Beiträge zur Naturkunde zwischen Egge und Weser 17 (2005)
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Das Naturschutzgebiet "Körbecker Bruch" bei Körbecke

Von Mathias LOHR

1 Lage

Das Körbecker Bruch liegt zwischen Borgentreich und Körbecke am Oberlauf des Vombachs. Bereits seit langer Zeit ist das Gebiet überregional bekannt als Lebensraum zahlreicher seltener Pflanzen- und Tierarten der Niedermoore, unter ihnen die bekannte und attraktive Trollblume (Trollius europaeus).

Das Körbecker Bruch gilt zudem als das größte und bedeutendste Feuchtwiesenschutzgebiet und wichtigste Wiesenbrütergebiet im Kreis Höxter. Ein 1996 als Schutzgebiet ausgewiesener, 93 ha großer Bereich bildet das NSG „Körbecker Bruch“. Es liegt in einer Höhe zwischen 190 und 210 m ü. NN im Bereich des Messtischblattes 4421 (Quadranten 2 und 4) auf dem Gebiet der Stadt Borgentreich. Naturräumlich gehört das Körbecker Bruch zur Großen Börde (Einheit 360.0), die den Zentralteil der Warburger Börde, naturräumliche Haupteinheit 360, bildet (PREYWISCH 1981).

Abb. 1: Lage des NSG „Körbecker Bruch“
(Karte: W. Köble, © Geobasisdaten: Landesvermessungsamt NRW, Bonn, 2005)

2 Landschaftsgeschichte

Das Körbecker Bruch liegt am Südrand der Borgentreicher Keupermulde. Auf dem tonhaltigen, undurchlässigen Material des geologischen Untergrundes haben sich Niedermoore gebildet, deren Torfe aufgrund der Nachbarschaft zu Lößlehm- und Kalkablagerungen nährstoff- und basenreich sind. An Bodentypen finden sich hier entsprechend den hoch anstehenden Grundwasserständen überwiegend Niedermoore und Gleye.


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Die Nutzungsgeschichte und Landschaftsentwicklung des Gebietes lässt sich weit zurückverfolgen (vgl. HELDT 1981). Ursprünglich war das Körbecker Bruch in weiten Teilen von Erlenbruchwäldern bewachsen. Nach deren Rodung wurden diese Bereiche als Grünland genutzt. Bis 1879 wurde das Körbecker Bruch als „große sumpfige Gemeindeweide für Kühe, Fohlen, Pferde und Gänse“ beschrieben (HELDT 1981: 44). Auf den Niedermoorstandorten fanden die Tiere oft nicht ausreichend Nahrung und „blieben oft sogar in den Sümpfen stecken“ (HELDT 1981: 44).

1879 bis 1882 wurde das Gebiet mittels Rohrdrainagen trockengelegt, planiert und in ertragreichere Äcker und Wiesen umgewandelt. Doch bereits 20 Jahre später ließ die Entwässerungswirkung der Drainagen nach, ab 1915 kam es wieder zu größeren Vernässungen. Daraufhin wurden die Drainagen erneuert und das Gefälle erhöht, um die aus landwirtschaftlicher Sicht erwünschte Entwässerung zu erreichen. Dabei wurde 1930 eine 500 m lange Zementrohrleitung in das Bruch verlegt, weitere Entwässerungsmaßnahmen erfolgten 1952 und 1972.

Im Rahmen von Straßenbaumaßnahmen wurden 1979 zudem auf 500 m Länge offene Drainagegräben angelegt (HELDT 1981). Weite Bereiche des Bruches werden daher heute als Grünland und als Acker genutzt. Durch die Mineralisation des Torfkörpers kam und kommt es dabei auf den entsprechenden Flächen zu einer nachhaltigen Veränderung und Zerstörung des ursprünglichen Niedermoors. Die im Bereich des Gutes Marienburg liegenden, heute weitgehend verlandeten Teiche sind auf Torfabgrabungen im 19. Jahrhundert zurückzuführen.

