EGGE-WESER | 1986 | Band 3 / Heft 4 | 210-224 |
Kurt Preywisch
Herrn Dr. Fritz Runge zum 75. Geburtstag zugeeignet
Als ich im Sommer 1982 mit meinem SCHMEIL-FITSCHEN - es war die 84. Auflage (1968) - einen Doldenblütler, der in großer Zahl auf und an einem Waldweg südlich Beverungens wuchs, als Aethusa cynapioides bestimmte, fühlte ich mich als Entdecker dieser Unterart für Westfalen. Beim Literaturstudium mußte ich aber feststellen, daß die Wald-Hundspetersilie, wie ich sie hier einmal nennen will, den Botanikern Westfalens im 19. Jahrhundert bekannt und offenbar auch allgemein verbreitet war. Im gleichen Sommer fiel sie mir noch an vielen Stellen zwischen Egge und Weser auf, so daß ich nicht verstehen konnte, daß die westfälische Literatur der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts nicht auf sie einging, soweit sie mir zugänglich war. Heute begreife ich das viel besser.
Tabelle 1: Zur Nomenklatur der Hundspetersilie in der Literatur
Untergliederung der Art Aethusa cynapium L.
"Die Hundspetersilie ist in Mittel-Europa an feuchtschattigen Orten sicherlich ursprünglich wild; doch hat sie sich - als 'Apophyt' (Anm. d. Red.: Pflanzenart, die zum ursprünglichen Bestand der Flora eines Gebietes gehört) - unter der Ausbildung besonderer, morphologisch abgleichender Rassen leicht an das vom Menschen künstlich geschaffene Kulturland anzupassen vermocht und tritt auf demselben heute in bedeutend grösserer Menge auf als an ihren natürlichen Standorten" (HEGI, 1975, S. 1272/73). "JANCHEN (Cat. Fl. Austr. 1.Teil, Heft 2, 428/1957/) gliedert die Art in die ssp. cynapium mit den beiden Varietäten cynapium und agrestis Wallr. und die ssp. cynapioides (M. B.) Simk. (= var. cynapioides /M. B./ Fic. et Heynh.)" (ebenda, S. 1568, im Pareyschen Anhang zum vorausgehenden unveränderten Abdruck der ersten Auflage o. J. /=1925/).
Von der Linneschen Art hat als erster F. A. Marschall von Bieberstein (1768-1826) Ae. cynapioides als Kleinart abgetrennt (1808). "Diese ursprünglich aus dem Kaukasus beschriebene Sippe wird von den Oesterreichischen Botanikern bis heute als eine besondere Art aufrecht erhalten; indessen erscheint eine scharfe Abgrenzung gegenüber den folgenden Abarten nicht durchführbar" (HEGI, 1975, S. 1274).
Die Abtrennung der beiden anderen Varietäten geht auf K. F. W. WALLROTH zurück (1792-1857). Der Westfale C. M. F. v. BOENNINGHAUSEN (1785-1864) stellte in seinem Prodromus Florae Monasteriensis (1824) sogar eine eigene Art Ae. segetalis auf, die BECKHAUS (1821-1890) sicher zu Recht seiner var. agrestis gleichsetzt, während HEGI (1876-1932) sie als eine Form davon auffaßt. Jedenfalls sind nach dem heutigen Stand BECKHAUS' drei Varietäten zu Unterarten erhoben.
Kennzeichen der Art und der Unterarten
Aethusa cynapium L. im weiteren Sinne kann bei uns eigentlich nur im Jugendzustand verwechselt werden. Die Blätter ähneln sehr stark denen mancher Formen der Garten-Petersilie (Petroselinum crispum). Sobald aber Blüten erkennbar sind, ist die Hundspetersilie eindeutig an den fast immer dreizähligen, abwärts gerichteten Hüllchen (s. Abb. 1) zu erkennen. Aber auch die Blätter unterscheiden sich durch die Zweifarbigkeit (hellere Unterseite), den Glanz und den unangenehmen Geruch, den sie beim Zerreiben ausströmen.
