EGGE-WESER 1986 Band 3 / Heft 3 130-133
AUS DEM LEHRGEBIET TIERÖKOLOGIE

IM STUDIENGANG LANDESPFLEGE DER
UNIVERSITÄT-GESAMTHOCHSCHULE PADERBORN / ABT. HÖXTER
- 2. Mitteilung -
von Bernd Gerken

Mit Erscheinen dieses Hefts von "Egge-Weser" besteht das Lehrgebiet Tierökologie im Studiengang Landespflege der Uni-GH Paderborn drei Jahre.

Lehre, Sammlung und Lehrpark

Das Lehrprogramm verläuft im wesentlichen unverändert wie bei GERKEN (1984)beschrieben. Ergänzend wurde ein Vorlesungsteil 'Hydrobiologie' eingebaut, der zugleich als Serviceleistung für Studenten des Studiengangs Wasserwirtschaft jeweils im Wintersemester angeboten wird.
Teile unserer im Aufbau befindlichen Lehrsammlung werden zur Zeit für eine allgemein zugängliche Ausstellung aufbereitet, der auch ein größeres Aquaterrarium angegliedert sein wird. Der Auf- und Ausbau der Sammlung wird wesentlich von Spendengeldern (vor allem Höxteraner Firmen) getragen.
Im Lehrpark wurden die Arbeiten zur Herrichtung verschiedener Kleingewässer fortgesetzt, wozu unter anderem Spenden von Ton, Kalkmergel und Buntsandsteinbruch wertvolle Hilfe leisteten.
An Kleingewässern stehen somit im Rohausbau je ein Buntsandstein-, Kalkmergel-, Lehm- und Hilston-Teich zur Verfügung. Nach Möglichkeit soll 1986 ein Torfschlamm-Teich hinzukommen.
Die Pflege der Teiche erfolgt durch Mitarbeiter der Ökologischen Arbeitsgemeinschaft unserer Hochschule. Ein bis zu fünf Meter breiter Streifen um die Teiche ist spontan ankommender Vegetation 'reserviert'.
Das übrige Umfeld wird als l-2 -schürige Extensivwiese gepflegt.

Forschung

Die laufende Forschungsarbeit ist weiterhin zu einem Teil der Eingriffsproblematik der Flurbereinigung im Hinblick auf die Tierbesiedlung gewidmet. Nachdem unser Beitrag zu den faunistischen Begleituntersuchungen zur Modellflurbereinigung Dill-Sohrschied/Hunsrück inzwischen abgeschlossen wurde, erhielten wir vom Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Landesamt für Agrarordnung, Münster, den Auftrag, eine Bestandsdokumentation ausgewählter Tierartengruppen (Vögel, Amphibien, Libellen, Tagschmetterlinge, Laufkäfer, Heuschrecken) zu erstellen. Auf der Grundlage der hierbei gewonnenen Ergebnisse soll in weiteren Planungsschritten die Auswirkung geplanter Flurbereinigungsmaßnahmen auf den Tierbestand abgeschätzt (Phase II) und das Regierungspräsidium bei Vermeidung und Minderung von Eingriffen, sowie der Bemessung des Umfangs und der Qualität von Ausgleichsmaßnahmen in Natur und Landschaft beraten werden (Phase III).
Dieses Projekt ist bis Anfang 1987 befristet und zu seiner Durchführung wurden zwei Mitarbeiter (Dipl. Ing. Landespflege) eingestellt. Weitere Forschungsarbeit ist dem faunistischen Beitrag zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zum Hochwasserschutz am südlichen Oberrhein gewidmet (Auftraggeber: Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie, Bonn). Sie hat die Erfassung von Laufkäfern, Tagschmetterlingen, Heuschrecken und Libellen und die Auswertung der Daten im Hinblick auf die Beurteilung geplanter wasserbaulicher Maßnahmen zum Inhalt. Insbesondere ist die Problematik einer Wiedereinführung flächiger Überflutung, ggf. gekoppelt mit einer flächenhaften 'Tieferlegung' durch Auskiesung auf mehreren hundert Hektar auf Niveau des heutigen Grundwasserstandes in Bereichen zu prüfen, die seit der Jahrhundertwende vom natürlichen Hochwasserregime des Rheins abgekoppelt sind.
Der Bearbeitung auenökologischer Fragen waren darüber hinaus mehrere Exkursionen von Mitarbeitern des Lehrgebiets in südostfranzösische Auengebiete gewidmet, wobei sich u.a. auch wertvolle Aspekte zur Beurteilung des o.g. Oberrheinprojekts ergeben.
Im Rahmen eines Werksvertrags der Landesanstalt für Ökologie, Landschaftsentwicklung und Forstplanung (LÖLF) wurden acht Projekte zur faunistisch-ökologischen Bestandsaufnahme schutzwürdiger Gebiete des Kreises Höxter von studentischen Mitarbeitern bearbeitet. Die Auswahl der zu untersuchenden Gebiete wird jeweils in enger Rücksprache mit der Höheren und Unteren Landschaftsbehörde vorgenommen.
Die Zusammenarbeit mit der Unteren Landschaftsbehörde beim Kreis Höxter wurde durch fachliche Beratung bei aktuellen bestehenden oder geplanten Eingriffen fortgesetzt.

