Von Stefan Häcker
Abb. 1: | Teilfläche des Wandelnsberges mit Wiesen und Kiefernforsten (Foto: F. Grawe ) |
Westlich von Beverungen erstreckt sich entlang der alten Straße nach Drenke das Naturschutzgebiet "Wandelnsberg". Es umfasst Teile des eigentlichen Wandelnsbergs sowie den sich nordwestlich anschließenden Nullenberg. Beide sind Erhebungen des unteren Muschelkalks, die im Norden steil zum Springtal und zum Siedlungsrand von Beverungen abfallen und auf der Kuppe des Wandelnsberges eine Höhe von 255 m ü.NN erreichen. In süd- und südwestliche Richtung schließen sich größere Waldgebiete an.
Mit 105 ha Größe war das Gebiet bis Ende der 1980er Jahre die größte Naturschutzfläche im Kreis Höxter. Der anfangs des 20. Jahrhunderts weitgehend waldfreie und mit orchideen- und wacholderreichen Schaftriften bedeckte Wandelnsberg, ist heute ein sehr abwechslungsreicher Komplex aus Wald, Gebüschen, Grünland und randlichen Ackerflächen.
Kaum ein anderes Naturschutzgebiet im Kreis Höxter hat eine wechselvollere Geschichte der Schutzbemühungen aufzuweisen als der Wandelnsberg. In den Schriftstücken der alten Verfahrensakten sind die unterschiedlichen Epochen und deren Naturschutzverständnis in bemerkenswerter Weise dokumentiert.
Ihren Ausgang nehmen die Naturschutzbestrebungen etwa 1930, nachdem der Kommissar für Naturdenkmalpflege in der Provinz Westfalen, Herr Dr. Reichling aus Münster, den Berg mit seinem bemerkenswerten Wacholderbestand besucht hatte. Für die Unterschutzstellung des Berges setzt sich besonders der Beverungener Tierarzt Gerhard Böhme ein, der 1931 auf seine bereits mehrfach vorgetragenen Anmeldungen des "Wacholderberges" zum Naturschutz verweist. Er sieht die Wacholderbestände durch die Bevölkerung und Holzhändler bedroht.
Unterstützung findet Böhmes durch regen Schriftverkehr dokumentiertes Engagement für seinen Hausberg (Anm: an dessen Rand er wohnt) beim stellvertretenden Beauftragten für Naturschutz für die Provinz Westfalen, Herrn Dr. Paul Graebner. Dieser wendet sich im Dezember 1933 an den Regierungspräsidenten in Minden als höhere Naturschutzbehörde mit der Bitte um Erlass einer Ministerial-Polizeiverordnung zum Schutze des Wandelnsberges: Schutzgegenstand sei ein "ausgedehntes Wacholdervorkommen, was einerseits von landschaftlich ganz hervorragender Bedeutung ist und andererseits botanisch derartig viele Seltenheiten enthält, dass das Gebiet unter allen Umständen unter dauernden Schutz gestellt werden muss".
Als seltene Pflanzenarten führt er Frauenschuh (Cypripedium calceolus), Händelwurz (Gymnadenia conopsea), Einknolle (Herminium monorchis), Enziane u.v.a., meist in größeren Mengen, an, und hält die Gefährdung durch Abpflücken für sehr beträchtlich. Dem Schreiben fügt er die unter Vermittlung Böhmes erwirkten Einverständniserklärungen der beiden Eigentümer Josef Wäsche und Theodor Röingh bei.
Trotz der Dringlichkeit einer Unterschutzstellung - zwischenzeitlich werden die Flächen auch von der SA-Führerschule zu Exerzier- und Tarnübungszwecken in Anspruch genommen – verzögert sich das Verfahren durch unvorhergesehene Schwierigkeiten. Besonders die Beschaffung der für eine eindeutige Nachvollziehbarkeit der Schutzgebietsgrenzen erforderlichen genauen Kartenunterlagen ist in der damaligen Zeit ein Problem.