Die bisher aufgeführten Unterscheidungsmerkmale der Unterarten sind im folgenden zusammengestellt:
Tabelle 2: Unterscheidungsmerkmale der Unterarten im Schrifttum
Bei der Bestimmung von Einzelstücken kann man sich auf die neueren Taschenbestimmungsbücher, die sich auf wenige Merkmale beschränken, nicht sicher verlassen. Am unzuverlässigsten sind sie dort, wo sie am genauesten erscheinen, bei den Größenangaben. Hier bleibt BECKHAUS (1893) für unseren Raum am zuverlässigsten.
Für ssp. cynapioides wird sein Spielraum von 1 m allerdings nach oben wie nach unten überschritten. Das hängt sehr stark vom Jahrgang ab. 1982 und 1983 trat die Art vielerorts und stellenweise in Massen auf, 1985 und besonders 1986 waren die Vorkommen schwächer oder ganz erloschen. An den 6 Fundorten von 1982 waren die größten vermessenen Stücke 1800, 1850, 1900, 2000, 2000, 2150 mm hoch. Am Erstfundort (4322/32), wo damals leider nicht gemessen wurde, war die Unterart 1982 mit sehr vielen und sehr großen Pflanzen vertreten. 1986 gab es etwa noch ein halbes Dutzend in sehr zarter Ausführung. Ein mittleres Stück (Abb. 2) stand nur 500 mm hoch! Es gab aber auch welche, die nur 370 mm erreichten. Alle in der Tabelle zwei zusammengestellten Merkmale trafen zu. Nur war der Stengel kaum bereift und die Fruchtstielchen der 1. Dolden waren nur wenig länger als die Früchte. Eintrag oder Einkreuzung der anderen beiden Unterarten ist an dieser Stelle mitten am Steilhang des Rotzberges S. Beverungen an einem nicht mehr befahrenen Weg fast ausgeschlossen.
Abb. 1: Dolde und Blätter von einer "Garten-Hundspetersilie" (Aethusa cynapium ssp. cynapium) aus dem alten Dorfkern von Borgentreich-Bühne, gesammelt am 6.8.1985. Die vorderen und hinteren Döldchen wurden der Übersichtlichkeit wegen entfernt.
Auch für ssp. agrestis, die man Acker-Hundspetersilie nennen könnte, gilt 200 mm Höhe nicht (mehr?) als Obergrenze. BECKHAUS wußte das schon. Nur selten findet man diese Unterart auf Stoppeläckern, weil diese einfach zu kurzlebig sind. Neuerdings, wo wieder randscharf gespritzt wird, gedeiht sie wieder an schmalen Säumen der Getreidefelder, die von der Spritze zufällig nicht erfaßt wurden oder in Ackerrändern, die man absichtlich mit "Unkrautbekämpfungsmitteln gegen Zweikeimblättrige" verschonte. Die Domäne von Ae. ssp. agrestis sind aber heute die Hackfruchtäcker. Zwischen den Runkeln, Bohnen usw. werden die Böden zwar gegen Wildkräuter gespritzt, aber meistens durch späteres Hacken wieder für keimfähige Samen geöffnet. Hier übersteigt die Durchschnittsgröße bei weitem die in der Literatur angegebenen Maße. Die größte bisher gefundene Pflanze einer Sippe, die insgesamt der ssp. agrestis zuzuweisen war, stand in einem Runkelacker im Stummrigen Feld S. Höxter und maß 780 mm. Ihr Verzweigungsmuster zeigt Abb. 3. Es gab auch ein 950 mm hohes Stück auf einem agrestis-Standort. Doch habe ich es nicht gründlich genug beschrieben, so daß es nicht einwandfrei dieser Unterart zugewiesen werden kann. Die darbenden Stücke von ssp. cynapioides sind also kleiner als Mastexemplare von ssp. agrestis.
Der knotige Stengel sitzt bei ssp. cynapioides auf einer verhältnismäßig kurzen, bei kleinwüchsigen ssp. agrestis oft auf einer fast ebenso langen Wurzel. Doch erreichte in unserem Raum keine eine Länge über 20 cm, während Oberdorfer bis zu 60 cm angibt. Zwischen Wurzel und Stengel liegt eine kurze, oft verdickte Zone, auf der dicht gedrängt zur Sammelzeit, also möglichst zur Reifezeit der ersten Dolden, noch die Spuren von Blattansätzen zu sehen sind (Abb. 4).