Abb. 2: Extensivwiese im NSG „Körbecker Bruch“ mit Trollblumenaspekt
(Foto: Frank Grawe)

Trotz der zahlreichen Entwässerungsmaßnahmen haben sich im Körbecker Bruch bis heute kleinere Flächen mit hoch anstehendem Grundwasser erhalten. Hier finden sich naturschutzfachlich wertvolle Niedermoorbereiche, Großseggenriede, Röhrichte und Feuchtwiesen (v. a. blütenreiche Kohldistelwiesen).

Im Bereich des NSG wird das mäßig feuchte Grünland aktuell zweimal im Jahr gemäht, eine Düngung unterbleibt. Insbesondere die sehr nassen Flächen liegen heute brach. Teilflächen werden einmal im Jahr gemäht oder gemulcht, um wertbestimmende Pflanzenarten, wie z. B. die Trollblume, zu erhalten. Andere, überwiegend brach gefallene Flächen sollen sich zu Röhrichten und Großseggenriedern (u.a. aus der Rispen-Segge, Carex paniculata) entwickeln. Sie dienen oft als Lebensraum für seltene Vogelarten und werden durch unregelmäßige Mahd vor der Verbuschung bewahrt.

3 Vegetation und Pflanzenwelt

Das Körbecker Bruch war bereits Mitte des 20. Jahrhunderts insbesondere unter Botanikern überregional bekannt als Lebensraum zahlreicher gefährdeter Pflanzenarten der Niedermoore. Insgesamt wurden bislang 35 Rote-Liste-Arten nachgewiesen (Tab. 1). So beschrieben NIESCHALK (1958) das Vorkommen der mittlerweile ausgestorbenen Orchideenarten Fleischfarbenes Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata) und Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris). Erstere bildete damals in einigen sehr nassen Senken Hybriden mit dem Breitblättrigen Knabenkraut (Dactylorhiza majalis), das auch heute noch in einigen Beständen im Körbecker Bruch zu finden ist.


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Die in NRW vom Aussterben bedrohte Draht-Segge (Carex diandra) war bereits 1958 nur noch in wenigen Exemplaren vorhanden (NIESCHALK 1958) und konnte seitdem nicht mehr nachgewiesen werden. Besonders erwähnenswert sind auch die noch 1958 ausgedehnten Bestände des Nordischen Labkrautes (Galium boreale), einer in NRW stark gefährdeten Art. Sie wurde letztmals 1999 in wenigen Exemplaren im Körbecker Bruch nachgewiesen, ihr Rückgang ist auf Nährstoffeinträge und die zunehmende Verbrachung vieler Flächen zurückzuführen.

Abb. 3: Trollblume (Trollius europaeus) im NSG „Körbecker Bruch“ (Foto: Frank Grawe)

Dagegen sind bis heute einige andere in NRW gefährdete Pflanzenarten im NSG „Körbecker Bruch“ zu finden. Bekannt sind insbesondere die Vorkommen der Trollblume (Trollius europaeus), die noch bis weit in das 20. Jahrhundert hinein auf den Wiesen um Körbecke so häufig war, dass sie in größeren Mengen als Schmuck bei Fronleichnams-Prozessionen diente (HELDT 1961). Noch in den 1980er Jahren berichteten BÖTTCHER & SMOLIS (1987) von tausenden Exemplaren, die jährlich im Körbecker Bruch zur Blüte gelangten. Nachdem die Art bis zum Ende des 20. Jahrhunderts auf insgesamt etwa 300 Exemplare zurückgegangen war, fanden sich 2002 wieder etwa 800 Pflanzen. Auch für die stark gefährdete Stumpfblütige Binse (Juncus subnodulosus) wurde in den letzten Jahren eine Zunahme beobachtet, während die Bestände der ebenfalls stark gefährdeten Färberscharte (Serratula tinctoria) im gleichen Zeitraum zurückgingen.

