Hopfenzehnten: Angeblich hatten sich einzelne höxtersche Bürger, namentlich genannt wird Bürgermeister Geverd Strolin mit seinen Gesellen, denselben widerrechtlich angeeignet, während das Kloster ihn dreißig Jahre und länger unbestritten genutzt und besessen haben wollte. Der Abt wurde in seiner Ansicht von den Schiedsleuten bestärkt.(*FN* Wigand 1858, S. 186-189.*FN*) Die Ansprüche der höxterschen Bürger mochten daraus resultieren, dass faktisch Anbau und Nutzung von Hopfen ganz überwiegend in der Hand der Bürgerschaft lagen.
Von Abt Arnold von der Malsburg (1435-63) schließlich erhielt die Stadt Höxter 1437 die Zehnten am Brunsberg und Ziegenberg gegen Zahlung eines Jahreszinses von sieben Gulden verpfändet, welche die Abtei erst 1705 wieder einlöste.(*FN* Bocholtz-Asseburg 1896, S. 175.*FN*) Spätestens in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts umfasste der Brunsbergzehnt aber wohl nur noch Getreide.(*FN* Siehe Kleingedenkbuch, StadtAHx A XVIII, Nr. 6 (1566-1698 in zwei Teilen).*FN*) Die Stadt beschäftigte einen Hopfenmesser und verpachtete ihren Hopfenzehnt.(*FN* Ein Ortsbezug wird zumeist nicht angegeben, explizit nennt das Kleingedenkbuch nur den Hopfenzehnt im Brückfeld.*FN*) Für das Jahr 1582 wird ausdrücklich eine gute Hopfenernte vermerkt, so dass der Pächter Henrich Vischer dafür dreieinhalb Reichstaler entrichten musste.(*FN* StadtAHx A XVIII, Nr. 6, Bd. 2, fol. 59. *FN*) Johan von Jülich genannt Gulecker stand fast vier Jahrzehnte in städtischen Diensten, wobei er neben den Aufgaben eines Landwehrhüters zugleich jene als Gerichtsknecht und Hopfenmesser wahrnahm. In letztgenannter Eigenschaft oblag ihm die Aufbewahrung des Hopfenscheffelmaßes(*FN* StadtAHx A XVIII, Nr. 6, Bd. 2, fol. 231.*FN*) und er verwaltete die 1572 genannte städtische Hopfenmühle (Hoppenmolen).(*FN* StadtAHx A XVIII, Nr. 6, Bd. 1, fol. 94r und 128v. Eine nähere Ortsangabe fehlt.*FN*) Vermarktet wurde Hopfen um 1600 auf der Südseite des Rathauses.(*FN* Rabe 1998, S. 43; zum Brauereigewerbe um 1600 ebd., S. 114-117.*FN*)
Der allmähliche Niedergang des auf den Export ausgerichteten höxterschen Brauereigewerbes und vielleicht auch des Hopfenanbaus selbst könnte sich seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts abzeichnen.(*FN* Zum höxterschen Brauwesen der frühen Neuzeit Lappe 1942, S. 121-144, wobei er den Hopfenanbau im Umfeld der Stadt nur marginal berührt, ebd., S. 128.*FN*) Einige der Hopfenhöfe bestanden dem Namen nach noch um 1800, wurden aber nun anders genutzt: So war z. B. ein Teil der Landwehr vor Godelheim, welcher der Hopfen-Hof genant wird, 1768 eine mit einer Hecke eingefasste Wiese.(*FN* StadtAHx A III, Nr. 3.*FN*) Auch die in der Gemarkung Höxters liegende Hoppenbergische Wiese von 1665 steht wohl für einen aufgegebenen und umgewandelten Hopfenberg,(*FN* StAM CA, Nr. 1108 (FW). Die gegensätzliche Tendenz könnte sich bei Ottbergen abzeichnen, wo z. B. 1777 eine Wiese in einen Hopfenhof umgewandelt wurde, StAM CA, Nr. 1845 (FW).*FN*) während z. B. ein Hopfenberg obig dem Lukess Hohle (1677) weiter Bestand hatte.(*FN* StAM CA, Nr. 1520 (FW). Das Lukashohl liegt südlich in der Nähe des ehemaligen Felsenkellers.*FN*)