Am 14.10.1936 wird der Wandelnsberg erstmals durch den Regierungspräsidenten Minden nach dem Reichsnaturschutzgesetz als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Bestandteil der Verordnung ist eine Kartenanlage (Preußische Katasterkarte) mit Handeinzeichnung der Gebietsabgrenzung. Das Schutzgebiet ist ca. 50 ha groß und besteht aus zwei Teilflächen: der Kuppe und den nördlich bis östlich abfallenden Hängen des Wandelnsberges sowie einem nordexponierten Teil des Nullenberges. Die Flächen werden nach der Katasterkarte bis auf eine Ackerfläche von 3,3 ha und weitere 2,5 ha "Unland" als Viehweide genutzt. Waldsignaturen enthält die Karte nicht.
Es hat seinerzeit aber bereits planmäßige Waldparzellen auf dem Wandelnsberg gegeben, denn 1942 stellt Flächeneigentümer Roeingh fest, dass er mehr als angenommen mit seinen Waldflächen betroffen sei. Er fordert das im Rahmen der Unterschutzstellung gegebene Versprechen einer wohlwollenden Behandlung durch den Regierungspräsidenten ein, falls forstliche Maßnahmen akut würden. Das Durchforstungsvorhaben im 22- bis 32jährigen Fichtenbestand und Auspflanzungsbegehren für "Trocknisstellen" im Wald führen in der Folge zu einem regen Schriftverkehr zwischen den damaligen Bezirksbeauftragten bzw. Kreisbeauftragten für Naturschutz, Heinz Kuhlmann und W. Säger, sowie den Dienststellen der höheren und der unteren Naturschutzbehörde. Von Naturschutzseite begegnet man den Forstplänen zunächst ablehnend, da Schädigungen der Licht und Wärme liebenden Flora, insbesondere der Wacholder und der Orchideen befürchtet werden. Auch befürchtet man weitere Aufforstungsanträge durch den Eigentümer der übrigen Flächen. Ein gemeinsamer Ortstermin führt zu der Einigung, dass der Durchforstung zugestimmt wird, nicht jedoch der Nachpflanzung auf den mit Wacholder und Orchideen bestandenen Trocknisstellen. Vor Ort kommt man seinerzeit auch zu der Erkenntnis, dass das Kartenmaterial weiterhin keine eindeutigen Flächenabgrenzungen zulässt und "ein westlich des Schutzgebietes befindlicher Wacholderbestand mit malerischem Kiefernhorst" auf dem benachbarten Nullenberg bisher nicht in das NSG einbezogen worden ist.
Heinz Kuhlmann schlägt daraufhin eine wesentliche Erweiterung des Naturschutzgebietes vor, indem die zwischen Wald-, Wacholder- und Trockenrasenbeständen liegenden Grünland- und Ackerflächen zur eindeutigen Abgrenzung in das Gebiet aufgenommen werden sollen. In einem Brief an den Regierungspräsidenten bezeichnet er den Wandelnsberg als den "größten und herrlichsten Wacholderbestand des Regierungsbezirks. Er und die Landschaft, worin er liegt, verpflichten uns daher, ihn für immer zu erhalten". Eine erste Beschreibung der Vegetationsverhältnisse im NSG Wandelnsberg von Dr. Fritz Koppe, Bielefeld, ist Grundlage des Vorschlags (Koppe 1942).
Am 16. August 1947 verursachen vermutlich Ziegen hütende Kinder einen Großbrand, der in vier Tagen fast den gesamten Wandelsberg erfasst und den Gehölzbestand nahezu komplett vernichtet. 200 Morgen Kiefern- und Fichtenbestand fallen dem Feuer zum Opfer. Besonders betroffen sind die Wacholderbestände (80 Morgen), die den Charakter des Berges geprägt haben. An den Löscharbeiten beteiligt sich "ganz Beverungen" ("an die tausend Menschen"), doch wird ein Übergreifen des Feuers auf den angrenzenden Stadtwald nur dadurch verhindert, dass sich die Windrichtung dreht. Auch die Krautflora erleidet nachhaltigen Schaden, der sich später auch dadurch verstärkt, dass in der Folge offenbar die Beweidung auf diesen Flächen eingestellt wird. 1948 stellen Vertreter des Regierungspräsidenten fest, dass "der verbrannte Teil für Zwecke des Naturschutzgebietes vollkommen wertlos geworden" ist. Allerdings berichtet der Kreisbeauftragte für Naturschutz Heinrich Mundhenk 1951, dass Katzenpfötchen, Fliegenorchis und Frauenschuh ("Pantöffelchen"), wenn auch spärlich, noch vorkommen.
