Die Buchenwälder
im Kreis Höxter
Heiko Köstermeyer,
Frank Grawe, Iris Simon und Burkhard Beinlich
Einleitung
Buchenwälder
gehören zu den auffälligsten und häufigsten
Lebensräumen Deutschlands und sind z.B. als klassischer
Hallenbuchenwald praktisch jedem bekannt. Der erste Eindruck dieser
Wälder vermittelt oft das etwas monotone Bild eines
einheitlichen, nur aus einer Baumart aufgebauten Waldes mit nur
schwach und artenarm entwickelter Kraut- und Strauchschicht. Trotz
der relativen Artenarmut gehören Buchenwälder zu den
vegetationskundlichen Besonderheiten Deutschlands. Die Rotbuche
(Fagus sylvatica) besitzt ihren weltweiten
Verbreitungsschwerpunkt in Mitteleuropa (Abb.1). Außerhalb
Europas kommen „Buchenwälder“ nur noch im südlichen
Südamerika und auf Neuseeland vor; dort sind allerdings die
Südbuchen (Nothofagus spp.) anstatt der bei uns
heimischen Rotbuche bestandsbildend.
Abb. 1:
Verbreitung der Buchenwälder in Europa (aus
Ellenberg 1996)
Aufgrund
der weiten Verbreitung der Rotbuche in Mitteleuropa und der Vielzahl
der besiedelten Standorte hat sich in den letzten 5000 Jahren eine
große Zahl von Buchenwaldgesellschaften herausgebildet.
Während
im Tiefland und in den unteren Berglagen überwiegend von der
Buche dominierte Waldgesellschaften mit nur geringen Beimengungen
anderer Baumarten vorkommen, treten mit steigender Höhenlage
auch vermehrt Nadelgehölze wie die Tanne (Abies alba) in
den Buchenwäldern auf und bilden Tannen-Buchenwälder.
Tabelle 1
gibt einen Überblick über die nach
Ellenberg (1996) in
Mitteleuropa vorkommenden Buchenwälder. In West- und Osteuropa
sowie in den italienischen Apenninen treten weitere, hier ebenso wie
die montanen und subalpinen nicht näher behandelte
Gesellschaften hinzu.
Tabelle 1:
Buchenwälder Mitteleuropas
(verändert nach
Ellenberg
1996 &
Ssymank
1998)
Natura 2000
Code |
Deutscher
Name |
Wissenschaftlicher
Name |
Buchenwälder
vom Tiefland bis in untere Berglagen |
9150 |
Trockenhang-Kalkbuchenwälder |
Cephalanthero-Fagenion |
9130 |
Mull-Buchenwälder |
Asperulo-Fagenion |
9110 |
Moder-Buchenwälder |
Luzulo-Fagenion |
Buchenwälder
und Tannen-Buchenwälder der mittleren und hohen Berglagen |
9130 |
Alpenheckenkirschen-Buchenwälder
und Tannen-Buchenwälder |
Lonicero
alpigenae-Fagenion |
|
Labkraut-Tannenwälder |
Galio
rotundifolii-Abietenion |
9140 |
Bergahornreiche
Hochlagen-Buchenwälder |
Aceri-Fagenion |
|
Buchenwälder
außerhalb des engeren Mitteleuropas |
|
Drüsenzahnwurz-Buchenwälder
und Buchen-Tannenwälder |
Dentario
glandulosa-Fagenion |
|
Hasenglöckchen-Buchenwälder |
Hyacinthoides-Fagenion |
|
Sternhyazinthen-Buchenwälder |
Scillo-Fagenion
|
Im
Kreis Höxter kommen aufgrund der Höhenlage nur die drei
Buchenwälder des Tieflandes (Trockenhang-Kalkbuchenwald, Mull-
und Moderbuchenwälder) vor.
In der
potentiellen natürlichen Vegetation Deutschlands würden
Buchenwälder die dominierende Vegetationsform darstellen. Der
überwiegende Teil Deutschlands, mit Ausnahme von
Sonderstandorten mit besonders nassen oder trockenen Böden, wäre
von Buchenwäldern oder Buchenmischwäldern bedeckt und dies,
obwohl die Buchenwaldformationen zu den vegetationsgeschichtlich eher
jüngeren Waldgesellschaften in Deutschland gehören.
Abb.
2: Wiederausbreitung der Buche nach der letzten Eiszeit
(aus
Ellenberg
1996, Zahlen und Schattierungen geben den prozentualen Anteil der
Rotbuchen-Baumpollen an.)
Während
der letzten Eiszeit besaß die Buche nur noch kleinere
Rückzugsgebiete in Südfrankreich und auf der
Balkanhalbinsel. Für die Wiederausbreitung benötigte die
Buche mehrere tausend Jahre. Ihr heutiges Verbreitungsgebiet
erreichte sie erst um Christi Geburt (vgl. Abb.2). Während der
allmählichen Vergrößerung des Verbreitungsgebietes
dürfte das Aussehen des Buchenwaldes sich immer wieder geändert
haben. Dies gilt um so mehr, als der Mensch zumindest in den letzten
Jahrtausenden die Landschaft um sich herum intensiv beeinflußte
und auch das Erscheinungsbild des Waldes stark prägte.