Der Fischfang im Wesertal weist eine lange Tradition auf(*FN* Die Stadtarchäologie Höxter fand bei Grabungen in der Nähe des Rathauses u. a. einen möglichen Beleg für den lokalen Fischfang: einen knöchernen spindelförmigen Knebel, für welchen eine Funktion als Angelhaken speziell für Hecht und Wels in Betracht kommt und der in das 11. Jh. datiert, König/Rabe/Streich 2003, S. 162 f. mit Abb. 47.4. *FN*) und besaß sicherlich für die Ortschaften am Fluss eine große Bedeutung. Fischfang wurde mit Netzen, Körben und Angeln, aus Booten und Brückwagen heraus betrieben. Heinrich Rüthing geht davon aus, dass um 1500 ein großer Teil der Bevölkerung Höxters vom Fischverbrauch der Mitbürger und anderer Abnehmer leben konnte, wobei insbesondere der Fischbestand der Weser eine große Rolle spielte.(*FN* Rüthing 1986, S. 163-167, 233 f., hier: S. 163.*FN*) Als Maßnahmen des Schutzes und der Pflege von Fischbeständen betrieb die Fischergilde zu Höxter Brutpflege und setzte Brutmeister ein, die überwachten, dass keine zu kleinen Fische oder Aufzucht gefangen wurden. Um 1600 befand sich der Fischmarkt auf der Südseite der St. Kilianikirche.(*FN* Rabe 1998, S. 110-112.*FN*) In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts befand sich ein Fischwehr im Besitz der Stadt, für dessen Verwaltung aus den Reihen der Ratsmitglieder Wehrherren erwählt wurden. Wehrbuwer, bei denen es sich in der Regel um Fischer handelte, wurden vom Rat beauftragt, sich um die Unterhaltung und den Betrieb des Fischwehrs zu kümmern.(*FN* StadtAHx A XVIII, Nr. 6, Bd. 31av, 134r (und weitere Einträge).*FN*) Fischwehre stellen ein quer durch ein Fließgewässer errichtetes Stauwerk dar,(*FN* Vgl. zur Wortentwicklung Pfeiffer 1993, S. 1546; zur Nutzung Brühöfner 2004, S. 382 f., der von wilder Fischzucht und Sperrfischerei schreibt. In Überflutungsbereichen und Altarmen wird beim Zurücktreten des Wassers der Ausfluss der Fische durch Sperrwerke aus Weidenruten oder Schilf verhindert.*FN*) Belege für bauliche Einzelheiten im Raum Höxter liegen jedoch nicht vor.
Abb. 18: | Hechtgraben, ihn säumende Kopfweiden und Wiesen mit Grundwasserstau in der Nähe des Forsthauses Taubenborn. (Foto: M. Koch; April 2005). |
In der Weseraue fallen zahlreiche Gewässer mit dem Namen Hechtgraben oder, in historischen Quellen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit erwähnt, Hechtbach ins Auge. Ein bis heute so genannter Hechtgraben liegt im Stummrigefeld (Abb. 18). Auch das östliche Brückfeld weist eine Heketbeke (1526) oder jüngere Belege für einen Hechtgraben auf.(*FN* Koch 2005, S. 214.*FN*) Weitere Hechtbäche bzw. Hechtgräben lagen z. B. zwischen Lüchtringen und Holzminden, deren Hechtßfang an der Einmündung des Heckelbeck in die Weser auf einer Kartenskizze von 1674 abgebildet ist,(*FN* Grenzstreitkarten von 1674, Fürstliche Bibliothek Corvey. 1513 wird nicht näher spezifiziertes Zubehör der Heketbeke erwähnt, Wigand 1831, S. 156. *FN*) bei der Halben Hude und Schloss Corvey (Hechts-Teich) sowie südlich von Lüchtringen. Ein Fischwehr (unam seclusim teutonice dictam eyn wer) und ein kleiner Bach mit dem Namen Hechtbach (riuulum dictum heketbeke) im Raum Albaxen-Stahle befanden sich in der Mitte des 14. Jahrhunderts im Lehnsbesitz des Knappen Johannes von Oldenburg.