 

Zusammenfassungen der im Berichtszeitraum abgeschlossenen Diplomarbeiten

BARNA, O. 1985: Faunistisch-ökologische Bestandsaufnahme der Carabidenfauna im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens Dill-Sohrschied/ Hunsrück, 124 S.

Es wurden Fallenfänge und Handaufsammlungen an Carabiden vom Herbst 1983 und Frühjähr/Frühsommer 1984 ausgewertet. Die Aufnahmen waren in drei für das Untersuchungsgebiet typischen Struktursystemen erfolgt (Acker-Grünland-Hecke-Weg-Wegrain; Niederungsgrünland-Hangwald-Acker; Weide-Wiese-Streuobstwiese). Die Fänge belegen die bezüglich der Carabiden ausgeprägte faunistische Eigenständigkeit des Niederungsgrünlandes im Vergleich zu hochgelegenem Grünland, sowie den Äckern der Hochfläche um Dill-Sohrschied, unterstreichen die trennende Wirkung eines jüngst angelegten Waldweges und zeigen, daß die untersuchte Hecke bereits zu klein für die Ausbildung einer typischen Heckengemeinschaft der Laufkäfer ist.
In das vom Institut für Landschaftspflege und Naturschutz der Uni Hannover geleitete Gesamtprojekt fließen die aus den Carabidenfängen abgeleiteten Folgerungen zur künftig anzustrebenden Gestaltung dieses landwirtschaftlich genutzten Raums ein.

FAHNING, J. 1985: Das Mühlental in Hamburg-Harburg - ein Landschaftsplan nach Hamburger Modell unter besonderer Berücksichtigung des ökologischen Beitrags, 114 S. + Kartenband

Als Grundlage für den Vorentwurf eines Landschaftsplans für das Mühlenbachtal in HH-Harburg wurde eine detaillierte Bestandsaufnahme durchgeführt. Als Teil der Fragestellung erfolgte eine eingehende Struktur-Erfassung, eine Bestandsaufnahme der Amphibien, Libellen und Tagfalter, sowie eine flächendeckende Vogelsiedlungsdichte (Untersuchte Gesamtfläche 23,5 ha; Artenzahl: 45; Revierdichte: 141,5/l0ha). Es wird ein Schutzkonzept für das Tal vorgeschlagen, das die Ausweisung eines NSG , des Bachlaufs als Geschützter Landschaftsbestandteil und für die übrige Fläche den Status Landschaftsschutzgebiets vorsieht.