Bei der Wald-Unterart steigt der Stengel gerade auf und trägt erst höher eine baumkronenartige Verzweigung. Meist ist er vom 1. Glied an hohl. In 12 von 15 Fällen war er 18- bis 20mal gegliedert bei Höhen von 1270 bis 2160 mm. Bei den 3 restlichen kümmernden Stücken gab es 17 (950), 14 (1000) und 11 (500) Abschnitte (Höhe in mm). Die ersten Zweige, meist noch kurz, setzten in der überwiegenden Zahl der Fälle beim 5. oder 6. Knoten an, in wenigen Fällen tiefer. Bei 17 Messungen hatte der dickste Abschnitt einen Durchmesser von 10 bis 22 mm, bei den 3 Kümmerern von 2 bis 5 mm. Jedesmal war der Stengel rund, meist glatt, manchmal stark, manchmal nur wenig vom Grund auf rundum oder einseitig gerötet.
Abb. 2: Kümmernde Wald-Hundspetersilie (Aethusa cynapium ssp. cynapioides) vom Hang des Rotzberges (4322/32, etwa 200 m ü.NN)
Die Acker-Hundspetersilien verzweigten sich schon von unten ab strauchartig. In den 29 untersuchten Stücken ging der erste Zweig 6mal schon am unteren Ende des 1. Stengelgliedes ab, 6mal an dessen oberen Ende, 10mal über dem 2. Glied, 5mal über dem 3. und einmal über dem 4. Der Stengel war in 29 Pflanzen 6- bis 15mal verzweigt (1x6, 4x7, 6x8, 3x9, 5x10, 4x11, 3x12, 1x13, 1x14 und 1x15) und in 11 von 16 Fällen im 1. Glied nicht hohl, oft auch in den nächsten nicht. Der größte Stengeldurchmesser von 24 Stücken schwankte zwischen 1,5 und 5 mm, bei 2 weiteren betrug er 7 und 7,5 mm. In 22 Pflanzen war bis auf 2 Ausnahmen der Stengel deutlich kantig, meist von unten an, in wenigen Fällen etwas darüber. Selten wurde schwacher Reif bis zum 4. oder 5. Stengelglied gesehen. Die Rötung war nur selten stark (bei Stoppelfeldexemplaren), meist schwach oder gar nicht vorhanden.
Wenig ließ sich bei beiden Unterarten mit dem Bau der Blätter und ihrer Zipfel anfangen. Leider konnte ich nur 5 Wald-Hundspetersilien auf das Verhältnis von Doldenstiel zu gegenüberstehendem Blatt untersuchen. Bei diesen waren die Doldenstiele fast alle länger, nur wenige gleich. Bei dieser Unterart könnte dieses Verhältnis möglicherweise als Bestimmungshilfe dienen. Dagegen versagt die Angabe HEGIs (s. Tab. 2) bei der Ackerhundspetersilie bei 10 von 20 Stücken, oft schon innerhalb einer Pflanze.
Bei beiden Unterarten stimmt es meistens, daß die (2)3(4) Blätter des Hüllchens kürzer sind als der Durchmesser des dazugehörigen Döldchens. Bei einer Waldpflanze übertraf das längste Hüllchenblatt sein Döldchen um 40%, bei einer Ackerpflanze um 30% seiner Länge. Bei beiden Unterarten sind die Hüllchenblätter schmal und verengen sich vom Grund, der weniger als 1 mm breit ist, gleichmäßig bis zur scharfen Spitze. Bei der Waldform spreizen sich die drei Blätter meist starr auseinander, bis sie welken, bei der Ackerform hängen sie meist nebeneinander nach unten. Doch kommen bei beiden Unterarten Hüllchenblätter vor, die sich mehr nach Art der ssp. cynapium bis über die Mitte allmählich bis auf 1-2 mm verbreitern und sich dann rasch verschmälern.
Bei 9 vermessenen Früchten der ssp. cynapioides schwankte die Länge
zwischen 2,8 und 3,5 mm, die Breite zwischen 1,6 und 3,0 mm. Die schmälste
Fugenfläche maß 1,6 x 3,0, die breiteste 3,0 x 3,0.