(*FN* CL, Art. 13. Die Lokalisierung geschieht in Anlehung an Willemsen, die für 1513 hier eine werstede geheten de wedeluort (StAM CA, Nr. 1029) belegen kann.*FN*) Fast allen genannten Gewässern gemeinsam ist die Lage im Bereich ehemaliger Randsenkenbäche der Weseraue. Im Frühjahr wanderte der Hecht in die kleineren Nebenbäche der Weser und laichte auf überfluteten Wiesen. Vielleicht weil der beliebte Speisefisch – Letzner erwähnt ihn als solchen in seiner Corbeischen Chronica (1590)(*FN* Letzner 1590, fol. C IV r.*FN*) – hier besonders leicht zu fangen war, wirkte der Hecht Namen bildend für einen Gewässertyp, der heutzutage als ein charakteristisches Element der Kulturlandschaft im Oberweserraum eingeschätzt wird.(*FN* Dörfer 1995. Das Vorkommen des Gewässernamens Hechtgraben beschränkt sich keineswegs auf die Weseraue.*FN*)
Die ältesten Hinweise auf stationäre Fangeinrichtungen im Gebiet zwischen Höxter und Godelheim stammen aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Sie sind nicht sicher lokalisierbar und betreffen möglicherweise ein und dasselbe Wehr. So besaß die Stadt Höxter im 14. Jahrhundert ein Wehr (Wer) oberhalb der Stadt, das sie für drei Schillinge (solidi) verpachtete.(*FN* HG, fol. 56v. *FN*) Zur Zeit des Abtes Bodo von Pyrmont (1371-94) wurde ein Wehr oberhalb von Höxter in Streit gezogen: Das Stift nannte es freies Erbgut, während die Stadt ein ersessenes Besitzrecht behauptete. Der Schiedsspruch wies dat water, dar dat wer up gebuwet is bouen der Stadt als Corveyer Eigentum aus.(*FN* Wigand 1858, S. 199 f. Das Fischereirecht im Stummrigefeld und in der Schelpe befand sich im 14. Jahrhundert nach Eigenaussage im Besitz der Abtei Corvey, während für die Weser sichere Angaben fehlen. *FN*) Mutmaßlich ein zweites Wehr (weyre) bei Boffzen erschien als Zubehör des corveyschen Marschallsamtes in den Händen des Amelung von Recklinghausen (1470) sowie anschließend der Brüder Albert, Hans und Steffen von Stockhausen (1477), wovon eine geringe Jahresabgabe von elf Pfennigen zu entrichten war.(*FN* KZ I, fol. 67r. Bei der Aufzählung der Lehngüter des Marschallsamtes in der Mitte des 14. Jh. erscheint kein Wehr als Zubehör, CL Art. 103 und 188. Vielleicht wurde das Wehr, an dem die Stadt im 14. Jh. ihr Besitzrecht durchsetzen wollte, nach dem für Abt Bodo erfolgreich endenden Streit dem Marschallsamt zugefügt.*FN*)
Abb. 19: | Kiessee unterhalb der Rabenklippen am Ziegenberg in der Renaturierungsphase. (Foto: M. Koch; April 2005). |
Christoffer von Amelunxen erwarb 1571 aus dem ehemaligen Nachlass des Gottschalk von Boffzen im Stummrigefeld vom Stift Corvey u. a. eine wehrstede und den Wasserlauf zwischen dem Oberen Werder und dem Weg vor dem Stummrigetor.(*FN* StadtAHx Urk. 85.*FN*) Hierbei handelte es sich mit großer Sicherheit um den nördlichen Teil von Hudegraben bzw. Hechtgraben, der den großen Bruch nordwärts mit der Weser verband (Abb. 1, 6). Da nicht bekannt ist, wann die Lake zwischen Oberem Werder und Sandwiese verlandete und sich zum Hainanger entwickelte, können auch in der Lake erbaute spätmittelalterliche Wehranlagen in Betracht gezogen werden.