Der Vorschlag der Naturschutzgebietserweiterung wird trotz "trostlosen Anblicks" weiter verfolgt. Wieder beschafft Tierarzt Böhme die Einverständniserklärungen der betroffenen Eigentümer und erneut stellt die Kartografie ein Problem dar, das das Verfahren verzögert. Die Katasterämter sind in erster Linie mit der Siedlungsvermessung beschäftigt.
1950 wird für die bei dem Feuer verbrannten Waldflächen ein Aufforstungsplan erstellt, bei dem die Eigentümer zu Konzessionen gegenüber dem Naturschutz bereit sind.
1954 pflanzen Schulkinder mit Unterstützung der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald zum Tag des Baumes 125 Wacholder auf dem Wandelnsberg - ein Versuch, das frühere Landschaftsbild wieder herzustellen.
Mit der Verordnung von 1960 wird der Wandelnsberg zum seinerzeit größten Naturschutzgebiet im Kreis Höxter. Die Bestimmungen sind jedoch auf einen sehr allgemeinen Schutzzweck ausgerichtet und lassen große Spielräume der Gebietsnutzung und damit auch Veränderungen zu.
1960 veräußert Th. Roeingh Teilflächen des Nullenberges an einen Landwirt aus Drenke. Dieser beabsichtigt, die steile nordexponierte Hangpartie zur Drenker Straße aus wirtschaftlichen Erwägungen aufzuforsten und beginnt mit ungenehmigten Rodungsarbeiten auf der teilweise stark mit Gehölzen zugewachsenen Steilhangfläche. Auch alte Wacholderbestände fallen der Maßnahme zum Opfer. Diese Aktivitäten ziehen 1964 ein Strafverfahren nach sich. Trotz Verurteilung des Verursachers einigt man sich unter Vermittlung der Politik auf eine planmäßige abschnittsweise Aufforstung der 3 ha großen Hangfläche mit Fichte, die 1969 ab-geschlossen ist. Auf Vorschlag des damaligen Kreisbeauftragten für Naturschutz und Landschaftspflege Kurt Preywisch sollen die noch vorhandenen Wacholder und Laubbäume dabei erhalten werden.
1963 steht auch die schönste noch erhaltene Wacholderfläche des Nullenbergs zur Veräußerung an. Um den Bestand für den Naturschutz zu sichern, entschließt sich der Kreis Höxter, die Fläche zu erwerben.
1972 wird der Bestand des Naturschutzgebietes erneut in Frage gestellt. Anton Wäsche knüpft einen Verkauf seiner Eigentumsflächen im Wesertal, die die Stadt Beverungen für die Ansiedlung von Gewerbe benötigt, an die Bedingung einer Betriebsaussiedlung zum Wandelnsberg. Trotz der Ungunst des Standortes hält er an dem Plan fest. Der Kreis Höxter schlägt daraufhin eine Verkleinerung des Naturschutzgebietes auf den 39 ha großen Westteil (Nullenberg) vor, da sich nach dem Brand von 1947 der Charakter des Gebietes völlig verändert habe, die Flächen in immer größerem Maße landwirtschaftlich genutzt würden und seine Bedeutung wesentlich herabgesetzt sei.
Die Entscheidung für den Erhalt des Naturschutzgebietes fällt schließlich erst 1975 durch den Regierungspräsidenten nach Inkrafttreten des neuen Landschaftsgesetzes. Der Kreis Höxter wird um Prüfung gebeten, ob die aufgetretenen Probleme im Rahmen eines Landschaftsplanes geregelt werden könnten.
