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EGGE-WESER 6(1) Seite: 33-51 Höxter 1989

Begann vor 200 Jahren die botanische Erforschung des Kreises Höxter?

Kurt Preywisch

RUNGE (1960) stellte in einer Übersicht dar, wie einige seltene Pflanzenarten im Satzer Moor in Bad Driburg im Laufe von 170 Jahren beobachtet wurden. Als erster Gewährsmann erscheint für den 15.8.1789 F. Ehrhart. Dieser Jahrestag soll zeigen, was der August 1789 nicht nur für diese Stelle bedeutet. SCHULZ (1914) hat den EHRHART-Bericht der Nachwelt erhalten. Wir ergänzen ihn durch die heutigen wissenschaftlichen und deutschen Artnamen nach HAEUPLER (1988) und durch eine Wegekarte mit den heutigen Ortsbezeichnungen.

Wesentlich ausführlicher als SCHULZ geht der Verfasser in "1789 - ein früher naturkundlicher Bericht über unsren Kreis" (Jahrbuch 1990, Kreis Höxter; in Druck) auf das Leben Ehrharts und auf das Schicksal seiner Arbeiten ein. Dort liegt auch der "ungereinigte", noch deftigere Originaltext vor. Hier folgen die Reproduktionen der Seiten aus SCHULZ, die von unserem Gebiet handeln.

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Die gründlichere floristische Erforschung des Gebietes, das von den westfälischen Floristen gewöhnlich als "Westfalen" bezeichnet wird, 1) hat erst spät, erst in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts begonnen. Zu den ersten westfälischen Floristen gehört auch Friedrich Ehrhart.

Fr. Ehrhart 2) wurde am 4. November 1742 zu Holderbank im - jetzigen - Kanton Aargau geboren, war zuerst Ökonom, widmete sich dann dem Apothekerberufe, hielt sich 1771-1776 in Schweden auf, wo er in Upsala Linnés naturwissenschaftliche und medizinische Vorlesungen hörte, wurde 1780 "Königlich Grossbrittanischer und Churfürstlich Braunschweig-Lüneburgischer Botaniker" und starb als solcher am 26. Juni 1795 in Herrenhausen bei Hannover. Schon vor seiner Ernennung hatte er von der Kgl. Begierung in Hannover den Auftrag erhalten, gegen ein jährliches Reisegeld von 250 Reichstalern in drei Jahren, vom 1. März 1780 bis zum 1. März 1783, die Kurfürstlich Braunschweig-Lüneburgischen Lande botanisch zu bereisen und eine deutsche Flora dieser Lande, eine "Hannoverische Pflanzengeschichte", zu schreiben. Ehrhart führte nicht nur die ihm aufgetragenen Reisen aus, sondern machte auch später noch floristische Reisen in seinem Gebiete. Doch war es ihm leider nicht vergönnt, sein Werk zu vollenden und zu veröffentlichen.

1) Es umfaßt außer der Provinz Westfalen nebst den Fürstentümern Schaumburg-Lippe, Lippe und Waldeck auch die unmittelbar angrenzenden Landstriche. Vergl. 40. Jahresbericht d. Westf. Prov.-Vereins f. Wiss. u. Kunst f. d. Rechnungsjahr 1911/12 (1912) S. 162.

2) Ehrharts Lebensgeschichte ist eingehend behandelt in Ferd. Alpers , Friedrich Ehrhart, Mitteilungen aus seinem Leben und seinen Schriften. Separate Schriften des Vereins für Naturkunde an der Unterweser. II. (Leipzig 1905).

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[113] Als wir nach Elbrinxen, einem Kirchdorfe im Amte Schwalenberg, kamen, hatten die Leute, bereits das Licht angesteckt. Wir mußten also hier Nachtquartier nehmen.

Wir ließen uns unser Lager auf der Haustenne oder Diele machen, weil in der Stube einige Tiere logirten. Hier hatten wir nun zwar frische Luft, und an Raum fehlte es uns auch nicht; wir hatten aber dafür andere Incommoditäten. Erstlich war unser sogenanntes Bette dicht bei der Krippe, wo die ganze Nacht hindurch die Kühe uns die Ohren voll brüllten. Zweitens hatten die Tennenthore zu viele Oeffnungen. Es war also ein gewaltiger Windzug, und wir froren. Drittens waren in unserm Bette allzuviel von den kleinen Dingerchen, die der Schwedische Salomo Pulex irritans heißt. Und viertens kamen die Bauern die ganze Nacht hindurch und höhlten Branntwein. Kaum war ein altes Weib mit einer Kanne abmarschirt, so pochte schon wieder ein anderes an, und wollte auch so viel haben. Unsere Wirthin erzählte uns, daß, ungeacht noch ein Wirthshaus im Dorfe sei, sie doch gewöhnlich in 14 Tagen einen Oxhoft verkaufte. Sauft ihr und der Teufel! 17)

August, 14.

So bald es Tag geworden, standen wir von unserm Strohlager auf, frühstückten ein wenig, und marschirten auf Schwalenberg zu.