Die ausdrückliche Erwähnung eines Hechtfanges datiert in spätere Zeit: 1674 ist wohl ebenfalls im Hudegraben an gleicher oder benachbarter Stelle wie das Wehr des Christoffer von Amelunxen von einem gring Hechtsfange vor dem Stummrigetor die Rede.(*FN* StAM CA Nr. 1417 (FW). Vgl. zwei Skizzen mit dem Eintrag Hechtsfang nahe der Mündung eines andeutungsweise aus dem Stummrigefeld kommenden Bachlaufes in die Weser, StAM CA, Nr. 33 (1678; FW), abgebildet von Hohmann 1996, Nr. 6, S. 17, und StAM CU, Nr. 1276 (1698; FW).*FN*) Zum Klockenhof beim Taubenborn, der bereits 1507 erwähnt wird und zumindest seit dem Ende des 17. Jahrhunderts ein Lehen derer von Tonnemann darstellt, gehören der Grabe und die Fischerey, auf dem so genannten Bruche über den Siechen Hauße und steinern Brücke auf der Sandwieße.(*FN* StAM CA, Nr. 1618 (Ende 17. Jh.; FW), PAC VII, Nr. 5 (1775; FW).*FN*) Später erscheint die Bezeichnung Fischgraben.(*FN* StAM CA, Nr. 1618 (1774; FW).*FN*)
Ausdrücklich von einem newen Graben sowie von einem Graben, der von dem alten Ausfluss des Bruches in gerader Linie durch die Wiesen in Richtung Höxter verläuft, ist 1681 die Rede.(*FN* StAM CA Nr. 1417 und 931 (beide FW).*FN*)
Nach Maßgabe des Urmesstischblattes von 1898 (Abb. 1) könnte es sich hierbei um den Holzgraben gehandelt haben, der heute noch in Resten vorhanden ist, während der Hechtgraben möglicherweise in weiten Teilen noch den Verlauf des nacheiszeitlich entstandenen Randsenkenbaches wiedergibt. Noch 1814 nennt das Lagerbuch der Stadt Höxter die Berechtigung der Stadt Höxter zur Anlage eines Hechtsfanges im Bruchgraben im Stummrigefeld – doch, so wird ergänzt, wurde hierfür seit Jahren schon kein Pächter mehr gefunden.(*FN* StadtAHx A XX, Nr. 24, hier: fol. 13v. Das Lagerbuch verzeichnet städtische Vermögen und Einkünfte.*FN*)
Sichtet man die topographischen Karten der letzten zwei Jahrhunderte, so blickt man auf eine kontinuierlich wachsende Seenlandschaft. Sie stellt das Relikt des vor allem mit der industriellen Nutzung seit dem beginnenden 20. Jahrhundert sich steigernden, aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg forcierten Abbaus von Sand und Kies dar. Hierbei empfiehlt sich ein Blick auf das preußische Urmesstischblatt von 1898 (Abb. 1, 20) oder Luftbildaufnahmen von 1945.(*FN* Die Luftbildaufnahmen vom Frühjahr 1945 entstanden im Zuge alliierter Luftaufklärung (Kopien im Stadtarchiv Höxter).*FN*)
Abb. 20: | Sandkuhlen auf der Sandwiese – außerhalb des gewählten Ausschnittes vom Urmesstischblatt von 1898 sind keinerlei Abbauspuren eingetragen. |
Dieser Abbau überformte großflächig die Weseraue. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Rohstoffgewinnung einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber darstellt. Verfolgt man die Überlieferung des Flurnamens Sandwiese bis ins 14. Jahrhundert zurück, so lässt sich zumindest vermuten, dass bereits zu dieser Zeit und vielleicht auch schon vorher hier Sand abgebaut wurde. Schon für ihre früh- und hochmittelalterlichen Großbauvorhaben von Kirchen, Stadtmauer, Rathaus, Brunsburg könnten die Corveyer Äbte und die Bürgerschaft Höxters auf die hier verfügbaren und bequem auf dem Wasserweg transportierbaren Rohstoffe zurückgegriffen haben.
