EGGE-WESER | 1985/02 | Band 3 / Heft 2 | 94-98 |
Drosera intermedia. Der Mittlere Sonnentau tauchte überraschend in zwei gleichartigen Kunstbiotopen 4 km südöstlich und 1 km nordöstlich von Bad Driburg in großen und dichten Beständen auf. Den ersten Standort meldeten unabhängig voneinander Ende Juli 1985 K.-J. HUMBORG und wenige Tage später H. BIERMANN. Beide Mitglieder unseres Vereins kennen das künstliche Becken, in welches die gebrauchten Moorbäder des Kurorts eingespült werden und dann ein gutes Jahrzehnt darin ruhen, bis der Torf wiederverwendet wird, schon seit Jahren und haben den Sonnentau bisher nie gesehen.
Das zweite Torflagerbecken fand H. BIERMANN Anfang August mit einem ebensostarken Besatz von Mittlerem Sonnentau. Dort war die Art, soweit wir sehen konnten, nur von heimischen Pflanzen begleitet. In der Nähe des Drosera-Bestandes wuchs ein kleines Röhricht aus Breitblättrigem Rohrkolben, über die sonst nackte Torffläche waren kümmernde Jungahorne verstreut.
Ganz anders auf der sonst gleichartigen Fläche nahe der Aa. Dort entdeckte H. BIERMANN 1 Stück Drosera rotundifolia. Es blühte im Gegensatz zu D. intermedia noch nicht. Der Rundblättrige Sonnentau war aus unserem Kreis schon bekannt. Er wuchs oder wächst noch im Naturschutzgebiet Kiebitzteich, in der Luftlinie etwa 7 km entfernt. Dagegen war Erica tetralix, die Glockenheide, in unserem Arbeitsgebiet wohl ausgestorben. Die letzten Angaben über Funde auf der Egge stammen aus der Zeit der Jahrhundertwende. Ähnliches gilt für für den Sollinganteil der Topographischen Karten 1 : 25 000 der Blätter Holzminden, Höxter und Karlshafen. Die Glockenheide wächst in fast 50 Sträuchern im Halbkreis um den Mittleren Sonntau, vermischt mit zahlreicheren beginnenden Bülten des Pfeifengrases, Molinia caerulea. Dieses Gras feuchter Standorte war aus der Umgebung Bad Driburgs schon bekannt.
Die Verbreitung von Mittlerem Sonnentau und Glockenheide ähnelt einander sehr. Die südöstliche Grenze für beide Arten läuft heute um das Mittelgebirge herum. Drosera intermedia hat in ihm nur eine Verbreitungsinsel in unserer Nähe, in 4323/1, also im nordwestlichen Viertel des Meßtischblatt Uslar.
Erica tetralix hält nach dem Atlas zur Flora von Südniedersachsen noch vier besetzt, darunter den gleichen wie die Glockenheide. Von dort her wäre eine Verschleppung möglich.
Die Pflanzen auf der Torffläche ähneln sich in ihren ökologischen Ansprüchen sehr. Der Mittlere Sonnentau, der Rundblättrige Sonnentau, die Glockenheide und das Heidekraut (Calluna vulgaris) sind ausgesprochene Säurezeiger und fliehen Stickstoff. Sie können miteinander aus einem Hochmoor gekommen) sein. Die Sumpfwurz (Epipactis palustris) dagegen kann aus dem angrenzenden Kalksumpf stammen. Sie beansprucht wie die meisten dort heimischen Arten besonders basische Böden. Andrerseits wurde im Kalksumpf nach RUNGE (1960) der Rundblättrige Sonnentau zwar nicht 1789, 1837, 1853 und 1859 angegeben, auch nicht 1957 und 1959, aber 1911 von SCHULZ und KOENEN, 1922 von SCHWIER und 1934 von KOPPE gefunden.
Literatur:
ELLENBERG, H. (1979): Zeigerwerte der Gefäßpflanzen Mitteleuropas. -2. Auflage, Göttingen.
RUNGE, F. (1960): Die Änderung der Vegetation im Moor an der ehemaligen Satzer Mühle im Laufe der letzten 170 Jahre. - Natur und Heimat, Münster; 20, 120-123.
Anmerkungen:
Der Mittlere Sonnentau wurde beim Satzer Moor schon 1984 von unsrerem Mitglied B.GERKEN gesehen.
Um einer Verwechslung von Drosera intermedia mit Drosera x obovata, dem unfruchtbaren Bastard aus Drosera rotundifolia mit dem Langblättrigen Sonnentau (Drosera anglica), vorzubeugen, wurden aus dem Bestand von willkürlich verteilten Exemplaren 20 Fruchtstände entnommen. Alle besaßen ausgebildete Samen. Bei einigen waren auch noch Staubblätter zu erkennen. Drosera obovata kann sich vegetativ rasch vermehren. Es müßte aber dann bei den hier herrschenden Bedingungen bewußt angesalbt (angesalzen) worden sein.