HENNES, M. 1984: Faunistischer Beitrag zu einem Schutzgebiets-Konzept für das NSG 'Stellmoor-Ahrensburger Tunneltal', Kr.Stormarn

Als Grundlage für ein Schutzgebiets-Konzept des 1982 unter Naturschutz gestellten Moorgebiets bei Hamburg wurde eine Bestandsaufnahme der Strukturen sowie ausgewählter Tierartengruppen vorgenommen. Im Vordergrund der Untersuchungen standen Libellen und Tagfalter.
Die Libellen-Studien wurden durch Populationsabschätzungen an Coenagrion puelle, Lestes sponsa, L. dryas und Sympetrum sanguineum durchgeführt. In Anbetracht der sehr ungünstigen Witterung konnten die mehrere aufeinander folgende Fang-Wiederfang-Aktionen voraussetzenden üblichen Schätzverfahren nicht eingesetzt werden. Es wurde statt dessen eine von DuFEU und anderen nach ornithologischen Studien abgeleitete Methode eingesetzt die zur Schätzung der Populationsgröße mit jeweils eintägiger Fangaktion auskommt (HENNES, 1985).

OTTE, J. 1985: Das Dilemma Naturschutz - über die Notwendigkeit einer neuen Haltung im Umgang mit der Natur, 155 S.

Die Arbeit trägt Möglichkeiten und Grenzen, sowie Fakten und Hintergründe zu einem Entwurf für einen angemessenen Umgang mit der Umwelt zusammen. Unter Berücksichtigung tier- und humanökologischer Arbeiten wird umrissen, was unter 'angemessenem' Umgang mit der Umwelt verstanden werden kann.
Die aktuelle Naturschutzpolitik wird in ihrer geschichtlichen Entwicklung betrachtet.
Die Arbeit dient damit auch der Vermittlung von Hintergrund-Information für die Studenten der Landespflege zur Problematik des Naturschutzes.

ZETTELMEYER, W. 1985: Faunistisch-ökologische Bestandsaufnahme des geplanten NSG 'Schwarzes Bruch' unter besonderer Berücksichtigung der Libellen (Odonata), 109 S.

Für das Untersuchungsgebiet wurde zunächst eine eingehende Strukturkartierung einschließlich der genauen Erfassung der Gewässer vorgenommen. Eine qualitative Artenliste wird für Amphibien, Reptilien, Tagschmetterlinge, Libellen und Vögel vorgelegt. Sie zeigt, daß eigentliche Moorarten im Gebiet in nur geringen Beständen vorkommen, während allgemeiner verbreitete Arten z.T. beträchtliche Bestände aufweisen. Als Ursache werden frühere Eingriffe in den Wasserhaushalt diskutiert, die durch vorangehende trockene Sommer (u.a. 1983) verschärft sein dürften. Eine populations­ökologische Studie ist der im Gebiet gut vertretenen Libelle Lestes sponsa gewidmet. Ihr Bestand wurde durch regelmäßige und möglichst vollständige Exuviensuche, sowie durch Fang-Wiederfang an markierten Imagines (statistisch) ermittelt.
Abschließend werden Maßnahmen vorgeschlagen, die zur Verbesserung des gestörten Wasserhaushalts getroffen werden sollten. Deren Realisierung ist für Ende 1986 in Zusammenarbeit mit der LÖLF (Dr.Woike) vorgesehen.
Diese Arbeit wurde von der Stadt Höxter mit dem Jahrespreis für besonders gelungene Diplomarbeiten an der Abt.HX ausgezeichnet.

Literatur

GERKEN, B. 1984: Aus dem Lehrgebiet für Tierökologie im Studiengang Landespflege der Universität-Gesamthochschule Paderborn/Abt.Höxter, Egge-Weser, (1), 2 - 7
HENNES, M. 1985: Zum Vorkommen von Libellen (Odonata) und Tagfaltern (Lepidoptera) im NSG "Stellmoor-Ahrensburger Tunneltal" / Kreis Stormarn; Seevögel 6, 15 - 27

Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. B. Gerken,
Universität-Gesamthochschule Paderborn/Abt. Höxter
An der Wilhelmshöhe 44, Höxter