EGGE-WESER 1986 Band 3 / Heft 4 225-226

Ungewöhnliches aus unserer Pflanzen- und Tierwelt

Ackerwildkräuter wieder da

Das Acker-Wildkräuter-Programm in Nordrhein-Westfalen, von Prof. Dr. Wolfgang Schumacher in Gang gebracht, trägt auch bei uns Früchte. Auf 79.500 qm kam es stellenweise zu einer erstaunlichen Blütenpracht. Neben Kamillen-, Ehrenpreis- und Mohnarten, Kornblume, Acker-Steinsame, vielerlei Kreuz- und Lippenblütlern tauchten verschollen geglaubte und bedrohte Arten wieder auf, oft in überwältigender Stärke.

Einige seien hier zusammengestellt, geordnet nach der Roten Liste NW (LÖLF, 1979) und nach der Liste der Farn- und Blütenpflanzen, die im Kreise Höxter wild wachsen (EGGE-WESER, 1, 85-121). Dabei bedeuten A.1.1 verschollen, A.1.2 vom Aussterben bedroht, A.2 stark gefährdet, A3 gefährdet. 1-4 in der nächsten Kolonne sagen aus: nicht abnehmend, abnehmend, stark abnehmend und verschollen, a-d sehr verbreitet bis sehr zerstreut. Die Rote Liste gibt den Erkenntnisstand vor etwa 10 Jahren wieder, Egge-Weser wertet alle Funde beziehungsweise Nichtwiederfunde zwischen 1945 und 1980 gleich.

Roggen-Trespe

(Bromus secalinus)

A. 1.1

1c

Ackerkohl

(Conringia orientalis)

A. 1.1

4c

Sommer-Adonisröschen

(Adonis aestivalis)

A. 1.2

3c

Möhren-Haftdolde

(Caucalis platycarpos)

A. 1.2

3c

Acker-Gelbstern

(Gagea villosa)

A. 1.2

1c

Wiesen-Gelbstern

(Gagea pratensis)

A. 2

1c

Dreihörniges Labkraut

(Galium tricornutum)

A. 2

3c

Kleiner Frauenspiegel

(Legousia hybrida)

A. 2

1d

Acker-Rittersporn

(Consolida regalis)

A. 3

1c

Acker-Hahnenfuß

(Ranunculus arvensis)

A. 3

2c

Früher Ehrenpreis

(Veronica praecox)

A. 3

1d

Saat-Leindotter

(Camelina satiua)

 

4c

Knollenkümmel

(Bunium bulbocastanum)

 

3c

Blasser Erdrauch

(Fumaria vaillanti)

 

3c

Acker-Krummhals

(Lycopsis arvensis)

 

3c

Knollen-Platterbse

(Lathyrus tuberosus)

 

1c

Sand-Mohn

(Papaver argemone)

 

1c


Doch das Leben läßt sich nicht in Formeln und Zahlen einfangen. Vom Ackerkohl wurde bisher nur ein Einzelstück bei Welda gesehen. "Wie im vorigen Jahr ein einziges Exemplar am Weldaer Berg, das aber schon vor der Fruchtreife von einem Tier aufgefressen wurde" (A. BROCKHOFF briefl.). Die Roggen-Trespe hingegen genießt die Vorteile moderner Landbautechnik. Es gibt ein Feld - nicht unter Vertrag - wo diese Art wie gesät wirkt und mit der dort angebauten Wintergerste wie ein Menggetreide aussieht. M.-L. WEIFFEN (briefl.) fand auf einem Acker mehrere Tausend rot- und gelbblühender Adonisröschen und auch den Rittersporn in großen Mengen. Die Verträge mit den Bauern waren also ein großer Erfolg und wurden fast ohne Ausnahme gut aufgenommen und gewissenhaft erfüllt. Mancher Landwirt staunte über die Fülle von Blüten, die sein Acker nach oft 20jähriger Pause hervorbrachte.

Zu danken war dies der wissenschaftlichen Vorarbeit von Herrn Uwe Raabe von der LÖLF, den "Projektleitern" Frau Antoinette Brockhoff, Frau Elisabeth Heldt, Herrn Harro Schröder (8 Verträge, 11.121qm), Frau Marie-Luise Weiffen (17 Verträge, 32.510 qm) und dem Verfasser (7 Verträge, 15.920 qm), vor allem aber den Landwirten, von denen manche auch ohne Vertrag ihre Ackerränder nicht mit Pflanzen- oder Tierbekämpfungsmitteln spritzten. Einer nannte das "seinen Rebhuhnstreifen". Schließlich gehen die neuen Maschinen nicht über den Ackerrand hinaus. So bleiben auch ohne Vertrag manchmal schmälste Streifen unbehandelt. Viele Bauern sind sowieso nicht mehr so überempfindlich gegen Wildkräuter. Die meisten unserer Vertragspartner waren überrascht, daß sie Spritzmittel sparten, eine, wenn auch kleine, Entschädigung erhielten und kaum weniger ernteten.

K. Preywisch

Orchidaeae

Bedingt durch den langen und kalten Winter 1985/86 war die Orchideenblüte im Weserbergland in diesem Jahr nicht reichlich.

Folgende Orchideen kamen nicht zum Blühen:

Ohnsporn (Aceras anthropophorum) 
Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera) 
Purpur-Knabenkraut (Orchis purpurea) 
Netzblatt (Goodyera repens) 
Herbst-Schraubenstendel (Spiranthes spiralis)

Der neue Standort des Kleinen Knabenkrautes (Orchis morio) in Beverungen hat sich stabilisiert. In diesem Jahr blühten rund 40 Exemplare. Schutzmaßnahmen waren erforderlich.

Erfreulicherweise blühten wieder 3 Exemplare des Schwertblättrigen Waldvögleins (Cephalanthera longifolia) bei Höxter, das sehr selten ist. Den neuen Standort dieser Orchidee konnte ich schon vier Jahre beobachten.

Im Spätsommer 1985 blühte von etwa 60 Exemplaren des Schraubenstendels bei Langenthal ein Exemplar, das an dem Blütenstengel verzweigend zwei Blütenrispen trug.

Gonepteryx rhamni

Am 16.08.1986 wurde am Räuschenberg bei Höxter ein Zitronenfalter beobachtet, bei dem die äußeren Flügel gelb, rötlich überzogen waren, Innenfläche der Flügel weiß.

G. Hesse