Wir passirten erst gute Getreidefelder, wo besonders schöner Flachs stand. Sodann kamen wir auf einen Berg, wo verschiedene Mergelgruben waren. Es fanden sich an dem Wege auch artige Pflanzen, nämlich Lyco-podium clavatum, Lichen [114] scrobiculatus Scopol. [Sticta scrobiculata •£• (Scop.)], L. pulmonarius [Sticta Pulmonaria (L.)], Hypnum crispum [Neckera crispa (L.)], Polypodium Dryopteris [Phegopleris Dryopteris (L.)], Veronica montana, Juncus leucophobus E.18) [Luzula angustifolia (Wulf.)], Lichen Baeomyces [Bacomycea roseus Pers.], L. parasiticus Hoffm. [Cladonia delicata (Ehrh.)], L. centrifugus [Parmelia centrifuga (L.)?], L. tartareus [Ochrolcchia tart.area (L.)], L. atrovirens [Rhizocarpon geographicum (L.) var.], L. oederi Web. [Rhizocarpon Oederi (Web.)], Hedwigia Anodon E. [Hedivigia albicans (Web.)], u. s. w.

Bei Weißenfeld, einer kleinen Meierei, wuchs viel Epilobium hirsutum α Linn. [E. hirsutum (L.)], und ein mir unbekanntes Cirsium, welches ich, bis aufs weitere, Cirsium elatum heißen will.19)

Zwischen hier und Schwalenberg passirten wir durch einen angenehmen Wald. Die daselbst bemerkten Pflanzen waren: Alchemilla vulgaris, Sani-

17) Vergl. hierzu Annette von Droste-Hülshoff, Bilder aus Westfalen.

18) Vergl. Ehrharts Beschreibung dieser Art, Beiträge. Bd. 6 (1791) S. 141.

19) Ich vermute, daß dieses Cirsium, über das Ehrhart keine weiteren Angaben gemacht hat und von dem er auch keine Exemplare ausgegeben hat, eine Form des Bastardes C. accule x oleraceum ist, der in jener Gegend sehr verbreitet ist.

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cula europaea, Sambucus racemosa, Senecio viscosus, Atropa Belladonna, Circaea lutetiana, C. intermedia E.,20) Epilobium angustifolium, Arum maculatum, Ophrys Nidus avis [Neottia Nidus avis (L.)]. Monotropa Hypopitys, Agaricus piperatus [Lactarius piperatus (Scop.) oder Lactarius torminosus Schaeff. ?], Polypodium Dryopteris [Phegopteris Dryopteris (L.)], P. Phegopteris [Phegopteris polypodioides Fée], P. Oreopteris E. [Aspidium montanum (Vogl.)], P. Filix mas [Aspidium Filix mas (L.)] und P. Filix femina [Athyrium Filix femina (L.)].

Die Burg Schwalenberg ist ein altes, halb zerfallenes Schloß, welches eine schöne Lage hat, und ehedem die Residenz eines Grafen war, jetzt aber bloß von ein Paar Weibsleuten und einigen Ziegen bewohnt wird. Ich bemerke hier bloß einige Pflanzen. Es wuchs nämlich um das Schloß herum: Syringa vulgaris, Berberis vulgaris, Clematis Vitalba, Hedera Helix, Ribes Uva crispa, Hyssopus officinalis, und Artemisia Absynthium. Die Mauren waren stark mit Lichene parietino [Xanthoria parietina (L.)] und L. murorum H. [Amphiloma murorum (Hoffm.)] bekleidet. Und auf [115] den Schiefern, womit das Schloß bedeckt war, saß der Lichen saxicola Pollich [Placodium saxicolum (Pollich)], L. crassus Huds. [Placodium crassum (Huds.)] und verschiedene crustacci.

Unter dem Schlosse lag der Marktflecken Schwalenberg. Die Häuser waren gleich dem Schlosse mit einem röthlichen Schiefer bedeckt, der aber ganz mit Lichenen überzogen war.

Von Schwalenberg kamen wir auf Kargensik [Kariensick], ein Dorf, das im Sammtamte Oldenburg liegt. An den Eichen vor diesem Orte saß viel Lichen candelarius.21) Die öffentlichen Plätze im Dorfe waren mit schönen Obstbäumen bepflanzt, welches Nachahmung verdient. In einem Garten stand ein großes Exemplar Juniperus communis, mit einem geraden und hohen Stamme, das in Niedersachsen etwas seltenes ist. Die hiesigen Bauern waren dienstfertig, schöpften uns Wasser, und schüttelten Birnen von den Bäumen herunter. Milch wollten sie uns aber doch nicht geben, sondern entschuldigten sich, daß sie keine haben, welches für einen Reisenden in dieser Gegend nichts neues ist, so wenig als es dem Philosophen besonders vorkommt, daß die meisten Bauern, so gut sie auch sonst sind, doch immer noch etwas am Aberglauben kleben.

Außen vor dem Dorfe war Lichen oederi Web. [Rhizocarpon Orderi (Web.)] und L. Baeomyces [Baeomyces roseus Pers.]. Und weiter nach Entrup zu war Stachys arvensis, Anagallis arvensis, Sherardia arvensis, Sisymbrium Nasturtium [Nasturtium officinale R. Br.], Potamogeton

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20) Vergl. Ehrhart, Beiträge Bd. 4 (1789) S. 42.