In den Folgejahren werden die Freiflächen im Südteil des Wandelnsberges in zunehmendem Umfang beackert. Der Halbtrockenrasen bleibt nur im Ostteil des Grundbesitzes Wäsche auf 5 ha als Brachfläche erhalten. Auch die kreiseigene Wacholderfläche verbleibt im Brachestadium und unterliegt der Verbuschung durch Schlehen. Einzelne Pflegeaktionen durch den Kreis Höxter können an diesem Zustand nichts verändern.
Eine Beweidung findet noch mit Rindern auf den Grünlandflächen im Nordteil des Naturschutzgebietes und zwischen den Waldparzellen der Wandelnsbergkuppe statt.
Anfang der 1990er Jahre werden die großen Ackerflächen im Südteil des NSG mehrjährig stillgelegt. Auf den Flächen entwickelt sich ein artenreicher wiesenartiger Bewuchs.
1995 stehen die stillgelegten Ackerflächen zur Wiederbestellung an. Es eröffnet sich jedoch durch Verhandlungen der höheren Landschaftsbehörde und des Amtes für Agrarordnung Warburg mit dem Flächeneigentümer die Möglichkeit, 55 ha des Naturschutzgebietes in Landeseigentum zu überführen. 1997 wird der Flächentausch erfolgreich abgeschlossen und damit die durch die Stilllegung eingeleitete positive Entwicklung der Artenvielfalt gesichert. Im Jahr 2000 werden am Nullenberg weitere 16,5 ha im NSG durch das Land NRW erworben, so dass sich heute, zusammen mit den kreiseigenen Flächen, 75 % des Naturschutzgebietes in öffentlicher Hand befinden.
Abb. 2: | Schafbeweidung auf dem Wandelnsberg (Foto: F. Grawe) |
Die bereits seit 1991 in Teilen des Gebietes wieder aufgenommene Schafbeweidung wird nun auf den größten Teil der öffentlichen Grünlandflächen ausgedehnt. Damit wird an die traditionelle Form der Weidenutzung des Berges angeknüpft. 14 ha der ehemaligen Ackerfläche werden als Wiese genutzt. Nach dem Flächenerwerb durch das Land NRW beträgt die nach Naturschutzkriterien bewirtschaftete Grünlandfläche inzwischen ca. 54 ha. Die privaten Flächen im Norden und in der Mitte des NSG werden weiterhin als Acker, Grünland und als Wald genutzt.
Im Jahr 2000 wird der Wandelsberg in die Liste der an die Europäische Union zu meldenden Lebensräume europaweiter Bedeutung (FFH-Gebiete) aufgenommen. Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse nach FFH-Richtlinie sind die Kalk-Halbtrockenrasen, die Wacholderbestände sowie die Glatthaferwiesen.
Seit dem 04.02. 2006 ist der Wandelnsberg im Geltungsbereich des Landschaftsplanes „Wesertal mit Beverplatten“ des Kreises Höxter als Naturschutzgebiet festgesetzt.
Angaben über die Flora des Wandelnsberges machen bereits Graebner und Böhme im Zusammenhang mit dem Unterschutzstellungsantrag Anfang der dreißiger Jahre. Neben der Aussage, dass der Wacholderbestand von besonderer Bedeutung ist, werden auch verschiedene Orchideen als Schutzgrund ins Feld geführt. Besonders bemerkenswert sind Vorkommen des Frauenschuh (Cypripedium calceolus) und der Einknolle (Herminium monorchis). Eine erweiterte Pflanzenartenliste, die zudem grob den Vegetationstypen Halbtrockenrasen, Gebüsch und Wald zugeordnet ist, legt Koppe 1942 als gutachterlichen Beitrag vor. Allerdings fehlt der genauere Flächenbezug.