5 Früchte der ssp. agrestis besaßen Höhen zwischen 3,1 und 4,5 mm und Breiten
von 2,2 bis 3,5 mm. Die schlankste Teilfrucht war 3,7 mm hoch und 2,5 mm breit,
die dickste maß 3,5 x 3,3 mm!
Aufschlußreich war auch das Verhältnis des längsten Fruchtstiels in einem Döldchen zu seiner Frucht. Von ssp. cynapioides liegen nur 2 Angaben vor: 4,5 zu 3,0 und 3,5 zu 2,8. Hier sind wesentlich mehr Daten zu erheben. Von ssp. agrestis liegen 13 Messungen vor (davon 7, bei denen der Fruchtstiel länger ist als die Frucht - bis zu 4,5 : 3,0) und 2 Anmerkungen, daß bei diesen Stücken die Fruchtstiele kürzer sind als die Früchte.
Der Leser wird sich fragen, warum die dritte Subspecies (cynapium+ ) nicht behandelt ist. Die Antwort ist einfach! Ich habe 1986, nachdem ich erst 1985 agrestis zu unterscheiden gelernt habe - durch das Ackerrandstreifenprogramm -kein einziges Stück gefunden, geschweige denn eine ganze Population, die klar dieser Unterart zugeschrieben werden kann. An Stellen, an denen ich meist innerorts schon cynapium kartiert hatte, bleibt jetzt nur ein Punkt für die Spezies Ae. cynapium übrig. Dort fand ich 1986 nur einwandfreie agrestis oder zweifelhafte Stücke. Wie recht hat doch EHRENDORFER (1973), der die Art in der Rubrik Namensabkürzungen als "Aethu cy'numx" markiert, also als "polymorphe und verwechselungsträchtige Art". "Aufsammlungen und einschlägige Beobachtungen werden die Klärung dieser Formenkreise in Zukunft sehr erleichtern" (S. VIII). (Anmerkung: . Nachtrag auf Abb. 1, S. 213)
Wuchsorte und Vergesellschaftung
Für die Standorte (Erläuterungen zu den Autoren s. Tab. 2) gibt die Literatur an:
zur Art Aethusa cynapiumo : (im weiteren Sinn):
Äcker, Gärten, Wege, Schutt, Hecken, lichtes Gebüsch (B), verbreitet in
Gebüschen, an Zäunen, Bächen, in Auen und Wäldern, sowie auf Schutt,
Gartenland, in Getreide- und Stoppelfeldern und anderen Äckern (H), ziemlich
häufig in Schutt- oder Acker-Unkrautfluren, vor allem in Hackäckern,
Weinbergen, Brachen an Müll- und Schuttplätzen, auf frischen, nährstoff- und
basenreichen, lockeren, meist mildhumosen Lehmböden. Nährstoffzeiger, etwas
lehmige Äcker, Weinberge, frische Ruderalstellen, Brachen, Gebüschsäume,
kalkhold, gemein, wärmeliebend (0), kalkliebend, gemein (R, 1982). Gebüsche,
Zäune, Auwälder, verbreitet (SF). ELLENBERG (1979) ordnet in seiner 9-stufigen
Skala, wobei 1 den niedrigsten, 9 den höchsten, also 5 den mittleren Wert der
Ansprüche bezeichnet, der Art für Licht 6, Temperatur 5, Kontinentalität 3,
Feuchtigkeit 5, Bodenreaktion (pH-Wert) 8, Stickstoffbedarf 7 zu. Mit der
Kennzahl 3.3 weist er sie den Hackunkraut- und Ruderalgesellschaften zu.
zur Unterart cynapioides:
in schattigen, besonders etwas feuchten Gebüschen und Hecken (B), an Rainen,
Ufern, in Wäldern und Auen (H), vor allem in Waldsaumgesellschaften, an
Waldwegen und Waldrändern. Alliarion-Verbandscharakterart. (Alliarion =
Waldunkraut-Gesellschaften innerhalb der XIX. Klasse) (0), frische bis feuchte
Ufersaumgesellschaften (R, 1976), Wälder, Ufer (SF, 1982).