21) Nach Arnolds Angabe (Flora 63. Jahrg. (1880) S. 549) hat Ehrhart in seinen "Plantae cryptogamae" unter No. 126 zwei verschiedene Flechtenformen als "Lichen candelarius Hoffm." herausgegeben, nämlich Xanthoria candelaria (L. Ach.) und Candelaria vitellina xanthostigma Pers.

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natans, P. pectinatum, Sparganium ramosum Huds. und Sp. simplex a Ejusd. [Sp. simplex Huds. ].

Bei Entrup sahen wir eine besondere Weise, das Getreide zu binden, welche mir vorher unbekannt war. Ich wünschte, daß ein dortiger Oeconom uns eine Beschreibung davon mittheilte. Vielleicht verdient solche Nachahmung.

[116] Entrup ist ein Dorf, das ebenfalls in das, dem Grafen von der Lippe und dem Fürsten von Paderborn zugehörige Sammtamt, Oldenburg, gehört.

Zwischen hier und Nieheim stand Ranunculus hederaceus, Genista linetorin, Gypsophila muralis, Geranium dissectum, Ervum tetraspermum und E. hirsutum.

Nieheim, oder wie man gewöhnlich sagt, Niemen, ist eine Stadt, welche zum Hochstift, Paderborn gehört. Sie ist mit einer Mauer umgeben, an welcher Asplenium Ruta muraria, Antirrhinum minus [Linaria minor (L.)], Thymus Acinos [Calamintha Acinos (L.)], Poa compressa, Potentilla verna, Pimpinella dissecta Retz. [Pimpinella magna L. var.], Campanula rotundifolia, und Polypodium fragile [Cystopteris fragilis (L.)] wuchsen. Es werden ungefehr 150 Häuser darin sein. Man findet hier auch eine große Kirche, und ein gut gebautes Rathhaus, in dem aber die Fenster fehlen. Das Pflaster ist so, wie man es in dergleichen Städtchen gewohnt ist. Wer also Krähenaugen hat, und will hier zu Fuße durchreisen, der lasse sich solche zuerst schneiden.

Zwischen Nieheim und Pömbsen gingen wir etwas rechts, weil ich allda einige Pflanzen vermutete. Ich habe mich auch nicht geirrt, denn [117] es standen daselbst Geranium palustre, Euphorbia exigua, Filago germanica, Scabiosa Columbaria, Carduus acaulis [Cirsium acaule (L.)], Campanula rapunculoides, Pimpinella dissecta Hetz. [P. magna L. var.], Galeopsis Ladanum parviflorum, Bromus pinnatus [Brachypodium pinnatum (L.)], Origanum vulgare, Centaurea Scabiosa, Geranium columbinum, Rosa rubiginosa, Clematis Vitalba, Thymus Acinos [Calamintha Acinos (L.)], Trifolium flexuosum [Tr. medium L.], Astragalus glyciphyllus, Bromus arvensis, Ranunculus arvensis, nebst verschiedenen andern.

An den Eichen bei Pömbsen wuchs der Lichen lutescens Hoffm., welcher in meinen Plantis cryptogamis, n. 125, vorkommt.22)

Pömbsen 23) ist ein Kirchdorf, das auf einem kleinen Berge liegt. Die Kinder hatten eben Kräuter gesammelt, welche Morgen 24) in der Kirche

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22) Nach Arnold (Flora Jahrg. 63 (1880) S. 549) ist No. 125 von Ehrharts Plant. crypt. "der sterile Thallus von Pertusaria lutescens".

23) Die Gegend der etwas über eine Meile östlich von Pömbsen gelegenen Dörfer Bellersen und Böckendorf ist der Schauplatz von Annette v. Droste-Hülshoffs "Judenbuche". Wenige Wochen nach Ehrharts Reise — im September 1789 — fand hier an der "Judenbuche in Brederholz" der "Held" dieses "Sittengemäldes aus dem gebirgichten Westfalen", Friedrich Mergel, sein trauriges Ende.

24) In der benachbarten Warburger Gegend werden gegenwärtig die Kräuter erst am Sonntage nach dem Feste Assumptionis Beatae Mariae Virginis geweiht.

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sollten geweihet werden, damit sie die Kraft erhielten, die Gewitter abzuwenden.

Zwischen Pömbsen und der Allhauser Mühl stand Gentiana stricta E. [ ?], G. ciliata, G. Cruciata, G. Centaureum [Erythraea Centaurium (L.)], und Saponaria Vaccaria.

Bei der Allhauser Mühl war Mentha gratissima [siehe oben] und Tussilago Petasites [Petasites officinalis Mch.].

Von hier stiegen wir einen kleinen Berg hinan. Als wir auf dessen Gipfel kamen, sahen wir ein schönes Thal vor uns, in welchem Driburg nebst seinem Brunnen lag. Der Berg war ziemlich kahl, und ich bemerkte nichts besonders darauf, als einige Gentianen. 25)

Wir gingen den Berg hinunter, und kamen zu erst zu dem Trinkbrunnen, 26) worüber ein kleiner, aber geschmackvoller Pavillon gebauet ist. So bald man sich diesem nähert, so kann man das Kochen [118] des Wassers hören, und kaum hat man den ersten Fuß in das Brunnenhaus gesetzt, so kommt einem auch schon die Luftsäure [Kohlensäure] in die Nase. Der Geschmack des Wassers ist piquant, säuerlich, und stark martialisch [eisenartig], deswegen aber nichts weniger, als widerlich, sondern überaus angenehm, und ich müßte mich sehr irren, man mag auch darüber sagen was man will, wenn der Driburger Brunnen, wo nicht eben so stark, doch gewiß kaum merklich schwächer, als der Pyrmonter ist, und die, Zeit wird es lehren, daß beide, wenn nicht in allen Krankheiten, doch ganz sicher in den mehrsten, die, gleiche Würkung thun werden.