Einerseits wurde der Wald und damit auch der Buchenwald durch die
Urbarmachung von Land in seiner Fläche stark zurückgedrängt,
andererseits erfolgte aber auch schon früh eine mehr oder
weniger intensive Nutzung der Wälder für die
Brennholzgewinnung und als Waldweide. Höhepunkt dieser
Entwicklung war das Mittelalter, als die Wälder in Mitteleuropa
stark devastiert, große Flächen waldfrei und die Wälder
wesentlich lichter als in der Gegenwart waren. Wirkliche Urwälder,
die weitgehend frei von menschlichen Einflüssen sind, existieren
bereits lange nicht mehr. Alle heute bei uns anzutreffenden
Buchenwaldgesellschaften sind in ihrer Entstehung stark durch den
Menschen geprägt worden und nähern sich im Erscheinungsbild
den „natürlichen“, uns aber nicht überlieferten
Gesellschaften lediglich an.
Die
Ausbreitung der Buche und ihre „theoretische“ Dominanz
bei den heutigen Klimaverhältnissen in von Menschen
unbeeinflußten Wäldern im Mitteleuropa ist auf die hohe
Konkurrenzkraft der Buche zurückzuführen. In der Praxis
jedoch unterliegen seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert fast alle
Wälder Deutschlands der Forstwirtschaft, und die hier wachsenden
Baumarten werden durch die Forstwirtschaft bestimmt.
Die Buche
verfügt über gute Wachstumsleistungen in einem weiten
Bereich von feuchten bis mäßig trockenen und sauren bis
alkalischen Standorten. Als Schattbaumart ist sie in der Lage,
bereits unter dem Kronendach eines bestehenden Waldes bei nur
geringen Lichtmengen heranzuwachsen. Nach dem Zusammenbruch des alten
Baumbestandes weist sie zumeist ein wesentlich schnelleres
Höhenwachstum als konkurrierende Baumarten wie z.B. die Eiche
auf und nimmt diesen damit das zum Wachstum benötigte Licht. Nur
Esche (Fraxinus excelsior), Berg- und Spitz-Ahorn (Acer
pseudoplatanus et A. platanoides) besitzen ein vergleichbares
Jugendwachstum (Ellenberg 1996).
Die
Vermehrung der Buche erfolgt, ähnlich wie bei der Eiche, vor
allem in guten Mastjahren, wenn alle Buchen gleichzeitig eine hohe
Samenproduktion aufweisen. In stark aufgelichteten Wäldern, wie
sie früher z.B. durch die Waldweide entstanden sind, oder auf
waldfreien Standorten gelangt die Buche ohne menschliche Hilfe erst
nach der Ausbildung eines weitgehend geschlossenen Kronendaches des
Waldes wieder zur Vorherrschaft. Hier bilden sich Sukzessionsreihen
aus, in denen am Anfang Lichtbaumarten wie die Birke (Betula
pendula) oder Esche und später u.a. auch Eichen dominieren,
die danach von der Buche wieder verdrängt werden. Aktuell lassen
sich diese Vorgänge gut in den gepflanzten lichten
Eichehutewäldern des Sollings, Reinhardswaldes und im „Urwald“
um die Sababurg beobachten.
Bei der
hohen Konkurrenzkraft der Buche und ihrer natürlichen Dominanz
stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit des Schutzes von
Buchenwäldern. Sie ergibt sich aus der weitgehend auf
Mitteleuropa beschränkten Verbreitung der Buchenwälder
(s.o.), insbesondere der nur hier vorkommenden
Buchenwaldgesellschaften. Vergleichbar ist dies mit solch
einzigartigen Ökosystemen wie dem Wattenmeer oder Tier- und
Pflanzenarten, die überwiegend in Mitteleuropa vorkommen, wie
z.B. dem Rotmilan (Milvus milvus). Darüber hinaus
weisen Buchenwälder, wie praktisch jeder Lebensraumtyp, an sie
besonders angepaßte Tier- und Pflanzengemeinschaften auf, für
deren Überleben die Buchenwälder von hoher Bedeutung sind.
Neben der allgemeinen Verantwortung sind jedoch auch reale
Gefährdungen (z.B. Förderung von Nadelhölzern auf
Buchenstandorten) Grundlage für das Schutzbedürfnis unserer
Buchenwälder und die Aufnahme in die FFH-Richtline.
In
Deutschland gehören Wälder zu den wenigen noch großflächig
vorkommenden naturnahen Lebensräumen. Mit einem Flächenanteil
von etwa 30 % an der Gesamtfläche Deutschlands bestimmen Wälder
nach der Landwirtschaft das Landschaftsbild. Buchenwälder
gehören mit einem Anteil von 16 % am Gesamtwaldbestand zwar zu
den häufigeren Waldtypen in Deutschland und Nordrhein-Westfalen.
Durch die forstwirtschaftliche Nutzung und Umwandlung in
Nadelwaldbestände ist der Buchenwaldanteil seit Beginn der
geregelten Forstwirtschaft jedoch in Deutschland stark zurückgedrängt
worden. Derzeit ist die mit der nicht heimischen Fichte (Picea
abies) bestockte Fläche in Nordrhein-Westfalen mit 303.100
ha mehr als doppelt so groß wie die der Buche (144.600 ha)
(LÖBF 2002), der natürlicherweise vorherrschenden Baumart.