für die Unterart agrestis:
oft massenhaft auf Äckern nach der Ernte (B), Brachfelder und Stoppeläcker,
verbreitet (H), zerstreut in Ackerunkrautgesellschaften,
Fumario-Euphorbion-Verbandscharakterart, auch im Caucalidion (Fumario-Euphorbion
ein Verband der XVII. Klasse "Ein- bis zweijährige Hackunkraut- und
Ruderalgesellschaften; Caucalidion gehört zur XVI. Klasse
"Getreide-Unkraut-Gesellschaften) (0), lehmige Äcker, Ruderalstellen,
verbreitet (R, 1976), Äcker, Ruderalstellen, verbreitet (SF, 1982)
für die Unterart cynapium (im engeren Sinn):
Pflanze der Zäune, Mauern, Weg- und Ackerränder, des Gartenlandes usw.,
überall verbreitet und häufig (H), verbreitet in Gärten und an
Schuttplätzen, vor allem auch im Fumario-Euphorbion (0), Ruderalstellen,
Gärten, gemein (R, 1976), - (SF, 1982).
Für die Art treffen alle angegebenen Fundstellen bis auf die Weinberge zu.
Das gleiche gilt für ssp. cynapioides bis auf "Raine". Zwar habe ich 1985 an einem gebüschlosen Halbtrockenrasen-Streifen etwa 80 m vom nächsten Waldrand entfernt einen höheren Trupp Aethusa als cynapioides bestimmt, jedoch nicht genauer untersucht. Zu einigen anderen Wuchsstellen:
4122/21 | Am 15.08.1985 etwa 100 Pflanzen zu beiden Seiten dar Straße Forst-Polle auf feuchtem bis qualligem Hang eines Muschelkalkberges (Unterer Muschelkalk bis zur Unteren Terrasse). Höchstes Stück 2100 mm. Am 11.08.1986 nur mehr einige Pflanzen, die höchste 1520 mm. Begleitarten Große Brennessel (Urtica dioica), Nessel-Seide (Cuscuta europaea) , Wiesen-Bärenklau (Heraclaum sphondylium), Behaarte Kardendistel (Dispsacus pilosus), Rüben-Kälberkropf (Chaerophyllum bulbosum). |
4421/44 | Am 17.08.1985 etwa 100 Pflanzen an dichtem Waldrandgebüsch beiderseits des Weges Lamerden-Liebenau am Fuß eines Hanges im Unteren Muschelkalk . Höchstes Stück 1700 mm. Am 11.09.1986 dort keine Pflanzen mehr, aber darunter an der Kante zur Diemel-Aue, wo im Vorjahr nicht gesucht wurde, 110 Pflanzen, die höchste mit 2160 mm. Begleitarten: Große Brennessel, Nessel-Seide, Gemeine Zaun-Winde (Convolvulus sepium) , Roß-Minze (Mantha longifolia), Rüben-Kälberkropf, Wiesen-Bärenklau, neu Riesen-B. (H. mantegazzianum) , Krause Distel (Carduus crispus), Rotfrüchtige Zaunrübe (Bryonia dioica). |
4322/22 | 1982 großer Bestand von über 2 m hohen
Pflanzen an und kleineren auf vergrasedem Hangweg an der Grenze von Röt
und Unterem Huschelkalk. Der schattenspendende Hochwald auf der Talseite
war gefällt. Am 12.08.1986 nur mehr 8 Pflanzen auf der inzwischen stark
verkrauteten Wegfläche unter sehr vielen, aber ebenfalls kümmernden
Gewöhnlichen Klettenkerbeln (Torilis japonica), daneben fleckenweise
Huflattich (Tussilago farfara) und Weiße Pestwurz (Petasites albus). Am
inzwischen von ssp. cynapioides verlassenen talseitigen Wegrand dichter
und hoher Bestand von Wasserdost (Eupatorium cannabinum), Fuchs'
Greiskraut (Senecio fuchsii), Krauser Distel, begleitet von Tollkirsche (Atropa
belladonna) und Kleinblütigem Springkraut (Impatiens parviflora).