Von hier kamen wir nach dem etwa ein paar hundert Schritte von dem Trinkbrunnen entfernten Badebrunn, welcher in dem Hauptgebäude entspringt, und eine artige Bedeckung hat. Man schloß uns das Kämmerchen auf, damit wir alles in Augenschein nehmen konnten. Wir schmeckten das Wasser, und fanden, daß auch dieses mit vielem Gas imprägnirt ist. Darauf besahen wir die Anstalten zum Baden, welche zu den besten gehören, die ich jemals gesehen habe, und dem Besitzer dieses Brunnens Ehre machen.

Vergl. Ignatz Urban , Die Krautweihe. Eine culturhistorisch-botanische Skizze. Verhandlungen d. bot. Vereins d. Prov. Brandenburg Jahrg. 14 (1872) S. 71-76. Hier werden auch die in jener Gegend zum "Kraut- oder Weihbunde" gehörenden Pflanzenarten aufgeführt.

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25) Es wächst auf diesem Berge auch Trifolium montanum L.

26) Betreffs der Driburger, Satzer, Herster und Schmechtener Mineralquellen vergl. Ficker , Über die Wirkungen der eisenhaltigen Mineralquellen insbesondere der Driburger und Herster (Münster 1828). Diese Schrift enthält auch (auf S. 50 bis 67) ein vom Ober-Landes-Gerichts-Chef-Präsidenten von Schlechtendal verfaßtes "systematisches Verzeichniss der im Fürstenthum Paderborn bis jetzt beobachteten wirklich wildwachsenden Pflanzen" (Phanerogamen, Gefäßkryptogamen und Charen), "welches eine Übersicht desjenigen liefert, was der Freund der Botanik in der Gegend von Driburg zu erwarten hat". Fundorte sind bei keiner Art angeführt.

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Nicht weit von dem Badebrunnen sind noch ein Paar Acidulae anonymae. Ich würde den einen von diesen Brunnen den Tonnenbrunnen und den andern den Armenbrunnen heißen, weil jener mit einer Tonne eingefaßt ist, dieser aber nicht weit von dem Gebäude quillt, das man für die Armen bestimmt hat. Beide enthalten sowohl Gas als Eisen, und würden an Orten, wo man keine bessern hat, mit großem Nutzen gebraucht werden.

[119] Als wir hier das merkwürdigste gesehen hatten, gingen wir nach der nahe gelegenen Driburger niedern Mühl, und schmeckten auch den bei dieser quillenden Sauerbrunn. Er hat etwas ähnliches mit dem Selterser Wasser ,ist aber schwächer.

Von Pflanzen sahen wir bei diesen Brunnen nicht viel, denn die Wiesen waren bereits abgemähet. Bei der Mühl stand noch Mentha gratissima [vergl. oben].

Die Nacht nöthigte uns Quartier zu suchen. Wir gingen also in die. Stadt, und fanden gleich unten zur Rechten einen Wirth und eine Herberge, so gut, als wir solche wünschen konnten.

Herr Oberjägermeister von Sierstorpf, der Besitzer des Driburger Brunnens, ließ uns auf Morgen zum Frühstück nöthigen, und als wir zuerst wollten eine Excursion auf den hinter der Stadt gelegenen Schloßberg oder Haushahn machen, so offerirte er uns seinen Sohn und dessen Informator zu Gesellschaftern, welches wir mit Dank annahmen.

August. 15.

Wir bezahlten unsern Wirth und verwunderten uns über seine Billigkeit, welche, sich sonst bei den Gesundbrunnen und Bädern eben nicht gern aufzuhalten pflegt, oder sich doch, mit den Niedersachsen zu sprechen, wohl halten läßt.

[120] Unsere Gesellschafter erschienen, und wir marschirten, ungeacht heute Mariens Himmelfahrt gefeiert wurde, auf unsern Haushahn zu.

Der Weg ist ziemlich, und könnte allenfalls auch befahren werden. Der Berg gehört zu den Montibus truncatis, und ist bis ganz zu oberst mit Holz bewachsen. Es stehen noch Rudera des alten Schlosses, Iburg, darauf, das sehr fest gewesen sein muß, denn um den Gipfel des Berges herum ging ein tiefer Graben, den man auch jetzt noch sehen kann. Daß hier eine schöne Aussicht sein werde, kann man leicht gedenken, denn die alten Grafen wählten sich selten etwas schlechtes zu ihren Wohnsitzen.