Die
Flächen des für den Kreis Höxter zuständigen
Forstamtes Bad Driburg weisen mit einem Buchenwaldanteil von 43,6%
nach der Landeswaldinventur einen außergewöhnlich großen
Buchenbestand auf. Etwa 10% der Buchenwaldfläche des Landes
Nordrhein-Westfalen finden sich im Kreis Höxter.
Neben der
Umwandlung von Buchenwäldern in andere Waldtypen gefährdet
zunehmend die immer weitere Zerschneidung (z.B. durch Verkehrswege)
und die damit verbundene Verkleinerung der einzelnen Waldflächen
die typischen Lebensgemeinschaften der Buchenwälder.
Allgemein
läßt sich daher als Schutzziel für die Buchenwälder
der Erhalt und die Entwicklung naturnaher, kraut- und
geophytenreicher Bestände in ihren verschiedenen
Entwicklungsstufen und Altersphasen, inklusive ihrer Vorwälder,
Gebüsch- und Staudenfluren formulieren (Ssymank et al. 1998).
Hierzu
geeignete Maßnahmen sind
die
Förderung der Naturnähe durch eine naturnahe
Waldbewirtschaftung unter Ausnutzung der Naturverjüngung,
die
Entwicklung alters- und strukturdiverser Bestände mit einem
dauerhaften und ausreichenden Anteil von Alt- und stehendem Totholz,
die
Förderung der natürlichen Entwicklung von Vor- und
Pionierwaldstadien auf Sukzessionsflächen,
die
Vermehrung des Buchenwaldes durch den Umbau von mit nicht
bodenständigen Gehölzen bestandenen Flächen und
die
Schaffung von zusammenhängenden Laubwaldkomplexen.
Im
folgenden werden die drei im Kreis Höxter anzutreffenden
Buchenwaldtypen näher vorgestellt:
Moder-Buchenwälder
/ Hainsimsen-Buchenwälder (Luzulo-Fagenion (Lohm. et Tx.
1954))
Auf
sauren Böden sind die Buchenwälder als
Hainsimsen-Buchenwälder ausgeprägt. Diese sind in
Mitteleuropa und auch in Nordrhein-Westfalen weit verbreitet. In NRW
haben sie ihren Verbreitungsschwerpunkt im südwestfälischen
Bergland (Sauer- und Siegerland). Dort treten sie in den Hochlagen
als bärlappreiche Buchenwälder in Erscheinung. Aber auch im
ostwestfälischen Hügelland mit Teutoburger Wald und Egge,
auf den Sandböden des Niederrheinischen Tieflandes und der
Kölner Bucht sowie auf den Rheinterrassen bei Düsseldorf
und Köln sind diese Buchenwaldformationen noch großflächig
anzutreffen. Die Buchen-Eichenwälder des Tieflandes sind
ebenfalls den Hainsimsen-Buchenwäldern zuzurechnen (Abb.3).
Abb. 3: Verbreitung der Hainsimsen-Buchenwälder in NRW
(MUNLV 2001,verändert, Kreise symbolisieren unterschiedlich große
Flächen)
Im Kreis
Höxter beschränken sich aufgrund der vorherrschenden
basenreichen Kalkgesteine die Vorkommen der bodensauren Buchenwälder
im wesentlichen auf den Zug der Egge, die Ausläufer des
Schwalenberger Waldes im Norden und die waldarme Borgentreicher
Börde. Aber auch im Bereich der Kalkbuchenwälder finden
sich auf oberflächlich versauerten Böden kleinräumig
Hainsimsen-Buchenwälder in enger Verzahnung mit den
Kalkbuchenwäldern.
Charakterisierung der bodensauren
Buchenwälder
Aufgrund
der sauren Böden und der darauf zurückzuführenden
Nährstoffarmut (eingeschränkte Mineralisierung organischer
Substanz) weisen die Hainsimsen-Buchenwälder im Gegensatz zu den
weiter unten behandelten Kalk-Buchenwaldgesellschaften nur eine
verarmte Krautschicht auf. Anspruchsvolle Waldarten wie z.B. Bärlauch
oder Frühlingsplatterbse wird man hier vergeblich suchen.
Stattdessen findet man Säurezeiger wie Draht-Schmiele (Avenella
flexuosa), Adlerfarn (Pteridium aquilinum) oder
Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) oder gegenüber dem
Bodensäuregrad indifferente Arten wie Sauerklee (Oxalis
acetosella), Wald-Habichtskraut (Hieracium murorum) oder
Dornigen Wurmfarn (Dryopteris carthusiana).
Charakteristisch
für den bodensauren Buchenwald sind auch die dicken Schichten
von Auflagehumus. Sie entstehen durch die bei niedrigen pH-Werten
verzögerte Zersetzung des Fallaubes, welches nur von Arthropoden
zerkleinert, nicht aber von Regenwürmern mit mineralischen
Bestandteilen tieferer Bodenschichten vermischt und zu Mull
verarbeitet wird (Ellenberg 1996).