Direkte Belege des Sandabbaus setzen später ein: 1415 wird in einer Abschrift des 17. Jahrhunderts Ackerland umme de Sandtkuhlen kegen Boffsen erwähnt.(*FN* StAM CA, Nr. 1442 (FW); vgl. Bocholtz-Asseburg 1896, S. 173 f. *FN*) Eventuell stellvertretend für mehrere findet sich eine santkule auf einer Handskizze vom Ende des 16. Jahrhundert zwischen Obrock, Hellweg und Richtstätte eingezeichnet.(*FN* StAM Corvey Lehen I,1; vgl. Johanek 2006.*FN*) Der Unterscheidbarkeit halber wird seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts von der niederen Sandtkuhle und der oberen Sandtkuhle gesprochen.(*FN* StAM CA, Nr. 1226 (1667; FW), PAC II, Nr. 84 (1729/45; FW).*FN*) Eine Sandgrube, die der Stadt Höxter im Rahmen der Separation 1864 zugefallen war, wurde mit einer Fläche von 6 Morgen 26 Quadratruten (ca. 15.500 qm) beziffert.
In diesem Jahr wurde eine Regulierung der Sandgrubennutzung durchgeführt, wonach abgegrabene Stellen eingeebnet, andere Stellen vom Mutterboden entblößt und nur noch an den mit einer Tafel bezeichneten Stellen Sand gegraben werden durfte. Bisher war es üblich, dass jeder nach Sand gräbt, wo es ihm gut dünkt – die mutmaßlich seit langen Zeiten unveränderte Vorgehensweise –, wobei durch den Mutter-Boden noch ergiebige Stellen ohne Weiteres zugeschüttet und dadurch unnutzbar gemacht wurden.(*FN* StadtAHx B XV, Nr. 127.*FN*) Zukünftig sollte ein vorsichtigerer Umgang mit den Ressourcen eingehalten werden.
Das ehemals Stummrigefeld genannte Gebiet zwischen Höxter und Godelheim stellt einen vielgestaltigen und stark dem Wandel unterliegenden Teil der Kulturlandschaft in der Weseraue dar. Der Kulturraum vereint in sich stark von Menschenhand überprägte und naturnahe Bereiche, ur- und frühgeschichtliche, mittelalterliche und neuzeitliche Elemente der Kulturlandschaft. Insofern stellt er einen geeigneten und interessanten Kleinraum für die "historische Landschaftsanalyse" dar. In der Weseraue zwischen Godelheim und Höxter befand sich, vor dem 20. Jahrhundert weit umfangreicher als heute sichtbar, ein Mosaik aus Hochflutrinnen, verlandeten Altarmen, Bereichen von Randsenke und Niederterrasse. Sie wurden schon vom urgeschichtlichen Menschen schrittweise in Besitz genommen und kultiviert. Dieser lebte möglicherweise seit der zweiten Hälfte des 5. Jahrtausends v. Chr. in der unmittelbaren Umgebung Höxters sowie seit mindestens dem 4. Jahrtausend v. Chr. auf der Sandwiese nördlich von Godelheim. Beispielhaft für den mittelalterlichen Landschaftsausbau steht der Flurname Sandwiese (santwisch), der als Oberbegriff für die landwirtschaftlichen Nutzflächen seit dem 14. Jahrhundert durch das jüngere Stummrigefeld (stummerfeld) abgelöst wurde. In diesem Ablösungsprozess spiegeln sich politische Anstrengungen und gewandelte Raumauffassungen der höxterschen Stadtgemeinde wider, die besonders in der Errichtung einer Landwehr im 14. Jahrhundert zum Ausdruck kommen. Der hierdurch zum Ausdruck gebrachte Raum- und Herrschaftsanspruch konnte aber wohl nur bis ins 17. Jahrhundert aufrecht erhalten werden.