Eine erste Vegetationskarte für das gesamte Gebiet enthält ein für das Naturschutzgebietsarchiv der LÖBF 1982 von Th. Flintrop erstelltes vegetationskundliches Gutachten über den Wandelnsberg. Die Vegetationszuordnung ist eher grob und zählt folgende Typen auf: Magerweide (Lolio-Cynosuretum), Glatthaferwiese (Arrhenatheretum), Enzian-Zwenkenrasen (Gentiano-Koelerietum), Mittelklee-Odermennig-Saum (Trifolio-Agrimonietum), Wacholderheide, Gebüsche (Prunetalia), Kiefernwald, Mischwald, Fichtenforst und Acker. Wichtig sind quantitative Angaben und Kartierungen zu seltenen und bemerkenswerten Pflanzenarten wie den Orchideen Dreizähniges Knabenkraut (Orchis tridentata), Stattliches Knabenkraut (Orchis mascula), Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera), Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea) und Grünliche Waldhyazinthe (Platanthera chlorantha) sowie Sumpfherzblatt (Parnassia palustris) und Kreuz-Enzian (Gentiana cruciata), die durchweg Vertreter der Kalkmagerrasen darstellen. Einige von diesen Arten (Orchis tridentata, Ophrys insectifera) werden nur noch in relativ geringen Individuenzahlen auf den Resten des Enzian-Zwenkenrasens angetroffen. Für den Kreuz-Enzian, dessen damaliger Wuchsort heute mit Wald bestanden ist, war dies der einzige und letzte Nachweis in diesem Gebiet.
Abb. 3: | Sumpfherzblatt (Parnassia palustris) (Foto: F. Grawe) |
Weitere Angaben zu Vegetation und Flora enthält der 2002 durch die Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten NRW (LÖBF) vorgelegte Pflege- und Entwicklungsplan für das NSG Wandelnsberg. Die 1999 durchgeführten Bestandserhebungen ergeben den Nachweis von 223 verschiedenen Farn- und Blütenpflanzen. Die Wuchsorte seltener Arten werden in einer Karte dargestellt; es fehlen jedoch quantitative Angaben. Weiterhin enthält der Plan eine Biotoptypenkarte und eine Auflistung der im Gebiet vorkommenden Pflanzengesellschaften des Offenlandes.
Der Plan dokumentiert, dass heute Wald zu 36 % die Flächen des Naturschutzgebietes bedeckt. Die Waldflächen haben sich über ein Jahrhundert aus zunächst wenigen Kiefern- und Fichtenbeständen zu einem geschlossenen Band vom Nordhang des Wandelnsberges bis zum Nullenberg ausgedehnt. Die Waldbegründung erfolgte sukzessive mit Schwerpunkten in den 40er und 50er Jahren auf früheren Kalkmagerrasen. Die noch vorhandenen Lücken wurden noch in den letzten 20 Jahren durch Laubholzkulturen geschlossen. Die heterogene Begründung der Waldbestände, ihre Baumartenzusammensetzung und erst spärliche Ausstattung mit krautigen Waldpflanzen lässt eine eindeutige pflanzensoziologische Zuordnung zu einer der hier potentiell natürlichen Buchenwaldtypen bisher nicht zu.
Der früher großflächige Halbtrockenrasen ist heute auf eine Fläche von ca. 5 ha geschrumpft. Hier konzentrieren sich die Wuchsorte der botanischen Besonderheiten. Darüber hinaus gibt es versprengte Reste bemerkenswerter Pflanzenarten über die Offenlandflächen des Naturschutzgebietes verteilt. Hierzu gehören auch die Wacholderbestände auf dem Nullenberg. Auf dem Wandelnsberg sind nur vergleichsweise wenige Wacholder vorhanden. Ob hierunter auch einige der 1954 gepflanzten, nicht bodenständigen Sträucher verblieben sind, ist fraglich.
Tab. 1: | Bemerkenswerte Pflanzennachweise am Wandelnsberg |
* nach Graebner (1933)
Während im Vorfeld der Unterschutzstellungen des Wandelnsberges 1936 und 1960 von besonderen Tierarten nicht die Rede ist, rücken heute bestimmte Tiergruppen bei den Schutzzielen und -maßnahmen mehr in den Vordergrund.