Obwohl die
Hainsimsen-Buchenwälder sehr artenarm sind, kann man je nach
Exposition und Neigung der Hänge zwei Gesellschaften sowie eine
ganze Reihe von Subassoziationen und Varianten unterscheiden
(Ellenberg 1996,
Pott 1995):
Der
typische Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo luzuloidis-Fagetum
(Meusel 1937)) findet sich gewöhnlich auf flachen Kuppen oder
an seichten Schatthängen. An sonnseitigen Hängen treten
lichtliebende Arten wie die Draht-Schmiele und auch die namengebende
Weiße Hainsimse (Luzula luzuloides) in den Vordergrund.
Eine
reichere Subassoziation bevorzugt Schatthänge und leitet zu den
dort herrschenden Braunerde-Mullbuchenwäldern über.
Feuchtigkeits- und lichtliebende Farne wie z.B. der Eichenfarn
(Gymnocarpium dryopteris) treten dort verstärkt auf.
Ärmere
Ausprägungen mit Heidelbeere treten an Süd- und Westhängen
umso stärker hervor, je trockener das Kleinklima ist und je
stärker der Baumbestand durch ehemalige Niederwaldwirtschaft
degradiert wurde (stärkerer Lichteinfall!).
An
Südwesthängen und auf windexponierten Kuppen mischen sich
Eichen zwischen die unter Trockenheit und Nährstoffarmut
leidenden Buchen. Die Krautschicht wird von Säurezeigern,
darunter viele Moose, dominiert.
Strauchflechten
und Besenheide (Calluna vulgaris) weisen auf stark verhagerte
Stellen hin, an denen die Buche nur noch wenig konkurrenzfähig
ist.
Reichere
Ausprägungen der bodensauren Buchenwälder finden sich auf
Lößlehmböden oder lößähnlichen
Bodenbildungen (tiefgründige Parabraunerden oder Braunerden
mittleren Basengehalts), wie sie im Kreis in der Borgentreicher
Börde anzutreffen sind. Der dort vorkommende
Flattergras-Buchenwald (Milio-Fagetum
Burrichter et
Wittig
1977) nimmt hinsichtlich der Trophieansprüche eine
Mittelstellung zwischen dem Hainsimsen-Buchenwald auf der einen
Seite und dem anspruchsvollen Waldmeister-Buchenwald auf der anderen
Seite ein. Anspruchsvollere Arten wie Flattergras (Milium
effusum) oder Wald-Segge (Carex sylvatica) sind hier
anzutreffen.
Bedeutung für den
Naturschutz / Gefährdung
Der
Flattergras-Buchenwald stellt die natürliche Waldgesellschaft
auf Löß dar (Bördenlandschaften). Diese Landschaften
waren schon immer bevorzugte Siedlungsgebiete des Menschen, so daß
diese Waldformation heute nur noch in kleinen Restbeständen
anzutreffen ist. Diese Restbestände sind zudem durch einseitige
Förderung der Eiche in der Vergangenheit häufig stark
überformt. Die heute noch vorhandenen naturnahen Bestände
der Flattergras-Buchenwälder sind in NRW stark gefährdet
(Verbücheln et al. 1995) und hochgradig schutzwürdig. Im
Gegensatz dazu ist der typische Hainsimsen-Buchenwald in Mitteleuropa
noch weit verbreitet und ist in seinem Bestand nicht gefährdet.
Die Hainsimsen-Buchenwälder
des europaweiten Schutzgebietssystems NATURA 2000 im Kreis Höxter
Aufgrund
der Dominanz der Kalk-Buchenwälder und der untergeordneten
Bedeutung der Hainsimsen-Buchenwälder im Kreis Höxter
wurden hier nur zwei FFH-Gebiete wegen des Vorkommens von
Hainsimsen-Buchenwäldern ausgewiesen. Es handelt sich um die
FFH-Gebiete DE-4121-302 „Schwalenberger Wald“, welches zu
einem kleinen Anteil in den Kreis hineinragt, und DE-4219-301 „Egge“,
welches auch auf die Kreise Paderborn und Lippe übergreift.
In fünf
weiteren FFH-Gebieten sind aber ebenfalls Hainsimsen-Buchenwälder
anzutreffen. Es handelt sich um die Gebiete
DE-4219-303
Wälder zwischen Iburg und Aschenhütte,
DE-4221-301
Stadtwald Brakel,
DE-4320-301
Hirschstein,
DE-4320-302
Gradberg und
DE-4419-301
Schwarzbachtal.
Mull-Buchenwälder
(Asperulo-Fagenion (Knapp
1942)
Auf
kalk- und nährstoffreichen Braunerden und Parabraunerden stocken
dagegen anspruchsvolle Waldmeister-Buchenwälder. Sie haben in
den Mittelgebirgen und im Hügelland den Schwerpunkt ihrer
Verbreitung (Abb. 4) und sind durch eine optimale Entfaltung der
Rotbuche gekennzeichnet.
Abb. 4: Verbreitung der Waldmeister- und Orchideen-Kalk-Buchenwälder in NRW (MUNLV
2001, verändert)
Charakterisierung der
Waldmeister-Buchenwälder
Waldmeister-Buchenwälder
bilden als Haupttyp der artenreichen Buchenwaldserie auf basischen
Gesteinsböden typische Hallenwälder, in denen die Buche
eine Höhe von 30 - 35 m erreicht. Eine zweite, niedrigere
Baumschicht sowie eine Strauchschicht sind nur schwach entwickelt.