Auf diesem Berge wuchsen folgende Pflanzen: Thymus Acinos [Calamintha Acinos (L.)], Serapias latifolia [Epipactis latifolia (L.)], Piceris hieracioides, Hedera Helix, Hypericum hirsutum, Cornus sanguinea, Galeopsis Ladanum angustifolium [Galeopsis angustifolia Ehrh.], Convallaria majalis, Arum maculatum, Bromus asper, Ranunculus lanuginosus, Poa compressa, Stachys sylvatica, Origanum vulgare, Polypodium fragile [Cyslopteris fragilis (L.)], Asplenium Trichomanes, Scabiosa arvensis [Knautia arvensis (L.)], Trifolium flexuosum Jacq. [Trif. medium L.], Clematis Vitalba, Impatiens Nolitangere, Mercurialis perennis, Poterium sanguisorba, Asperula

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odorata, Acer Pseudoplatanus, Prunus Cerasus, Bromus pinnatus [Brachypodium pinnatum (L.)], Rhamnus catharticus, Tilia grandifolia E. [T. platyphyllos Scop.], Ulmus campestris, Pinipinella dissecta Retz. [P. magna L. var.], Potentilla verna, Poa nemoralis, Alchemilla vulgaris, Malva Alcea, Carex muricata, Tordylium Anthriscus [Torilis Anthriscus (L.)], Actaea spicata, Monotropa Hypopitys, Sanicula europaea, Polypodium cristatum Schreb. [vergl. oben], P. Dryopteris [Phegopteris Dryopteris (L.)], Lysimachia Nummularia, Jungermannia asplenioides [Plagiochila asplenmiodes (L.)], Carex flacca Schreb. [C. glauca Murr.], C. Drymeia [C. silvatica Huds.], Lichen chalybeiformis [Bryopogon jubatum (L.) var.], Tremella lichenoides [Leptogium lacerum (L.) ?], nebst vielen andern.

[121] Wir mußten wieder denselben Weg hinunter, welchen wir hinaufgingen. Unten am Berge bei der Stadt trafen wir eine Pottaschensiederei an, und an den Mauren der Stadt selbst sahen wir Asplenium Rutam murariam, Polypodium fragile [Cystopteris fragilis (L.)], und Thymum Acinum [Calamintha Acinos (L.)].

Ehe wir von Driburg abgingen, besahen wir noch das unten im Städtchen liegende Siersdorpfische Haus und seinen Garten, und fanden beim letztern in einem Teiche Acorum Calamum.

Darauf nahmen wir von unsern Begleitern Abschied, und gingen nach dem Brunnen hinunter.

Ehe wir nach der Allée kamen, beugten wir etwas links, wo uns ein Fußsteig in schöne Wiesen brachte. Wir fanden in diesen drei schöne Gasbrunnen, davon zwei zur Linken, und einer zur Rechten des Fußsteiges liegt. Es wuchsen hier auch artige Pflanzen, nämlich Geranium palustre, Cnicus oleraceus, Eupatorium cannabinum, Menyanthes trifoliata, Valeriana dioica, Achillea Ptarmica, Carex muricata, Lythrum Salicaria, Lysimachia vulgaris, Scutellaria galericulata, Mnium fontanum [Philonotis fontana (L.)], Hypnum filicinum, nebst verschiedenen ändern.

Nun gingen wir die neue Allee hinunter nach dem Brunnen, wo wir den Herrn Oberjägermeister von Sierstorpf, nebst seiner Gemahlinn, antrafen, welche uns mit einem guten Frühstück tractirten. Der Herr Oberjägermeister war auch so gut, uns noch ein wenig herum zu führen. Wir gingen auch noch einmal nach dem Trinkbrunn, und vergnügten uns an dem Kochen und Brausen, welches in dieser Quelle vorgehet, und verwunderten uns über die erstaunliche Menge Luftsäure, welche hier täglich [122] aus dem Bauche der Erde hervordringt.

Da wir jetzt nicht weit von Schmechten waren, so rieth uns Herr von Sierstorpf, auch die dortigen Brunnen zu sehen. — Wir besannen uns nicht lange, sondern resolvirten uns, sogleich dahin zu gehen, und der Herr Oberjägermeister, nebst einem seiner Freunde, hatten die Gewogenheit, uns bis auf den Berg zu begleiten.

In den Wiesen bei den Driburger Brunnen fand ich heute das Triglochin palustre, und die Mentham gratissimam [siehe oben]. Und links von der Straße auf den Steinberg wuchs in einer Wiese Orchis conopsea, Selinum

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Carvifolia, Serapias longifolia [Epipactis palustris (Mill.)] und Scabiosa Columbaria.

Auf dem Steinberge, rechts am Wege nach Satzen, zeigte uns der Herr Oberjägermeister die Dunstgrube.

[123]| Unsere Begleiter gingen noch etwas weiter mit uns, und zeigten uns endlich vom Berge den Satzer Hof, 27) auf welchen wir zugehen mußten.

Beim Satzer Hofe wollten wir einen Burschen haben, der mit uns nach dem Brunnen gehen sollte; es war aber, außer der Wirthin, keine Seele zu Hause. Diese wies uns nach dem Rothen Hause.

Wir gingen nicht den ordentlichen Weg durchs Holz, sondern durch die zur Linken dieses Weges befindlichen Wiesen und Aecker. Wir hatten dabei den Vortheil, einige artige Pflanzen zu finden. Die merkwürdigsten davon waren: Thymus Acinos [Calamintha Acinos (L.)], Bromus arvensis, Selinum Carvifolia, Serapias longifolia [Epipactis palustris (Mill.)], Scabiosa Columbaria, Sc. Succisa [Succisa pratensis Mch.], Orchis conopsea [Gymna-denia conopea (L.)], O. maculata, Ophrys Monorchis [Herminium Monorchis (L.)],28) Parnassia palustris, Hieracium umbellatum, Inula salicina, Gentiana Cruciata, G. ciliata, Trifolium montanum, Equisetum sylvaticum, Melica caerulea [MoIinia coerulea (L.)].

