Kurt Preywisch - 70 JahreWilfried Stichmann Wer es nicht weiß, würde es nicht vermuten: Am 23. Juni ist es 70 Jahre her, daß Kurt Preywisch in Prag das Licht der Welt erblickte. Schon als Schüler des Staatsrealgymnasiums in Landskron und als Student an der deutschen Karlsuniversität in Prag traten seine naturkundlichen Interessen und sein besonderes Engagement hervor, die auch den 70-Jährigen noch in seinem gesamten breiten Wirkungskreis auszeichnen: als langjähriger Vorsitzender der von ihm mitbegründeten "Vereinigung für wissenschaftliche Naturkunde und Naturschutz Egge-Weser" (heute: Naturkundlicher Verein Egge-Weser e.V.), als verdienstvoller Vorsitzender des Landschaftsbeirates im Kreis Höxter und nicht zuletzt als Mitarbeiter in verschiedenen wissenschaftlichen Gremien, die sich der biologischen Landeserforschung widmen. Seit er 1939 die Lehrbefähigung für die Fächer Naturgeschichte und Geographie erwarb, hat er fast 40 Jahre lang - allerdings mit kriegsbedingter Unterbrechung - sein reiches Wissen an junge Menschen weitervermittelt. Die im heutigen Fächerkanon unbekannte Fachrichtung "Naturgeschichte", die neben der Biologie auch die Geologie und Mineralogie umfaßte, hat zusammen mit der Geographie die auf Natur und Landschaft als Ganzheit gerichteten Forschungsinteressen des Jubilars bis auf den heutigen Tag geprägt. Diese ganzheitliche Schau der Umwelt ließen ihn auch in seiner neuen Heimat, dem Kreis Höxter, wo er seit 1951 lebt und wirkt, Wurzeln schlagen, Zusammenhänge erkennen und Forschungs- und Schutzziele verfolgen. Im Kreis Höxter hat Kurt Preywisch von 1951 bis zu seiner Pensionierung, die wegen seiner schweren Kriegsverletzung schon 1977 erfolgte, sowohl auf pädagogischem Gebiet (zuletzt als Studiendirektor am König-Wilhelm-Gymnasium in Höxter) als auch in wissenschaftlicher Hinsicht Hervorragendes geleistet. In der von ihm praktizierten Art der Verknüpfung von Lehre und Forschung steht er in einer alten Lehrertradition und ist zugleich Vorbild für viele junge Pädagogen. Ohne Persönlichkeiten wie Kurt Preywisch wäre es um die faunistische und floristische Erforschung der heimischen Landschaften schlecht bestellt. Ihnen ist aber nicht nur der hohe Standard der Landeskunde in Westfalen, sondern vor allem die Tatsache zu verdanken, daß hier in weiten Landesteilen Naturschutz und Landschaftspflege auf einer fundierten wissenschaftlichen Basis erfolgen. Der Vogelwelt gelten bis auf den heutigen Tag die besondere Zuneigung und vielfältige Forschungsinteressen des Jubilars. Ihr sind auch die meisten Publikationen gewidmet, die in der umfangreichen Liste seiner Veröffentlichungen (vgl. Egge-Weser 4(1): 12ff., 1987) nachzulesen sind. 1962 erschien seine Avifauna des Kreises Höxter, die sich später als einer der wertvollsten Bausteine für die von J. PEITZMEIER herausgegebene "Avifauna von Westfalen" erwies. Ob als Kreisvertrauensmann für Vogelschutz oder als Mitglied im Arbeitskreis für die westfälische Avifauna, hier wie dort standen die Erfahrungen und das Engagement des ostwestfälischen Naturwissenschaftlers in besonderem Ansehen. Dennoch wäre es verkehrt, die Würdigung des wissenschaftlichen Schaffens von Kurt Preywisch ausschließlich auf die Ornithologie abzustellen. Seit Anfang der 70er Jahre tritt er zunehmend mit viel beachteten herpetologischen und säugetierkundlichen Arbeiten an die Öffentlichkeit. Sowohl die Verbreitung der Reptilien und Amphibien als auch die der Säugetiere zwischen Egge und Weser werden von ihm und etlichen seiner Schüler und Mitarbeiter