Waldmeister-Buchenwälder
sind dagegen in der Krautschicht sehr artenreich. Sie ist im
Gegensatz zu derjenigen der oben beschriebenen
Hainsimsen-Buchenwälder üppig entwickelt und häufig
nahezu geschlossen. Neben dem namengebenden Waldmeister (Galium
odoratum) sind zahlreiche Frühjahrsblüher typisch, so
Hohler Lerchensporn (Corydalis cava), Wald-Bingelkraut
(Mercurialis perennis), Gelbes Windröschen (Anemone
ranunculoides), Leberblümchen (Hepatica nobilis),
Maiglöckchen (Convallaria majalis), Aronstab (Arum
maculatum) oder Bären-Lauch (Allium ursinum).
Die
Frühblüher des Waldmeister-Buchenwaldes treiben sehr früh
im Jahr aus und durchlaufen ihre gesamte Entwicklung von der
Entfaltung der Blätter über das Blühen bis zur
Fruchtbildung vor der Entfaltung des Buchenlaubes.
Der recht
trockene, nur geringmächtige humose Auflagehorizont im
Waldmeister-Buchenwald, der sog. Mull, wird vor der Laubentfaltung
gut besonnt und erwärmt sich rasch. Aus den allen
Frühlings-Geophyten (= „Erdpflanzen“) eigenen
unterirdischen Speicherorganen wie Zwiebeln (Bären-Lauch,
Märzenbecher (Leucojum vernum)), Wurzelknollen
(Frühlings-Scharbockskraut (Ficaria verna (= Ranunculus
ficaria)) oder unterirdischen Sproßabschnitten
(Leberblümchen, Busch-Windröschen (Anemone nemorosa))
können die Pflanzen Reservestoffe, welche sie im Vorjahr
gespeichert haben, für den Austrieb nutzen. Sie haben gegenüber
anderen Pflanzen hierdurch einen Entwicklungsvorsprung; ohne ihn
könnten sie die spätere starke Beschattung nicht
überstehen.
Wenn die
Buche voll belaubt ist, sind einige Arten bereits verwelkt oder die
oberirdischen Teile gar abgestorben.
Innerhalb
des FFH-Lebensraumtypes „Waldmeister-Buchenwälder“
(LRT 9130) gibt es in den heimischen Wäldern zwei
Pflanzengesellschaften mit unterschiedlichen Standortansprüchen
(Pott 1995, Ellenberg 1996):
Auf
relativ flachgründigen Südhängen sowie in exponierten
Kuppenlagen stockt - im Kreis Höxter eher kleinflächig
vorhanden (z.B. im Asseler Wald oder am Hellberg-Scheffelberg) - der
Waldgerste-Buchenwald (Hordelymo-Fagetum (Kuhn 1937)) mit
wärme- und lichtliebenden Arten wie Frühlings-Platterbse
(Lathyrus vernus), Leberblümchen, Nesselblättriger
Glockenblume (Campanula trachelium) und Finger-Segge (Carex
digitata) in der Krautschicht. Die Gesellschaft leitet zu den
Orchideen-Buchenwäldern, namentlich zum Seggen-Buchenwald
(Carici-Fagetum (Moor 1952)) über.
In
weniger sonnenexponierten Lagen bei etwas tiefgründigerem Boden
gedeiht die in den Buchenwäldern des Kreis Höxter weit
verbreitete Gesellschaft des Waldmeister-Buchenwaldes (Galio
odorati-Fagetum (Sougnez &
Till 1959)). Neben dem
Waldmeister ist dieser Wald durch Arten wie Vielblütige
Weißwurz (Polygonatum multiflorum) und Ährige
Teufelskralle (Phyteuma spicatum) gekennzeichnet. Je nach
Exposition und Wasserversorgung wird die Krautschicht von Herden von
Bären-Lauch oder Einblütigem Perlgras (Melica uniflora)
dominiert.
Die Waldmeister-Buchenwälder
des europaweiten Schutzgebietssystems NATURA 2000 im Kreis Höxter
Aufgrund
der eingangs geschilderten optimalen Wuchsleistung der Buche sind die
Waldmeister-Buchenwälder der Region, anders als z.B. zahlreiche
Hainsimsen- oder Flattergras-Buchenwälder, nur selten mit
standortfremden Gehölzen aufgeforstet worden und kommen daher im
Kreis Höxter noch großflächig vor.
Dennoch
finden sich, wie oben bereits erläutert, keine natürlichen
Waldmeister-Buchenwälder mehr, sondern aus einer geregelten
Forstwirtschaft entstandene, lediglich naturnahe Bestände.
Im Kreis
Höxter liegen insgesamt sieben Natura 2000-Gebiete, für die
das Vorkommen des Lebensraumtyps „Waldmeister-Buchenwald“
(LRT 9130) für die Schutzgebietsausweisung ausschlaggebend war:
DE-4219-303
Wälder zwischen Iburg und Aschenhütte Zwischen der
Iburg und der Aschenhütte bei Bad Driburg stocken artenreiche
Bestände, die sich aufgrund der unterschiedlichen
Hangneigungen, Expositionen und Altersklassen durch eine
vielgestaltige Ausprägung auszeichnen.