Wir kamen endlich beim Rothen Hause an, und machten unser Anliegen bekannt. Der Conducter war ein Hannoveraner, und bezeigte sich so höflich, daß er, nebst seinem Bruder, selbst mit uns nach dem Brunnen 29) ging.

Sie führten uns zuerst nach dem entferntesten, nämlich dem Säuerling am Fuße des Löwenberges [Lörenberges], welcher nicht weit von Schmechten liegt. Er ist gut eingefaßt, und hat eine ziemliche Menge Gas. Am Wasser fehlt es ihm auch nicht. Wäre er nicht [124] in einem Lande, das dergleichen Brunnen so viele hat, so würde man mehr aus ihm machen, denn er ist nichts weniger als schlecht. Von Pflanzen sahe ich nicht viel besonders dabei, als die Tussilaginem Petasitidem [Petasites officinalis Mch.].

Nicht weit von diesem liegt der sogenannte Schwefelbrunn, den ich lieber den Bullerbrunnen heißen möchte. Er verdient untersucht zu werden. Was der Herr von Beroldingen und Westrumb davon sagen, thut mir noch kein Genüge.

Der Sauerbrunn auf dem Weitfelde, liegt in einer Wiese, nicht weit vom Rothen Hause. Unsere Begleiter machten viel Wesens davon, und er scheint auch nicht wenig Kräfte zu haben. Meine Meinung darüber sage ich vielleicht ein anderes mal; zuvor muß ich die Meinberger Aquam sulphureo-gasatam noch einmal schmecken. Die dabei wachsenden Pflanzen

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27) Der Satzer Hof ist wohl identisch mit der — jetzt abgebrochenen — Satzer Mühle an der Aa zwischen Driburg und Herste.

28) Diese Art wächst hier wahrscheinlich noch heute.

29) Betreffs der Herster Quellen vergl. die oben auf S. 141 in Amn. 26 angeführte Schrift.

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waren Triglochin palustre, Eriophorum polystachyon, Salix polymorpha E. [Salix repens L.] u. s. w.

Unsere Begleiter zeigten uns noch den rechten Weg nach dem Dorfe Herste, und gingen darauf wieder nach Hause. Wir passirtcn einige Aecker, die halb mit Rocken und halb mit Trespe (Bromus secalinus) bepflanzt waren. Ein artiges Pflänzchen, die Sagina apetala, wuchs auch hier.

In Herste sahen wir die heute geweihten Kräuter.

Dichte bei dem Dorfe sahen wir noch einen Brunnen, den die Bauern den Mehborn heißen. Er kommt mit dem oben angeführten Bullerbrunnen überein. Man braucht das Wasser im Winter viel zum Koffékochen. Es wuchsen dabei Erica vulgaris [Calluna vulgaris (L.)], Juncus squarrosus, und Sphagnum palustre [Sph. cymbifolium Ehrh.].

[125] Von hier gingen wir wieder zurück, und fanden auf dem Wege nach dem Satzer Hofe Mentham gratissimam [siehe oben], Tussilaginem Petasitidem [Pelasites officinalis Mch.], Saponariam Vaccariam, und Scandicem Pectinem.

Auf der Sülte, einer Wiese beim Satzer Hofe, trafen wir verschiedene gute Schwefelbrunnen an, welche verdienten, daß sie aufgegraben und gebraucht würden. Einige davon sind ziemlich stark, und machten in Zeit von einer Minute meinen silbern Stockknopf über und über schwarz. Es scheint ihnen auch nicht an Wasser zu fehlen. Wir fanden hier eine mir äußerst angenehme Pflanze, die ich vorher noch nie anders, als in Herbariis, gesehen habe, nämlich die Ophrydem loeselii [Liparis Loeselii (L.)]. Es wuchs hier auch Chara vulgaris, Ch. tomentosa [Ch. hispida L. ?]. Scirpus lacustris, Triglochin palustre, und eine große Menge Schoenus nigricans,30) den ich noch nicht anders, als in Holland, gefunden habe.31)

Jenseit des Baches [der Aa] war auf einer Wiese noch ein Schwefelbrunn, der auch nicht ganz schwach zu sein schien.

Zwischen dem Satzer Hofe und Allhausen fand sich Mentha gratissima [siehe oben], und Epilobium hirsutum α Linn. [E. hirsutum L.].

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30) Gegenwärtig wächst Schoenus nigricans hier in einem Phragmites-Röhricht, das Schulz und Koenen im 40. Jahresbericht d. Westf. Prov.-Vereins f. Wissenschaft u. Kunst f. d. Rechnungsjahr 1911/12 (1912) S. 200 eingehend beschrieben haben. In diesem Röhricht habe ich früher auch Liparis Loeselii beobachtet. Auch Scirpus Tabernaemontani, den erst Gmelin 1805 von Sc. lacustris unterschieden hat, wächst hier. Auffallig ist, daß Ehrhart die gegenwärtig in diesem Röhricht vorkommenden Juncus obtusiflorus Ehrh. und J. acutiflorus Ehrh. nicht erwähnt.