Bryonia dioica. Die Rotbeerige Zaunrübe ist im Diemelgebiet nicht selten. In Höxter dagegen sah ich sie Mitte der 50-er, in Brakel Ende der 60-er Jahre zum letztenmal. Jetzt, und wohl schon seit Jahren, wachsen mindestens 15 Pflanzen, die Mehrzahl männlich, in Schnitthecken und an Maschendrahtzäunen der Schrebergärten im Brückfeld bei Höxter (4222/13)
K.P.
Selten hören wir ein Echo zu unseren Veröffentlichungen. Am 13.5.85 machte K. Lewejohann eine rühmliche Ausnahme. Er merkte zum Heft 1985/01 einiges an, wofür wir herzlich danken:
S.24 Linum austriacum. Das Vorkommen bei Ostheim ist schon seit längerem bekannt (Grimme 1958), aber als L. perenne verkannt (Nieschalk 1963). Ich selbst habe es nie gesehen, der Warmberg läßt einen nicht so recht los.
S. 39-41 Sorbus spec. Die Diagnose: Sorbus intermedia - im weiteren Sinne - ist wohl richtig. Das Zeugs wird ja reichlich und überall gepflanzt. Was Hybridisierung und Apomixis betrifft, sind die Verhältnisse bei Sorbus wohl ähnlich denen bei Rubus "fruticosus" und Hieracium: gelegentlich normale interspecifische Befruchtung und dann Apomixis, schon haben wir wieder eine neue Kleinart.
Dabei lagen Ablichtungen aus der Literatur, unter anderem aus A.&Ch.NIESCHALK (1963):
Linum leonii SCHULTZ in Hessen. Hessische Floristische Briefe, 12, 29-32: Dagegen liegt bei der Angabe von L. perenne bei Ostheim im Diemeltal eindeutig eine Verwechslung mit L. austriacum vor, das heute noch an dem von Prof. GRUPE, Hofgeismar, entdecktem Wuchsort .. vorhanden ist.
Alcedo atthis. Der Eisvogel hatte eine Groppe (Cottus gobio) gefangen (s. Abb. rechts). Fischer und Beute starben gemeinsam, über diesen seltenen Fall berichtet V.KONRAD in Heft 1 (1985) der Ornitholog. Mitteilungen.
Bemerkung: Der Abschnitt zum Eisvogel nimmt im Heft wegen großformatiger Bilder die gesamte Seite 96 ein. Wegen der schlechten Qualität der Bilder wird an dieser Stelle auf die vollständige Abbildung verzichtet!
Cygnus olor. Der Höckerschwan ist in allen strengen Wintern der letzten Jahre Gast am Rande der Altstadt Höxter gewesen, dort wo die Grube in die Weser mündet. Dieses Jahre bezeichnete starker Schneefall am 1.1.1985 den Beginn einer strengen Kältewelle und eines ungewöhnlich späten und schneereichen Winters. Am 11. 1. hatten wir in der Presse darauf hingewiesen, daß Schwäne zu dem beliebten Überwinterungsplatz an der Grube flüchten könnten. Noch in der gleichen Dekade (Zehntageabschnitt eines Monats) waren die ersten da. Am 22.1. trug noch keiner davon einen Ring. Bei der folgenden Nachschau am 29.1. saß eine solche Kennzeichnung am linken Lauf eines ausgefärbten und sehr herrschsüchtigen Männchens. Nach einigen Beobachtungen mit dem Fernglas konnte die Nummer 112976 vollständig entziffert werden. Am 19.2. ließ sich das Tier sogar greifen. Dabei konnten die gleichen Ziffern vollständig abgelesen werden. Die Beringungsstation aber blieb weiterhin verborgen, denn der Vogel schlug kräftig zu und entwischte dabei. Am 28.2. wurde er hier das letztemal gesehen.
Am 19.2. gesellte sich ein Schwanenmann aus der DDR zu dem Trupp. Der Höcker auf dem Ansatz des Schnabels war besonders groß. Dieser Vogel konnte bis zum 22.2. beobachtet werden.
Er trug den Hiddensee-Ring 133520 am linken grauen Lauf, gehörte also zu Mutante immutabils, die in der Jugend ein reinweißes Federkleid besitzt. Vom 17.4. bis 24.4. gab dann noch ein Weibchen aus Dänemark ein Gastspiel. Auf seinem linken Lauf konnte entziffert werden: ZOOLOG.. .US..C...EN D... K E 2837.