DE-4320-302
Gradberg Der Gradberg, ebenfalls ein großer
Laubwaldkomplex , wird überwiegend von
Waldmeister-Buchenwäldern dominiert. Gekennzeichnet ist das
Gebiet durch ein vielfältiges Nebeneinander unterschiedlicher
Alters- und Sukzessionsphasen und artenreiches Grünland in
Waldrandlage.
In zehn
weiteren FFH-Gebieten kommen Waldmeister-Buchenwälder in
geringerem Umfang im Verbund mit weiteren FFH-Lebensraumtypen vor:
DE-4121-302
Schwalenberger Wald
DE-4221-302
Kalkmagerrasen bei Ottbergen
DE-4320-306
Talbach östlich Niesen
DE-4320-307
Quellgebiet Bockskopf
DE-4321-303
Lebersiek südlich Dalhausen
DE-4322-301
Wälder um Beverungen
DE-4420-301
Hellberg-Scheffelberg
DE-4421-302
Schwiemelkopf
DE-4422-301
Samensberg
DE-4520-301
Weldaer Berg und Mittelberg
DE-4520-302
Iberg bei Welda
Orchideen-Buchenwälder
(Cephalanthero-Fagenion (R.
Tx. 1955))
Orchideen-Buchenwälder
(Cephalanthero-Fagenion (R. Tx. 1955)) haben von allen
Buchenwäldern die größten Wärmeansprüche.
Ihren Verbreitungsschwerpunkt besitzen sie dementsprechend im
südlichen Mitteleuropa. Es handelt sich um sehr artenreiche
Waldgesellschaften mit vielen Arten, die pflanzengeographisch zu den
mediterranen oder submediterranen Florenelementen zählen. Hierzu
gehören in erster Linie auch die zahlreichen, namengebenden
Orchideenarten. Während die Orchideen-Buchenwälder im
Zentrum ihres Areals, so z.B. im Kaiserstuhl, eine breite Spanne von
Standorten besiedeln und entsprechend eine Vielzahl von Ausprägungen
umfassen (Ellenberg 1996), kommen sie an ihrer nördlichen
Verbreitungsgrenze nur an sehr spezifischen und extremen Standorten
vor. In Nordwest-Deutschland sind Orchideen-Buchenwälder an
sommerwarme, sonnenexponierte, kalkreiche Steilhänge mit
zeitweilig eingeschränkter Wasserversorgung gebunden (Dierschke
1989). Lediglich im südwestlichen Harzvorland Niedersachsens ist
auf Gips keine Bindung an südexponierte Oberhänge
festzustellen (Schönfelder 1978). In Nordrhein-Westfalen liegt
der Verbreitungsschwerpunkt der Orchideen-Buchenwälder im
Weserbergland und dort wiederum im Kreis Höxter. Einige weitere
Vorkommen gibt es in der Eifel, im Teutoburgerwald und auf der
Briloner Hochfläche (vgl. Abb. 4).
Charakterisierung der
nordwestdeutschen Orchideen-Buchenwälder
Im
Seggen-Buchenwald (Carici-Fagetum (Moor 1952)) tritt die
Wuchsleistung der Rotbuche im Vergleich zu anderen
Buchenwald-Gesellschaften deutlich zurück. Geringe Wuchshöhen
und langsamer Zuwachs dokumentieren, daß sich die Rotbuche hier
nicht in ihrem physiologischem Optimum befindet. Ursachen hierfür
sind in erster Linie der angespannte Wasserhaushalt der
flachgründigen Böden sowie eine gehemmte
Mineralstoffnachlieferung infolge der durch die Trockenheit
verlangsamten Mineralisation der organischen Substanz (vgl.
Grimme
1975). Hinzu kommen Hangrutschungen, die nicht selten zu sogenanntem
Säbelwuchs führen, und eine erosionsbedingte Aushagerung
der Böden. Bedingt durch die geringere Wüchsigkeit der
Rotbuche sind die Orchideen-Buchenwälder lichte Wälder mit
zahlreichen wärme- und lichtbedürftigen Arten in der Baum-,
Strauch- und Krautschicht, die auch in wärmeliebenden
Eichenmischwäldern vorkommen (Ellenberg 1996). Selbst am
Arealrand weisen pflanzensoziologische Bestandsaufnahmen von
Orchideen-Buchenwäldern noch eine
mittlere Artenzahl von 38 auf (Zacharias 1996).
In der
Baumschicht mischt sich die Rotbuche mit der Stiel- und Trauben-Eiche
(Quercus robur, Q. petraea), der Elsbeere (Sorbus
torminalis), der Hainbuche (Carpinus betulus) und dem
Feld-Ahorn (Acer campestre). Mitunter treten auch Esche
(Fraxinus excelsior) und Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus)
hinzu. Als Baum der 2. Baumschicht ist selten auch die Eibe (Taxus
baccata) anzutreffen, so z.B. am Ziegenberg bei Höxter.