von 370 bis 1000 mm Höhe |
4320/44 4321/31 | 1983 an einem Waldweg in einem rechten Seitentälchen der Taufnethe östlich Niesen von der Aue über Mittleren bis in den Oberen Muschelkalk mehrere 100 sehr hochwüchsiger Pflanzen. 1985 nur mehr im Oberen Muschelkalk 15 Stück und 1986 gar keine mehr. Begleit-Arten: Behaarte Kardendistal , Rüben-Kälberkropf, Hecken-K. (Ch. femulum) , auch Wiesen-Bärenklau, Gewöhnlicher Klettenkerbel. |
Die ssp. agrestis besetzt bei uns alle Wuchsorte die nach der Literatur möglich sind. Doch auch in Gärten fand ich Stücke, die eher agrestis als cynapium zuzuordnen sind. Auch hier sollen einige Beispiele sprechen:
4320/41 | Am 04.08.1986 in einem niedrigen, schütteren Winterweizenbestand bei Punkt 235 der Straße Haverhausen-Gehrden über das ganze Feld verteilt viele Pflanzen auf einem sehr skelettreichen Boden der Terebratelbank des Unteren Muschelkalks. Die höchsten Stücke maßen 270 mm und trugen die ersten reifen Dolden. Nach der Ernte stand der Acker lange in den Stoppeln, so daß sich die reiche, doch bei beiden Besuchen nur ganz oberflächlich gemusterte Wildkrautflora gut aussamen konnte. Es fielen auf ein ungewöhnlich dichter Bestand von Feld-Rittersporn (Consolida regalis), dazu Ackerröte (Sherardia arvensis), Dreihörniges Labkraut (Galium tricornutum). Tännelkraut (Kickcia) wurde nicht gesucht oder gefunden. |
4321/24 | Am 12.08.1986 auf dar Gipfelfläche des Denzer nordöstlich Tietelsen in einem nur kniehohen Gersten-Hafer-Feld, dessen Boden stark von Trochitenkalktrümmern knapp über Mittlerem Muschelkalk durchsetzt war, als vorherrschendes Wildkraut, aber fleckenhaft verteilt. Daneben viel Kleine Wolfsmilch (Euphorbia exigua), Echte Kamille (Matricaria chamomilla), weniger Sonnenwend-Wolfsmilch (Eu. helioscopia), Acker-Gauchheil (Anagallis arvensis), Uinden-Knöterrich (Polygonum convolvulus), Acker-Glockenblume (Campanula rapunculoides) u. a. Das Feld war am 28.08. noch ungemäht, am 16.09. fruchteten die meisten Stücke zwischen den Stoppeln. (Abb. 5.) |
Abb. 5: Drei "Acker-Hundspetersilien" (Aethusa cynapium ssp. agrestis) in verschiedenen Reifungsstadien (4321/24, 16.9.1986). Nat.Gr.
4221/42 | Am 04.06.1986 auf 80 m Ackerrand etwa 40 Pflanzen, meist groß (240-470 mm) im Winterueizen um 300 m ÜNN auf Lehmboden mit einigen Trümmern des Oberen Muschelkalkes. Begleitarten: Viel Geruchlose Kamille (Matricaria inodora), daneben Gewöhnlicher Hohlzahn (Galeopsis tetrahit) , Weg-Rauke (Sisymbrium officinale), Rainkohl (Lapsana communis) und Kleine Wolfsmilch. Ähnlich ein Winterweizen-Acker auf etwas steinigem Lehm über Oberem Muschelkalk in 4221/24 bei 360 m üNN. |
4122/23 | Am 11.08.1986 7 Pflanzen auf der höchsten Erhebung eines Runkelackers im Wesertal nordöstlich Stahle. Die geologische Karte 1:25000 verzeichnet dort alluviale Sande und Schotter (85 m üNN). In diesem stark und artenreich verkrauteten Feld wuchsen neben Echter Kamille viel Sonnenwend-Wolfsmilch (Euphorbia helioscopia) , Acker-Hellerkraut (Thlaspi arvense), Gewöhnlicher Erdrauch (Fumaria officinalis) und vielen ändern auch eine Kleine Wolfsmilch. |