Der Winter verabschiedete sich vom 25.4. bis 28.4. mit Schneeregen. Am 26.4. fiel noch einmal stundenlang richtiger Schnee. (Die Wetterangaben verdanken wir der Außenstelle Höxter des Wasser- und Schiffahrtsamtes Hameln. Sie ist nur 1 km von der Grubemündung entfernt.) Die Schwäne aber blieben in wechselnder Zahl und mit immer häufigeren Pausen bis in die erste Juni-Dekade. Dann mußten die Beobachtungen einen Monat lang unterbrochen werden.
Aber auch im Juli lag noch fast täglich ein Weibchen im Winkel zwischen Grube und Weser (nach Aussage eines regelmäßigen Spaziergängers "seit Wochen").
Dazu kam zumindest am 19., 20. und 21.7. ein Schwanenpärchen, das mit 5 fast gänsegroßen grauen Dunenjungen führte.
Erläuterung zur Karte:
Ringfundmeldungen von der Bollerbachmündung aus früheren Jahren (von Westen nach Osten) Beringt mit Copenhagen E 4854 am 24.07.81 als nicht vorjähriges Mannchen am Mauserplatz Ringkoebing Fjord, Jütland, Dänemark. Ring abgelesen am 25.02.82 in Höxter (Entf. 469 km) Beringt mit Helgoland 11375 am 15.12.69 in HX als diesjährig, Ring abgelesen am 23.07.84 (Weibchen) am Kiessee Güster bei Mölln (217 km) Beringt mit Copenhagen B 9727 am 28.08.77 in Langedam Birkerod bei Kopenhagen als diesj. Männchen, Ring abgelesen in Höxter 28.11.78, 02.12.78 und o6.02.79 (ca 470 km) Beringt mit Helgoland 11378 am 05.o2.70 in HX (unausgefärbt), festgestellt am 06.05.72 im Großen Schillerteich bei Wolfsburg, vom Februar bis mindestens 23.05.73 als Männchen eines Brutpaares in Godshorn n. Hannover (ca 120 + 75 km)
Höchstzahlen der Höckerschwäne, die innerhalb einer Dekade an der Mündung der Grube in Höxter gleichzeitig gesehen wurden:
Die Tabelle beruht auf 93 Beobachtungen, wovon 8 die Damen E. und M. Hein beitrugen. Nur bei 3 Gängen wurden keine Schwäne gesehen.
Lepidoptera. Die Schmetterlinge Ostwestfalens werden planmäßig von der Arbeitsgemeinschaft ostwestfälisch-lippischer Entomologen untersucht. Sie hat in ihren Mitteilungen 1983 (Band 2, Nr.27, S.41-55) schon den Antrag auf Unterschutzstellung des Räuschenberghanges bei Brenkhausen vorgelegt. Jetzt (1985, Band 3, Nr.32, S.30-39) veröffentlicht sie eine neue Artenliste, diesmal aus dem alten Naturschutzgebiet Ziegenberg bei Höxter.
Der Artenreichtum ist in beiden Gebieten etwa gleich. Von 1967 bis 1983 ermittelten 10 Mitglieder (Federführung Hans RETZLAFF) an 8 Leuchtabenden, 5 Köderabenden und 15 Tagesbegehungen 380 Schmetterlingsarten. Davon deckten sich 60 Arten nicht mit denen des Räuschenbergs, unter anderem 1 Neuentdeckung für Ostwestfalen-Lippe und 1 für ganz Nordrhein-Westfalen.
Zwei Arten werden in der Roten Liste des Landes unter "vom Aussterben bedroht", 31 Arten unter "stark gefährdet", 50 unter "gefährdet" eingestuft.
"Mit dem Ziegenberg, einem der faunistisch wertvollsten Steilhanggebiete in Westfalen, und den Grundlosen bei Höxter stoßen zwei grundverschiedene Lebensräume zusammen. Gerade diese Tatsache erhöht enorm den Wert des Gesamtgebietes.
Ein unbedingt erstrebenswerter Optimalzustand wäre in einer Zusammenfassung der Gebiete Brunsberg-Ziegenberg-Grundlosen erreicht. Mit einer Vielzahl an Lebensräumen und ökologischen Nischen, mit unterschiedlichsten Wald- und Pflanzengesellschaften, extrem verschiedenen mikroklimatischen Bedingungen und einer überaus gesunden Artenvielfalt würde dieses Gebiet einen Spitzenplatz unter den nordrhein-westfälischen Naturschutzgebieten einnehmen."
Dem kann man nur zustimmen. Die abschließende Beurteilung, aus der wir zitierten, enthält auch noch ins einzelne gehende Pflegevorschläge. Jetzt sollten die Behörden so rasch wie möglich handeln, auch Schützer und Nutzer ins Gespräch kommen.