Sie tritt dabei nur lokal an unzugänglichen Steilhängen
häufiger auf, was u.a. auf ihre Nutzung als wertvolles Werkholz
zurückzuführen ist (Pott 1995). In der Strauchschicht
finden wir neben dem Baumjungwuchs Weißdorn-Arten
(Crataegus-spp.), Schlehe (Prunus spinosa), Roten
Hartriegel (Cornus sanguineus), Hunds-Rose (Rosa canina),
Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus) und Seidelbast
(Daphne mezereum). In der Krautschicht tritt die Finger-Segge
als hochstete Kennart der Orchideen-Buchenwälder auf (Zacharias
1996, Golisch 1996). Es handelt sich hier allerdings nicht um die
namengebende Weiße Segge (Carex alba) des
Carici-Fagetum, welche bei uns nicht vorkommt. Kennzeichnende
Orchideen sind das Bleiche und das Rote Waldvöglein
(Cephalantheria damasonium und C. rubra), die Nestwurz
(Neottia nidus-avis), die Stendelwurzarten (Epipactis
micirophylla und E. helleborine). Weiterhin treten das
Stattliche Knabenkraut und das Purpur-Knabenkraut (Orchis mascula
und O. purpurea) regelmäßig auf. Für die bei
uns im Kreis vorkommenden Ausbildungen gelten die Echte Primel
(Primula veris), die Acker-Glockenblume (Campanula
rapunculoides), der Wiesen-Löwenzahn (Taraxacum Sect.
Ruderalia), die Hunds-Rose, das Wald-Habichtskraut (Hieracium
murorum) sowie das Wald-Labkraut (Galium sylvaticum) als
Trennarten (Zacharias 1996). Weitere typische Arten, die oft in
größeren Beständen (faziesbildend) auftreten, sind
die Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria), das
Maiglöckchen und das Einblütige Perlgras. Faziesbildend ist
mitunter auch der Blaurote Steinsame (Lithospermum
purpurocaeruleum). Schwalbenwurz und Blaugras (Sesleria varia)
sind als Schuttstauer (Arten, die in der Lage sind, durch ihre
Wuchsform rutschenden Hangschutt festzulegen) auf sehr steile,
rutschende Hänge spezialisiert, wie wir sie beispielsweise am
Ziegenberg finden. Ausgeprägte Hangrutschungen als
Standortfaktor haben einen so starken Einfluß auf die
Ausbildung des Orchideen-Buchenwaldes, daß sie mitunter als
eigene Gesellschaft, der Blaugras-Buchenwald (Seslerio-Fagetum
(Moor 1952)), dargestellt werden. Die typischen Orchideen fallen hier
entweder ganz aus oder wachsen nur noch vereinzelt dort, wo der Boden
durch Blaugras oder Baumwurzeln festgelegt ist.
Interessant
ist die Blütenphänologie der Orchideen-Buchenwälder.
Im Gegensatz zu anderen Buchenwäldern, welche für die
allermeisten Blütenpflanzen im Unterwuchs im Sommer zu dunkel
sind, so daß diese nicht zur Blüte gelangen, bieten die
Orchideen-Buchenwälder während der gesamten
Vegetationsperiode ein Blütenspektrum. Im Frühjahr fallen
die Blüten von Seidelbast, Leberblümchen (Hepatica
nobilis), Wald-Bingelkraut (Mercurialis perennis), den
Anemonen, Finger-Segge und Echter Primel auf. Im Mai blühen die
Knabenkräuter, Veilchen und Maiglöckchen. Im Frühsommer
und Sommer ist die Hauptblütezeit der kennzeichnenden
Orchideenarten sowie von Wald-Labkraut, Schwalbenwurz,
Türkenbund-Lilie (Lilium martagon) und Einblütigem
Perlgras. Den Abschluss bilden die Stendelwurzarten und die Echte
Goldrute (Solidago virgaurea).
Eine
Besonderheit des Orchideen-Buchenwaldes ist außerdem die zwar
gering deckende, aber sehr artenreiche Moosschicht. Neben den
typischen Waldbodenmoosen treten zahlreiche Arten auf, die in den
übrigen Kalkbuchenwäldern nur lokal auf Gestein vorkommen.
Typische Arten sind Brachythecium salebrosum, Anomodon attenuatus,
Bryoerythrophyllum recurvirostre und Ctenidium molluscum.
Wie
bereits erwähnt sind Orchideen-Buchenwälder bei uns, d.h.
am nordwestlichen Arealrand ihrer Verbreitung, auf wärmebegünstigte
Sonderstandorte beschränkt. Hier entsprechen sie der
potentiellen natürlichen Vegetation und sind deshalb auch nicht
von menschlicher Nutzung abhängig. Es ist allerdings davon
auszugehen, daß Orchideen-Buchenwälder an zwar
wärmebegünstigten, jedoch weniger flachgründigen
Standorten, bei Nutzung durch Mensch und Vieh gefördert wurden
(Zacharias 1996:). Die früher übliche Waldweide führte
zusammen mit der meist niederwaldwirtschaftsartigen Brennholznutzung
zur Auflichtung und Aushagerung der den Orchideen-Buchenwäldern
nahestehenden Buchenwäldern. So konnten sich an den wärmsten
Standorten die Waldgersten-Buchenwälder (Hordelymo-Fagetum
latyretosum (Kuhn 1937)) zu Orchideen-Buchenwäldern
entwickeln. Diese Bestände können beim Wegfall der
entsprechenden Nutzung nicht dauerhaft erhalten werden (s.u.). Bei
überwiegender Brennholznutzung bildeten sich oft typische
Niederwaldbestände mit Eichen und Hainbuchen als vorherrschende
Baumarten, da diese gegenüber der Rotbuche ein deutlich besseres
Stockausschlagsvermögen aufweisen. Bei vorrangiger Weidenutzung
bildeten sich schließlich Magerrasen (vgl.