31) Auf der vorhin beschriebenen Reise im Jahre 1782, vergl. Beiträge usw. Bd. 2 (1788) S. 119.

Ehrhart hat Schoenus nigricans von Driburg in seiner Sammlung "Calamariae, Gramina et Tripetaloideae" unter No. 101, Liparis Loeselii von Driburg in seiner Sammlung "Herbae" unter No. 110 ausgegeben. Vergl. Ehrhart, Beitrage usw. Bd. 6 (1791) S. 84, Bd. 5 (1790) S. 178.

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Bei der Allhauser Mühl war ein guter Sauerbrunnen, welcher viel Eisen enthält, und genutzt zu werden verdient.

Auf dem Berge über diesem Sauerbrunnen wuchs Sedum Telephium, Scabiosa Columbaria, Thymus Acinos [Calamintha Acinos (L.)], Melampyrum arvense, und die meisten Pflanzen, die wir gestern zwischen Nieheim und Pömbsen gefunden haben. Im Getreide war viel Lulch (Lolium temulentum).

Interque nitentia culta
Infelix Lolium et steriles dominantur Avenae.

[126] Links vor Pömbsen sahen wir noch vier Mineralquellen. Zwei waren in der Brunnenwiese, davon die eine ein guter Gasbrunnen, die andere aber ein Bullerbrunnen, wie der bei Herste, ist, nur daß er mehr Gas hat. Die dritte Quelle ist auf dem Mehföhrelsen, war aber bei unserm Dasein trocken, dämpfte jedoch Gas aus. Die vierte liegt im Mürenkamp, nahe bei der Mühl, und ist ungefähr so, wie der kurz vorher angeführte Gasbrunn in der Brunnenwiese. 12)

In Pömbsen wird das Vieh des Nachts in den Wiesen gelassen, so wie es an mehreren Orten gebräuchlich ist. Die Baurenmädchen kamen vom Melken, und trugen ihre Eimer auf dem Kopfe, ohne einmal daran zu gedenken, daß solche herunter fallen könnten. Sie waren dabei munter und vergnügt.

Als wir nach Nieheim kamen, war es finster. - Wir nahmen unser Nachtquartier auf dem Rathhause, weil dieses in kleinen Städten doch gewöhnlich das beste Wirthshaus ist. Eine feuchte halb unterirdische Stube war unser Logis, faule Eier die Mahlzeit, und Stroh das Nachtlager. —

August, 16.

In Entrup sahen wir große Haufen eines dort gebrochenen Kalksteins, welcher voll kleiner Petrificaten ist. Es findet sich auch Bleiglanz dazwischen, der, nach der Bauern Aussage, den vierten Theil Silber enthalten soll. Das wäre, noch so was!

Wir kamen wieder nach Kargensik [Kariensick] und Schwalenberg, deren Merkwürdigkeiten ich bereits angezeigt habe.

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Verzeichnis der Arten, die EHRHART im Kreis Höxter vermerkt hat:
(Gattungsnamen von niederen Pflanzen und Moosen sind eingeklammert)

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Die lateinischen Einsprengsel im Text bedeuten:

S. 142: Acidulae anonymae - Namenlose Sauerbrunnen, Montes truncati - Tafelberge, Rudera - Trümmer, Ruine.

S. 146: Interque nitentia culta infelix Lolium et steriles dominantur Avenae - (Es handelt sich um den 37. Vers aus Vergils Bucolica V, der den zweiten Teil eines Satzes bildet. Der ganze kann so übersetzt werden:) "Wo wir den Furchen so oft großgörnige Gerste anvertrauten, da wuchert unfruchtbarer Lolch und tauber Hafer."

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Im deutschen Zusammenhang werden nach der Sitte der Zeit die lateinischen Einsprengsel gebeugt und die lateinischen Hauptwörter großgeschrieben. Das gilt auch bei den wissenschaftlichen Namen.

Nach damaliger Sitte hat EHRHART nur die Pflanzen notiert, die ihm wichtiger schienen. 117 + 8 Arten sind eine beachtliche Zahl. Heute unterscheiden wir viel mehr. SCHULZ weist schon darauf hin, daß Schoenoplectus tabernaemontani erst 1905 von S. lacustris getrennt wird. Der Weg zu den heutigen Namen war meistens aus EHRENDORFER (1973) und HAEUPLER (1988) zu erschließen. Wo nicht, halfen JÜNGST (1852) und BECKHAUS (1893) weiter.