Bereits im 14. und 15. Jahrhundert sind ehemalige Sumpf- und Bruchflächen, wie zum Beispiel der Aubruch (obroke) und die beiden Kolke, zu Ackerland umgeformt, während vermutlich erst seit dem 16. Jahrhundert die Lake zum Hainanger und der Siek zum Siekbruch, d. h. zu Wiesen- und Weideflächen umgewandelt wurden. Auch im großen Bruch lässt sich für das späte Mittelalter und die frühe Neuzeit ein Nutzungswandel belegen: Noch zu Beginn des 15. und in der Mitte des 17. Jahrhunderts finden sich hier Waldflächen, über deren genauen Umfang allerdings keine Aussagen getroffen werden können. Nur im Umfeld der Grundlosen konnten sich offene Gewässerflächen und Sumpfzonen über die Jahrhunderte hin erhalten, während alle anderen Bruchflächen im Bereich des Stummrigefeldes vollständig entwässert und kultiviert und einer intensivierten Nutzung unterzogen wurden. Ansatzweise kann mit Hilfe von historischen Schrift- und Bildquellen eine fortschreitende Umwandlung der Feuchtbereiche in der Weseraue zu Wiesen- oder Ackerflächen aufgezeigt werden, die aus Sicht des Menschen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein stets als Melioration, als Verbesserung aufgefasst wurde.
Abb. 21: | Der Bereich zwischen Höxter und Godelheim 2007 mit Hechtgraben und Freizeitsee und –anlage (Grundlage TK 50, Aktualiserung und Ergänzungen: Köble) |
Nach der teilweisen Einstellung der Oberflächennutzung wurde das Abbaugebiet, auf dem sich einst ein Hospital und Siechenhaus befand, in ein Freizeitgelände umgewandelt. Erst in jüngerer Zeit sieht man den Wert des Seengebietes für Erholungssuchende, begreift außerdem Randsenken- und Feuchtgebiete als ökologische Rückzugsräume für Pflanzen und Tiere und erkennt die vernetzende Wirkung, die etwa vom Hechtgraben als Relikt der Naturlandschaft und Teil der Kulturlandschaft ausgeht. Nach der Einrichtung eines frühen Naturschutzgebietes am östlichen Ziegenberghang (1930) kam es erst in jüngster Zeit zur Ausweisung des Naturschutzgebietes "Grundlose-Taubenborn" (2006) in der Weseraue. Abschließend sei nochmals betont, dass der vorliegende Beitrag Grundlage für weiterführende umweltgeschichtliche Untersuchungen bieten will. Grundlegendere Erkenntnisse bedürfen einer angemessenen Ausweitung des Untersuchungsraums, etwa auf die gesamte Feldmark Höxters oder den ganzen Auenbereich der Oberweser, sowie des regionalen Vergleichs. Fragen, ob Flutrinnen und Senken auf natürliche Weise verlanden oder durch den Eingriff des Menschen, in welcher Form eine urgeschichtliche oder mittelalterliche Besiedlung Einfluss ausübte, können allein mit Hilfe der historischen Schriftquellen nicht beantwortet werden. Hierzu werden weitere Fächer übergreifende Untersuchungen benötigt, wie sie zum Teil im Stummrigefeld sowie in Höxter und Corvey bereits durchgeführt wurden.
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Skupin 2002: Klaus Skupin, Geologisch-morphologischer Überblick. In: Daniel Bérenger (Hrsg.), Führer zur Vor- und Frühgeschichte der Hochstiftkreise Paderborn und Höxter. Bd. 1: Erdgeschichte und Steinzeiten, Paderborn 2002, S. 1-36.
Stephan 1978/79: Hans-Georg Stephan, Archäologische Studien zur Wüstungsforschung im südlichen Weserbergland, 2 Teile (Münstersche Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte, Bd. 10-11), Hildesheim 1978-79.
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Wunderer 2001: Regina Wunderer, Weinbau und Weinbereitung im Mittelalter, unter besonderer Berücksichtigung der mittelhochdeutschen Pelz- und Weinbücher (Wiener Arbeiten zur germanischen Altertumskunde und Philologie, Bd. 37), Bern 2001.
Anschrift des Verfassers: Michael Koch, M.A. Stadtarchiv Höxter Westerbachstraße 45 37671 Höxter m.koch@hoexter.de