Abb. 4: Kuckucks-Lichtnelken-Bestand im Körbecker Bruch (Foto: Frank Grawe)


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Tab. 1: Gefährdete und geschützte Gefäßpflanzenarten im NSG „Körbecker Bruch“
(nach NIESCHALK 1958, HELDT 1981, FIGURA et al. 1999 und Beobachtungen durch Mitarbeiter der Landschaftsstation im Kreis Höxter e. V., RL-Status nach LÖBF 1999)

1 letztmals bestätigt von NIESCHALK (1958)
2 letztmals bestätigt von HELDT (1981)
3 letztmals bestätigt von GRÖNITZ (1982)
4 letztmals bestätigt von FIGURA et al. (1999)

4 Tierwelt

Eine überregionale Bedeutung hat das NSG auch für einige Tierartengruppen, insbesondere für die Avifauna. Das Biotopmosaik aus Feucht- und Nassgrünland, Feuchtbrachen, Säumen entlang der Gräben und Schilfröhrichten bietet verschiedenen Wiesenbrütern, die in der weiteren Umgebung selten geworden sind, einen geeigneten Lebensraum (Tab. 2). Zu den Arten, die das Körbecker Bruch als Bruthabitat nutzen, zählen z. B. Wiesenpieper, Braunkehlchen, Feldschwirl, Bekassine sowie der bundes- und landesweit vom Aussterben bedrohte Wachtelkönig. Wiesen- und Rohrweihe brüten regelmäßig in den Brachen und Röhrichten des NSG. Bemerkenswert ist der Nachweis eines Brutpaars des Steinschmätzer 1979 durch SMOLIS (1982).


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Das Brutvorkommen konnte seitdem nicht mehr bestätigt werden. Vereinzelte Brutnachweise liegen außerdem für die Grauammer und das Schwarzkehlchen vor, Einzelbeobachtungen singender Männchen vom Drosselrohrsänger gibt es aus unterschiedlichen Jahren.

An Nahrungsgästen wurden bislang u. a. Schwarzmilan, Schwarzstorch und Neuntöter beobachtet. Die Grünlandflächen besitzen außerdem eine hohe Bedeutung für rastende Zugvogelarten wie Kiebitz, Goldregenpfeifer, Bekassine, Kranich, Weißstorch und Sumpfohreule.

Tab. 2: Im NSG „Körbecker Bruch“ 1998-2003 festgestellte gefährdete und bemerkenswerte Brutvogelarten
(nach FIGURA et al. 1999 sowie Kartierungen durch Mitarbeiter der Landschaftsstation im Kreis Höxter e. V., RL-Status nach LÖBF 1999; angegeben ist die Anzahl der festgestellten rufenden Männchen bzw. Reviere)

Entsprechend der vielfältigen Grünlandtypen unterschiedlicher Feuchtestufen liegen für das Körbecker Bruch bislang Nachweise für insgesamt 12 Heuschreckenarten vor (FIGURA et al. 1999). Unter den 4 gefährdeten bzw. stark gefährdeten Arten finden sich insbesondere Arten, die feuchte bis nasse Standorte bevorzugen. Die Kurzflügelige Schwertschrecke (Conocephalus dorsalis, RL NRW 2) findet sich vor allem in den Feuchtbrachen mit einer meist dichten Vegetationsstruktur, während die Säbeldornschrecke (Tetrix subulata, RL NRW 3) vegetationsarme Stellen im Feuchtgrünland bevorzugt. Ebenfalls im Feuchtgrünland finden sich die beiden in NRW gefährdeten Arten Weißrandiger Grashüpfer (Chorthippus albomarginatus) und Sumpfgrashüpfer (Chorthippus montanus), wobei letzterer vor allem die nassen Standorte besiedelt.

5 Entwicklungsmaßnahmen

Eines der vorrangigen Ziele zur Entwicklung des NSG „Körbecker Bruch“ ist die Wiedervernässung, um den landschaftstypischen Wasserhaushalt wiederherzustellen und der Mineralisierung des Torfkörpers entgegenzuwirken. Darüber hinaus ist die Anpassung der landwirtschaftlichen Nutzung an die jeweiligen Standortbedingungen für den Erhalt und die Entwicklung der Niedermoorstandorte unerlässlich. Dies bedeutet, dass die Bewirtschaftung extensiv erfolgt und eine Stickstoffdüngung auf den Feuchtwiesen sowie in randlichen Pufferzonen unterbleibt. Alle im NSG liegenden Ackerflächen wurden in Grünland umgewandelt.

Im Rahmen des Vertragsnaturschutzes werden die landwirtschaftlich genutzten Flächen des NSG überwiegend nach den Vorgaben des Kulturlandschaftsprogramms bewirtschaftet.