Viele der Fundpunkte, die EHRHART angibt, sind in der jetzigen Vegetation noch erkennbar. Doch sie hat sich viel starker gewandelt, als die Pflanzennamen der Wissenschaft. Deshalb erscheint uns heute das Urteil von SCHULZ über die Bedeutung des ersten Berichts über unsere Pflanzenwelt recht harsch:

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Ich habe schon darauf hingewiesen, daß Ehrharts soeben geschilderte Reisen keine eigentlich floristischen waren, daß sie von ihm vielmehr hauptsächlich zu anderen Zwecken gemacht wurden, und daß für ihn die floristische Erforschung der auf ihnen durchwanderten Gegenden Nebensache war. Man darf deshalb aus ihren floristischen Ergebnissen keine bestimmten Schlüsse auf die Ergebnisse von Ehrharts floristischer Tätigkeit in seinem Gebiete im allgemeinen ziehen. Immerhin darf man auf Grund dieser Reiseschilderungen aber wohl annehmen, daß Ehrhart sein Gebiet, abgesehen von einzelnen ihn besonders interessierenden Örtlichkeiten, nicht sehr gründlich erforscht hat. Namentlich die nicht zum Kurfürstentum Braunschweig - Lüneburg gehörenden Striche zwischen den Braunschweig - Lüneburgischen Landesteilen und in deren Nähe hat er wohl meist nur sehr oberflächlich kennen gelernt. Er hat offenbar das Gebiet im allgemeinen auf den größeren Straßen durchwandert und hauptsächlich in deren Nähe botanisiert; weiter von diesen entfernte Punkte scheint er meist nur besucht zu haben, wenn ihm aus irgend einem Grunde mehr Zeit als gewöhnlich zur Verfügung stand. Die besuchten Örtlichkeiten sind von ihm keineswegs gründlich abgesucht worden. Dies lassen z. B. seine Angaben über die Flora der Umgebung des "Satzer Hofes" deutlich erkennen.

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Schließlich schreibt er: "Man darf also wohl behaupten, daß EHRHARTS Kenntnis der Flora und Pflanzendecke "Westfalens" nicht sehr erheblich war..., daß kaum einer der EHRHART bekannten Fundorte phanerogamer und kryptogamer Formen in "Westfalen" den späteren Floristen unbekannt ist."

Heute gäben wir viel darum, wenn der Hofbotanicus zu Goethes Zeiten mehr Zeit für unseren Kreis gehabt hätte. Sind seine Ortsangaben doch genauer als die von GUTHEIL, JÜNGST und BECKHAUS, die nur bei seltenen Arten Fundpunkte liefern.

Durch EHRHART und RUNGE (1960) (s. folgende Tabelle) ist das Satzer Moor zum klassischen Ort der westfälischen Florengeschichte geworden.

Es bedeuten:

Eh.  = Ehrhart 1789 nach Schulz 1914     Sw.  = Schwier 1932 (darin Besuch 1922)
Gu.  = Gutheil 1837                      Ko.  = Koppe 1935 (Besuch 1934)
Kar. = Karsch 1853                       WNV  = Westfälischer Naturwissenschaft-
Be.  = Beckhaus 1893                            licher Verein 1957
SuK. = Schulz und Koenen 1911/12         Ru.  = eigene Untersuchung 1959
       S. 200 (u.a.)                     X    = wurde gefunden
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Abb. 1: Die Wanderung Ehrharts vom 12. bis 17.8.1789

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Welche körperlichen Leistungen EHRHART vollbrachte, macht unsere Wegekarte (S. 51) deutlich (M = Mittag am ...- = Übernachtung zwischen...). Trotz dieser außergewöhnlichen wissenschaftlichen und körperlichen Anstrengungen, die uns Kindern des technischen Zeitalters Staunen abnötigen, fanden die beiden Wanderer Zeit, unterwegs immer wieder Freunde aufzusuchen, wo sie fleißig "traktiert" wurden, zuletzt in Coppenbrügge. Dort gesellte sich noch der Bruder des holländischen Mitwanderers zu ihnen. Zu dritt trafen sie um 10.00 Uhr abends in Hannover ein.

"Ich begleitete meine Gesellschaft nach ihrem Logis, sagte ihnen eine gute Nacht, ging die schöne Herrenhäuser Allee hinauf, und traf meine auf mich wartende Gehülfin gesund und wohl zu Hause an."

 

Literaturverzeichnis:

Beckhaus, K, -1893- Flora von Westfalen. Die in der Provinz Westfalen wildwachsenden Gefäßpflanzen. - Münster/Westf.: Aschendorff. (XXII, 1096 S.)

Ehrendorfer, F, -1973- Liste der Gefäßpflanzen Mitteleuropas. 2. Aufl. - Stuttgart; Fischer, (XII, 318 S.)

Gutheil, H.E. -1837- Beschreibung der Wesergegend um Höxter und Holzminden. - Holzminden: Erdmann, (VI, 76+2 S.)

Jüngst, L.V. -1852- Flora Westfalens. Zweite ganz umgearbeitete Auflage der Flora von Bielefeld etc. von demselben Verfasser, - Bielefeld: Helmich (XII, 438 S.)

Runge, F. -1960- Die Änderung der Vegetation im Moor an der ehemaligen Satzer Mühle im Laufe der letzten 170 Jahre, - Natur und Heimat 20; 120-123, Künster (Westf.)

Schulz, F. -1914- Friedrich Ehrharts Anteil an der floristischen Erforschung Westfalens, XXX. Jahresbericht der Botanischen Sektion des Westfälischen Provinzial-Vereins für Wissenschaft und Kunst, 42: 114-151.

 

Dank sei gesagt dem Westfälischen Museum für Naturkunde, Münster, für die Abdruckerlaubnis und Herrn Prof. Hans Böttcher für die Durchsicht des Manuskriptes und Ergänzungen der Pflanzenliste.

Anschrift des Verfassers:
Kurt Preywisch
Ansgarstr. 19
3470 Höxter