mit so großer Sorgfalt und Fachkenntnis erforscht, daß die daraus resultierenden Verbreitungsatlanten als vorbildlich für die entsprechenden Forschungen in Westfalen und darüber hinaus bezeichnet werden dürfen. Und so gehört Kurt Preywisch auch wieder ganz selbstverständlich zu den aktiven Mitgliedern und Stützen der westfälischen Arbeitskreise, die das Erscheinen der bedeutsamen Werke "Die Amphibien und Reptilien Westfalens" (1981) und "Die Säugetiere Westfalens" (1984) ermöglichten. Auch auf botanischem Gebiet hat der Jubilar wertvolle Forschungsarbeit geleistet, die allein zu betrachten sich bereits lohnte. Ihm ist es im wesentlichen zu verdanken, daß die Verbreitung der Farn- und Blütenpflanzen im Kreis Höxter besser bekannt ist als in vielen anderen Teilen unseres Landes und auch so im "Atlas zur Flora von Südniedersachsen" (1976) fundiert dargestellt werden kann. Von vielen anderen Feldbiologen unterscheidet sich Kurt Preywisch nun allerdings in einem ganz wesentlichen Punkt. Für ihn sind die Feldforschung und die Publikation ihrer Ergebnisse nicht Selbstzweck. Mit demselben Engagement, das er der wissenschaftlichen Arbeit widmet, setzte er sich von Anfang an auch für die Erhaltung schutzwürdiger und gefährdeter Arten und Biotope bis hin zur Realisierung dessen ein, was er bei der Auswertung der Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Arbeit angesichts der durch menschliche Eingriffe zunehmend belasteten Landschaft als unabdingbare Konsequenz betrachten mußte. Wo es um den Natur- und Umweltschutz geht, kann aus dem liebenswürdigen und verbindlichen Vermittler biologischer Kenntnisse ein energischer und unbequemer Streiter werden. Ohne diese zweite Seite seines Wirkens wäre der Kreis Höxter wohl kaum zu dem Ruf gelangt, im Reigen der nordrhein-westfälischen Kreise auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege mit tonangebend zu sein. Daß Kurt Preywisch sein Engagement für den Naturschutz nicht nur als Naturschutzbeauftragter alter Prägung, sondern auch - vielen Widerständen zum Trotz - heute wieder als Vorsitzender des Landschaftsbeirates bei der Unteren Landschaftsbehörde einbringen kann, spricht einerseits für seine ungebrochene Schaffenskraft und andererseits für seine Wertschätzung bei allen Natur- und Heimatschützern. Gerade die Heimatfreunde wissen sehr wohl, was sie dem Biologen und Naturschützer Kurt Preywisch zu verdanken haben. Als Kreisheimatpfleger hat er jahrelang die Belange der Heimatpflege und des Heimatschutzes in ihrer Gesamtheit vertreten. Mit dem Hinweis auf den "Wanderführer" für den Kreiswanderweg Höxter, inzwischen ausgedehnt auf den Altkreis Warburg, kommt der Gratulant zurück zu der Aussage über die ganzheitliche Sicht der Landschaft, die er eingangs als besonderes Merkmal des Jubilars ansprach. In seinem "Wanderführer" fließen seine vielseitigen landeskundlichen Kenntnisse zusammen, die zwar schwerpunktartig auf biologischem Gebiet liegen, aber auch Geographie und Geologie und nicht zuletzt historische Phänomene mit umfassen. So ehren wir mit diesem Bande nicht nur den tatkräftigen, engagierten, sondern vor allem den vielseitigen Wissenschaftler und Pädagogen, Heimatfreund und Heimatschützer Kurt Preywisch, dem ich - auch im Namen der Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt Nordrhein-Westfalen e.V. (LNU) - für das neue Jahrzehnt Gesundheit und Schaffenskraft, Freude und Erfolg in seinem Einsatz für die Wissenschaft und das Gemeinwohl wünschen möchte.
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