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Dabei wird eine extensive ein- bis zweischürige Mahd durchgeführt, insbesondere in den feuchten bis nassen Bereichen werden dabei leichte Geräte eingesetzt. Besonders empfindliche und aus naturschutzfachlicher Sicht wertvolle Pflanzenbestände (wie die der Trollblume, Trollius europaeus) werden erst nach deren Samenreife in zweijährigem Turnus gemäht, um einer Verbrachung entgegenzuwirken.

Auf den nicht mehr genutzten Feuchtbrachen entwickelt sich langfristig eine dichtwüchsige Vegetation, die sich für viele schützenswerte Pflanzen- und Tierarten nachteilig auswirkt. Zukünftig wird angestrebt, die brachgefallenen Grünlandbestände zeitlich versetzt in zweijährigem Rhythmus zu mähen.

Eine extensive Beweidung wird insbesondere in den Randbereichen des NSG auf den mineralischen Böden angestrebt. Die Niedermoorböden im zentralen Teil des Gebietes sind nur bedingt für eine Beweidung geeignet, da es durch die Trittbeeinflussung zu einer verstärkten Mineralisation des Torfkörpers kommt. Für die in Grünland umgewandelten, ehemaligen Ackerflächen im Süden des NSG hat sich herausgestellt, dass eine Beweidung bzw. Nachbeweidung der Flächen durch Rinder sinnvoll ist. Eine Folge der Beweidung ist die Erhöhung des Strukturreichtums durch Trittsiegel sowie durch das selektive Fraßverhalten der Tiere (Weidereste). Eine Nachbeweidung der Flächen kommt den nutzenden Landwirten zudem betriebsbedingt entgegen, was sich positiv auf die Kontinuität einer Nutzung auswirkt.

Die Auswirkungen der Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sowie der modifizierten Nutzungen auf die Pflanzen- und Tierwelt werden seit 2002 regelmäßig durch die Erfassung ausgewählter Indikatorarten dokumentiert.

6 Literatur

BEINLICH, B., F. GRAWE, W. KÖBLE & S. MINDERMANN (2003): NSG „Körbecker Bruch“ bei Borgentreich. Ergebnisse des Bestandsmonitorings. Erfassungsjahr 2002. – Im Auftrag des Kreises Höxter, ULB, unveröff.

BÖTTCHER, H. & M. SMOLIS (1987): Ein bisher unbekanntes Vorkommen der Trollblume (Trollius europaeus L.) bei Borgentreich, Kreis Höxter. – Mitt. d. Naturkundl. Ver. Egge-Weser 4 (1): 83-86.

FIGURA, W., B. KRAHN, P. PAUSCHERT & B. SCHACKERS (1999): Pflege- und Entwicklungsplan für das Naturschutzgebiet „Körbecker Bruch“. – unveröff. Gutachten im Auftrage des Kreis Höxter – ULB

GRÖNITZ, W. (1982): Die Vegetation als Grundlage für Schutz, Pflege und Entwicklung des zukünftigen Naturschutzgebietes „Körbecker Bruch“. - Unveröff. Dipl.-arb. an der Uni-GH Paderborn, Abteilung Höxter.

HELDT, E. (1961): Zum Vorkommen der Trollblume bei Borgengreich und Körbecke, Kreis Warburg. – Natur und Heimat 21: 92.

HELDT, E. (1981): Das Körbecker Bruch und seine Flora. - Mitt. d. Naturkundl. Ver. Egge-Weser 1 (2): 44-62.

   

NIESCHALK, A. & C. (1958): Rösebecker und Körbecker Bruch im Kreise Warburg. – Natur und Heimat 18: 11-13.

PREYWISCH, K. (1981): Die naturräumliche Gliederung des Egge-Weser-Gebiets. – Jahrbuch Kreis Höxter 1981: 45-64.

SMOLIS, M. (1982): Avifaunistische Bestandsaufnahme im geplanten Naturschutzgebiet "Körbecker Bruch". – Mitt. d. Naturkundl. Ver. Egge-Weser 1 (4): 142-182.

Anschrift des Verfassers:

Mathias Lohr
Fachhochschule Lippe und Höxter
Fachgebiete Tierökologie und Landschaftsökologie
An der Wilhelmshöhe 44
37671 Höxter
mathias.lohr@fh-luh.de


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