Beinlich, in diesem
Band).
Bedeutung für den
Naturschutz und das europäische Naturerbe
Orchideen-Buchenwäldern
kommen aus Sicht des Biotop- und Artenschutzes eine hohe Bedeutung
zu. Dieser in NRW an Sonderstandorte gebundene und deshalb seltene
Biotoptyp bietet einer Vielzahl von z.T. hochgradig gefährdeten
Tier- und Pflanzenarten Lebensraum. Hierzu gehört neben den
schon genannten Orchideenarten auch der Frauenschuh (Cypripedium
calceolus) als FFH-Art. In der Regel treten
Orchideen-Buchenwälder in enger Verzahnung mit weiteren seltenen
Biotoptypen wie Magerrasen und Felsen auf (vgl.
Simon &
Wagner,
in diesem Band).
Ähnlich
wie einigen Felslebensräumen kommt auch den
Orchideenbuchenwäldern mitunter eine besondere Bedeutung durch
ihre biogeographische Sonderstellung zu. Ein herausragendes Beispiel
hierfür ist im Kreis Höxter der Ziegenberg. Die Erd-Segge
(Carex humilis) hat hier ihr bedeutendstes Vorkommen in
Nordrhein-Westfalen; sie tritt sonst nur noch im Raum Marsberg auf.
Auch das Bittere Kreuzblümchen (Polygala amara) ist in
seiner Subspezies brachyptera nur am Ziegenberg zu finden.
Ähnlich wie das Blaugras besiedelt es lückige
Hangrutschungen im Orchideen-Buchenwald. Ihre Vorkommen sind von
landesweiter Bedeutung für den Artenschutz. Besonders
erhaltenswert sind auch die Eibenbestände am Ziegenberg, da es
nur noch wenige weitere urwüchsige Eibenbestände in
Nordrhein-Westfalen gibt.
Gefährdung
Orchideen-Buchenwälder
sind in der Roten Liste der Pflanzengesellschaften
Nordrhein-Westfalens als aktuell ungefährdet eingestuft
(Verbücheln et al. 1998). An manchen Standorten geht eine
Gefährdung von der früher leider häufig praktizierten
Aufforstung dieser Sonderstandorte mit Kiefern (Pinus sylvestris
und P. nigra) aus. Hinzu kommt die langsame,
sukzessionsbedingte Ausdunkelung derjenigen Orchideen-Buchenwälder,
die durch menschliche Nutzung bedingt sind (s.o.).
Die Orchideen-Buchenwälder
des europaweiten Schutzgebietsystems NATURA 2000 im Kreis Höxter
Von den
FFH-Gebieten des Kreises Höxter sind folgende Gebiete u.a. auf
Grund ihrer Orchideen-Buchenwälder in das europaweite
Schutzgebietssystem NATURA 2000 aufgenommen worden:
DE-4222-301
Buchenwälder der Weserhänge Das FFH-Gebiet
„Buchenwälder der Weserhänge“ umfaßt die
bewaldeten Muschelkalksteilhänge westlich des Wesertals
zwischen Godelheim im Süden und Stahle im Norden. Die
Kalk-Buchenwälder und insbesondere die Orchideen-Buchenwälder
um Höxter gelten in ihrer besonders artenreichen Ausprägung
als einmalig weit über den Naturraum hinaus. Dies ist nicht
zuletzt in der engen Verzahnung mit anderen wärmebegünstigten
Biotopen wie den Rabenklippen begründet.
DE-4122-301
Räuschenberg
DE-4221-302
Kalkmagerrasen bei Ottbergen
DE-4320-302
Gradberg
DE-4420-301
Hellberg-Scheffelberg
DE-4419-401
Vogelschutzgebiet Egge
DE-4420-302
Asseler Wald
DE-4520-301
Weldaer Berg und Mittelberg
DE-4520-302
Iberg bei Welda
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Grimme, K.
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LÖBF
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für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
NRW (Hg.) (2001): Natura 2000, Netzwerk für den Naturschutz.
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Ssymank,
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Mitarbeit von Messer, D. (1998): Das europäische
Schutzgebietssystem NAUTURA 2000: BfN-Handbuch zur Umsetzung der
Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie. –
Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 53: 565 S.
Verbücheln,
G. et al. (1998): Rote Liste der Pflanzengesellschaften in
Nordrhein-Westfalen (LÖBF/ LAFAO)[Hrsg.]- CD zur LÖBF
Schriftenreihe 5, erweiterte u. überarbeitete Aufl.
-Recklinghausen.
Zacharias,
D. (1996): Flora und Vegetation von Wäldern der Querco-Fagetea
im nördlichen Harzvorland Niedersachsens – unter
besonderer Berücksichtigung der Eichen-Hainbuchen-Mittelwälder.
– Naturschutz und Landespflege Niedersachsen 35: 1-150.
Hannover.
Adressen
der Autoren:
Heiko
Köstermeyer, Corvey 12, 37671 Höxter
Frank
Grawe, Am Feldberg 5, 57334 Bad Laasphe
Iris
Simon, Herkestr. 6, 33014 Bad Driburg
Dr.
Burkhard Beinlich, Fuhlenstraße 9, 37671 Höxter
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