4222/14 | Am 11.08.1986 etwa 40 Pflanzen auf 150 m Randlänge eines großen Runkelackers auf Auelehm im Wesertal südlich Höxter. Sämtliche untersuchten Stücke zeigten alle Merkmale aus der Tab. 2. Nur die Blätter, die den Dolden gegenüberstanden, waren durchweg nicht länger, meist viel kürzer als deren Stiele. Unter den 23 Begleitarten herrschten vor: Echte Kamille, Weißer Gänsefuß (Chenopodium album), auch Stinkende Hundskamille (Anthemis cotula) , weniger Acker-Hellerkraut, Gewöhnlicher Erdrauch, Weg-Rauke, Acker-Ehrenpreis (Veronica arvensis) und an den Stellen mit Hundspetersilie der Acker-Krummhals (Lycopsis arvensis). Am 08.08.1986, kurz vor der Mahd, wuchsen am Rand eines Winterweizen-Schlags nördlich Corvey (4222/12) auf etwa 100 m Länge rund 50 Acker-Krummhals-Pflanzen, dazwischen ein Horst von ungefähr 20 Hundspetersilien bis 520 mm hoch. Wenig andere Arten. |
4222/34 | Am 12.08.1986 fanden sich auf 500 m Ostrand eines Bohnenfeldes mit reichem Wildkrautbestand auf verlehmtn Löß über der Unteren Terrasse des Wesertals keine Hundspetersilien. Über 50 standen dagegen im Nordosteck dieses Grundstücks innerhalb eines bis 4 m breiten Gestrüpps von Grundblättern des Gefleckten Schierlings (Conium maculatum) , das sie zum Teil überragten, bis 780 mm hoch gewachsen. Dieser Schierlingsstreifen umschloß zwei Seiten einer Rechteckparzelle, auf dem vor Jahrzehnten das Vorwerk Feldelse gestanden hatte. Auf ihrer Südseite ragten einzelne Schierlingspflanzen, weiter innen geschlossene Bestände bis fast 3 m hoch auf. Alle Blätter waren verdorrt. Den Westrand der Parzelle begleitet ein dichter Saum von Rüben-Kälberkropf. An beiden Seiten waren die Blätter des Schierlings auf dem Ackerrand noch ziemlich frisch und grün. Unter den 30 anderen Wildkräutern in diesem Streifen herrschte die Echte Kamille vor. Daneben traten Nässe-Anzeiger auf: Wasser-Knöterich (Polygonum amphibium) , Wassermiere (Myosoton aquaticum). In diesem Bereich bildete übrigens ein Schuttkegel aus einem lößgefülltem Tal im Buntsandstein des Sollings den Untergrund. Merkmale der ssp. wie in 4222/14. |
Die Angaben von OBERDÖRFER über die Gesellschaftsbindungen der beiden Unterarten cynapioides und agrestis gelten auch für unseren Raum.
Verbreitung
Aus BECKHAUS muß man schließen, daß alle drei Unterarten in ganz Westfalen vertreten waren. Er nennt deshalb keine Einzelfundorte außer für die "Foren prussica auf Gartenland, z. B. Pfarrgarten in Lichtenau". Diese Einzelangabe findet sich prompt in HEGI (S. 466) berücksichtigt.
Für ssp. cynapioides gibt HEGI je einen Einzelfundort aus Baden, Bayern, Thüringen und Schlesien an. ROTHMALER (1963) und SCHMEIL-FITSCHEN (1968) fügen Hessen hinzu. OBERDORFER (1983) nennt z. B. Oberrheingraben, Neckargebiet, Fränkisches Keuper-Lias-Land, Hessisches Bergland, Nordwestdeutsche Niederung, Thüringer Becken- und Hügelland, nicht aber das "Niedersächsische Hügelland", das von der Egge bis zum Harz und vom Mittelgebirgsrand beiderseits der Porta Westfalica bis zum Hessischen Bergland reicht. Unser Arbeitsgebiet liegt in jenem "Niedersächsischen Hügelland". Die Funde der Wald-Hundspetersilie sind in der Abb. 6a kartiert.