Die Veränderungen der Landschaftsstrukturen auf dem Wandelnsberg stellen inzwischen vor allem eine Attraktion für die Vogelwelt dar. Der Wald-Gebüsch-Freiflächenkomplex erfüllt die Lebensraumansprüche sowohl von Arten der Wälder, Forste und Feldgehölze als auch solcher des strukturreichen und auch des freien Offenlandes. In den vorliegenden Erfassungen von Volkmer (1988) und im Rahmen des Pflege- und Entwicklungsplanes (1999) werden insgesamt 62 Vogelarten aufgeführt. Bemerkenswert sind die Brutvorkommen von Rotmilan, Turteltaube, Heidelerche, Feldschwirl, Neuntöter und Kolkrabe.
Abb. 4: | Neuntöter (Lanius collurio) (Foto: F. Grawe) |
Die Verzahnung von Gehölz und Freiflächen ergibt einen besonders hohen Randlinieneffekt, der für viele Insekten von Bedeutung ist. Untersuchungen der Tagfalter (Cassel 1992, Pepl 2002) weisen allerdings für die Charakterarten der Kalkmagerrasen sowie der Wälder, Gebüsche und Säume trockenwarmer Standorte vergleichsweise geringe Arten- und Individuenzahlen aus. Die typischen Falter der Brachen und Ruderalstellen sind dagegen weitgehend vertreten. Bei den Ergebnissen ist zu berücksichtigen, dass sich der Wandelnsberg nach den Nutzungsumstellungen in einer Entwicklungsphase befindet und sich sowohl die angestrebten Pflanzen- als auch Tiergemeinschaften erst im Laufe der Zeit einstellen müssen.
Die Entwicklung des Naturschutzgebietes Wandelnsberg zeigt deutlich, dass für den dauerhaften Erhalt bestimmter schutzwürdiger Pflanzen- und Tiergemeinschaften eine entsprechende Bewirtschaftung und Pflege der Flächen erforderlich ist. Mit der sukzessiven Veränderung der Nutzung bzw. der Einstellung der Bewirtschaftung auf Teilflächen nach dem verheerenden Feuer 1947 verschlechterten sich die Bedingungen für die zu schützenden typischen Pflanzen (und Tiere) im Laufe der Zeit derart, dass eine Aufrechterhaltung des Naturschutzgebietes in Frage stand.
Weder der konservierende Naturschutzansatz noch das Vertrauen in konventionelle landwirtschaftliche Nutzung zur Bewahrung der vielfältigen, gewachsenen Kulturlandschaft hat am Wandelnsberg zur Sicherung des Naturerbes geführt. Aus wirtschaftlichen Gründen wurden die privaten Schutzgebietsflächen möglichst intensiv genutzt.
Mit der Überführung eines großen Teils des NSG Wandelnsberg in Landeseigentum ist nunmehr eine Zweckbestimmung gegeben, die die Wiederherstellung der ursprünglichen Schutzgegenstände möglich macht. Skelettreicher flachgründiger Kalkboden als potentieller Standort von Kalkmagerrasen steht seit dem Flächenerwerb in erweitertem Maße zur Verfügung. In seiner Nachbarschaft ist die gebietstypische Artensubstanz im Wesentlichen erhalten geblieben, so dass bei entsprechender Steuerung der Gebietspflege die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Ausbreitung typischer und seltener Pflanzen- und Tierarten gegeben sind.
Die Großflächigkeit und geschützte Lage am Rande eines ausgedehnten Waldgebietes bieten bei Weiterführung der extensiven Nutzung ideale Rahmenbedingungen für eine weitere positive Gebietsentwicklung. Die seit 1993 in Stellnetzhaltung durchgeführte Schafbeweidung wurde im vergangenen Jahr weitgehend auf Hütehaltung umgestellt. Damit kehrt die alte Nutzungsform nach fast 60 Jahren auf den Berg zurück.