Außerhalb dieser Fläche wuchs am 23.09.1982 ein kleiner Trupp inmitten
eines Streifens aus Behaarter Kardendistel entlang eines Waldrands etwa 1 km
östlich Kloster Böddeken (4418/11).
Für ssp. agrestis sind die Bezeichnungen allgemeiner, von
"verbreitet" bei HEGI, ROTHMALER und SCHMEIL-FITSCHEN zu
"zerstreut" bei OBERDORFER. Die Unterart wäre also auch bei uns zu
erwarten. Doch die regionale Literatur unseres Jahrhunderts, soweit eingesehen,
nennt sie nicht. Erst HUPPE (1986) nennt das Vorhandensein oder Fehlen von
Aethusa cynapium kennzeichnend für einige Gesellschaften der Getreide- und
Hackfruchtäcker Westfalens. Seinen Angaben nach ist die Unterart fast in allen
Landschaften des Landes zu finden. Unser Verbreitungskärtchen 6b ist noch sehr
unvollständig.
Alle älteren Funde, auch für ssp. cynapium sind noch in der Karte der Gesamtart untergebracht. Die kräftigen Punkte sind neu gegenüber HAEUPLER (1976).
In Zukunft sollen Verbreitung und Formen im Gebiet genauer untersucht und auf mögliche Kreuzungen und Übergänge geachtet werden.
Abb. 6: Verbreitung von Aethusa cynapium ssp. cynapioides (a), Aethusa cynapium ssp. agrestis und der Sammelart Aethusa cynapium im Untersuchungsraum. Kräftige Punkte in (c) bedeuten Neufunde gegenüber HAEUPLER (1976)
Quellen:
BECKHAUS, K. (1893): Flora von Westfalen. XXII 4 1096 S. - Münster i. U. (Aschendorff).
EHRENDORFER, F. (1973): Liste der Gefäßpflanzen Mitteleuropas. 2. Aufl., XII 4 318 S. - Stuttgart (Fischer).
ELLENBERG, H. (1979): Zeigerwerte der Gefäßpflanzen Mitteleuropas. 2. Aufl., 122 S. - Scripta geobotanica 9, Göttingen (Goltze).
GRAEBNER, P. (1964): Die Pflanzenwelt des Paderborner Raumes. 112 S. - Paderborn (Junfermann).
GUTHEIL, H. E. (1837): Beschreibung der Wesergegend um Höxter und Holzminden. 76 S. - Holzminden (Erdmann).
HAEUPLER, H. (1976): Atlas zur Flora von Südniedersachsen. 367 S. - Scripta geobotanica 10. Göttingan (Goltze).
HÜPPE, J. (1986): Kurze Übersicht über die Pflanzengesellschaften der Äcker in Westfalen. -Abhandlungen a. d. Westf. Museum für Naturkunde 48, H. 2/3, 209-222
HEGI, G. (1975): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Bd V 2, 2. unveränd. Aufl. + Ergänzung, 679-1584. - Berlin 4 Hamburg (Parey).
JÜNGST, L. V. (1852): Flora Westfalens. 2. Aufl., XVII 4 438 S. - Bielefeld (Helmich). MEIER-BÖKE, A. (1978): Flora von Lippe. 518 S. - Detmold (Naturw. u. Histor. Verein).
OBERDORFER, E. (1979): Pflanzensoziologische Exkursionsflora. 4. Aufl., 997 S. - (1983): 5. Aufl., 1051 S. - Stuttgart (Ulmer).
ROTHMALER, U. (1963): Exkursionsflora von Deutschland, Kritischer Ergänzungsband Gefäßpflanzen. XXII 4 622 S. - (1976): 2. Aufl., 811 S. - Berlin (Volk und Wissen).
RUNGE, F. (1955): Die Flora Westfalens. 573 S. - (1972): 2. Aufl., 550 S. - Münster (Westf. Vereinsdruckerei).
SCHMEIL-FITSCHEN (1968): Flora von Deutschland und seinen angrenzenden Gebieten. 84. Aufl., 516 S. - (1982): 87. Aufl. 606 S. - Heidelberg (Quelle & Meyer).
Anschrift des Verfassers: Kurt Preywisch, Ansgarstr. 19, 3470 Höxter