Standen in den vergangenen Jahren die Öffnung der zum Teil isolierten Freiflächen durch Zurückdrängung von Gehölz und die Schaffung zusammenhängender Weideflächen im Vordergrund der Naturschutzmaßnahmen, so müssen künftig die Aspekte des Artenschutzes konsequent als Entwicklungsziele verfolgt werden. Vor allem die verschiedenen Insektengruppen sind auf vielfältige, durch extensive Beweidung oder Mahd geschaffene Strukturen im Grünland-bereich angewiesen. Mäh- und Beweidungsfrequenz, abschnittsweise Nutzungen und die Entwicklung von Saumbiotopen spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Der Pflege- und Entwicklungsplan gibt hierzu die Empfehlungen, die auf vertraglicher Basis und mittels einer intensiven fachlichen Betreuung vom Bewirtschafter umzusetzen sind.
Für die Waldflächen sehen die Forsteinrichtung und der Waldpflegeplan einen langfristigen Umbau der Nadelholzbestände, vor allem der Fichtenforste, in bodenständiges Laubholz vor. Bei den anstehenden Durchforstungen in der Fichte werden die bereits vorhandenen Laubbäume erhalten und Räume für die natürliche Ansiedlung der bodenständigen Waldvegetation geschaffen. Bei der Besiedlung durch Pflanzenarten des Waldes werden die in der Umgebung vorhandenen artenreichen Kalk-Buchenwälder eine begünstigende Rolle spielen.
Die über das Naturschutzgebiet verteilten älteren Kiefernbestände haben eine hohe landschafts-ästhetische Funktion. Da sie zudem vielfach auf Flächen mit Kalkmagerrasenvegetation und Wacholderbewuchs stocken, ist die Entwicklung von Laubwald hier nicht das Naturschutzziel. Zur weiteren Förderung des schutzwürdigen Unterwuchses wurden die Flächen zum Teil aus dem Wald-Status entlassen, so dass sich die weitere Gestaltung der Flächen an den lichtliebenden Magerrasen und Wacholdern orientieren kann. Die Kiefer wird hier allerdings als ebenfalls landschaftsprägendes Element einen Anteil behalten.
BEZIRKSREGIERUNG DETMOLD: Naturschutzgebiet „Wandelnsberg“. Az.: 51.30-413
Cassel, U. (1992): Faunistisch-ökologische Bestandsaufnahme der Schmetterlinge eines Berg-Tal-Berg-Konnexes bei Beverungen - Grundlage für ein Schutzprogramm in der Kulturlandschaft. - Höxter. Diplomarbeit (unveröffentl.)
Flintrop, Th. (1982): Vegetationskundliches Gutachten über das Naturschutzgebiet Wandelnsberg. (unveröffentl.)
Koppe, F. (1942): Vegetationsverhältnisse des Wandelnsberges bei Beverungen- Mskr., 4 S.
LÖBF (2002): Pflege- und Entwicklungsplan für das Naturschutzgebiet "Wandelnsberg" im Kreis Höxter. (unveröffentl.)
NW STAATSARCHIV DETMOLD: Naturschutzgebiet „Wandelnsberg“, D1 Nr. 17248 und Nr. 17249.
Runge, F. (1958): Windgeformte Bäume und Sträucher auf dem Wandelnsberg bei Beverungen. - Natur u. Heimat 18, S.95-96. Münster
Runge, F. (1959): Beitrag zur Pilzvegetation des Wandelnsberges bei Beverungen. - Natur u. Heimat 19, S.30-32. Münster
Runge, F. (1978): Die Naturschutzgebiete Westfalens und des früheren Regierungsbezirks Osnabrück. - Münster
Volkmer, A. (1988): Auswertung faunistisch-ökologischer Bestandsaufnahmen im Naturschutzgebiet Wandelnsberg (Kreis Höxter) an Tagfaltern und Vögeln - Beiträge für ein Pflege- und Entwicklungskonzept. - Höxter. Diplomarbeit (unveröffent
Anschrift des Verfassers: Stefan Häcker Drostenkamp 24 32760 Detmold