EGGE-WESER | 1985/01 | Band 3 / Heft 1 | 29-30 |
ÖKO-INFORMATION der Landesanstalt für Ökologie, Landschaftsentwicklung und Forstplanung Nordrhein-Westfalen vom Juli 1984
Adonisröschen, Feldrittersporn, Frauenspiegel und viele andere seltene Ackerwildkrautarten sollen überleben! Sie sind vor allem durch den Einsatz von chemischen "Unkraut"-Bekämpfungsmitteln vom Aussterben bedroht. Auf Äckern in der Kalkeifel und in der Niederrheinischen Bucht ist kürzlich ein Versuch zur Erhaltung dieser bedrohten Wildkräuter erfolgreich abgeschlossen worden: Im Rahmen dieses Modellversuchs waren die Grundeigentümer oder Pächter solcher Äcker, die noch einige gefährdete Arten aufwiesen, dafür gewonnen worden, 2 - 3 m breite Ackerrandstreifen von der Behandlung mit chemischen Unkrautbekämpfungsmitteln (Herbiziden) zu verschonen. Für den Ertragsausfall wurden Entschädigungen angeboten. Schon im ersten Versuchsjahr blühten auf diesen Äckern wieder eine Reihe seltener Ackerwildkräuter. Die Landesanstalt für Ökologie, Landschaftsentwicklung und Forstplanung NW (LÖLF) prüft zur Zeit zusammen mit ehrenamtlichen Biologen, wo sich im Lande NRW weitere geeignete Ackerstandorte, vor allem Kalk- und magere Sandböden, befinden. Anschließend sollen die Grundeigentümer oder Pächter auch dieser Flächen zur Durchführung solcher Artenschutzmaßnahmen angeregt werden. Die Landwirtschaftskammern und Landwirtschaftsverbände haben dafür schon ihre Unterstützung zugesagt.
Wer heute einen Spaziergang durch die Feldflur macht, wird von Klatschmohn oder von Kornblumen leuchtend rot oder blau gefärbte Felder vergeblich suchen. Mit diesen ehemals häufigen und auffallenden Arten verschwanden erst recht viele andere unauffälligere und daher weniger bekannte Ackerwildkräuter. Diese gefährdeten Ackerwildkräuter sind überwiegend an flachgründige Kalkböden gebunden. Eine geringere Anzahl ist auf nährstoffarmen Sandböden beheimatet. Es handelt sich vor allem um Begleiter des Getreides, weniger der Hackfrüchte. Reich an Ackerwildkräutern sind von jeher Wintergetreideäcker gegenüber Sommergetreidefeldern, deren Begleitflora mehr der der Hackfrüchte ähnelt.
Als lästige Unkräuter werden die Ackerwildkräuter seit altersher bekämpft, weil die Wildpflanzen mit den Feldfrüchten um Platz, Wasser, Licht und Nährstoffe konkurrieren. Andrerseits aber lockern sie den Boden, schützen ihn vor Erosion und Austrocknung und dienen vielen Tierarten als Brut-, Wohn- und Nahrungsplatz. Trotz aller mechanischen Bekämpfungsmaßnahmen, wie Jäten und Hacken, blieb das Arteninventar der Ackerbegleitflora früher weitgehend erhalten. Erst der Einsatz von Herbiziden führte dazu, daß in nur zwei Jahrzehnten die Ackerwildkräuter weitgehend verschwunden sind. Zunächst blieben wenige schwer bekämpfbare Allerweltsarten übrig, aber auch sie nehmen in den letzten Jahren immer mehr ab, so daß sich die Zahl "unkrautfreier" Äcker ständig erhöht.
Heute sind in NRW von etwa 200 auf Äckern vorkommenden wildwachsenden Kraut- und Grasarten 22 verschollen und weitere 55 mehr oder minder stark gefährdet. Auf den ertragreichen Lößböden der Niederrheinischen Bucht, die besonders intensiv bewirtschaftet wird, sind bereits 41 Arten verschwunden. Für die Erfolgsaussichten der Hilfsmaßnahmen zum Schütze der Ackerwildkräuter ist wichtig, daß zur Zeit noch keimfähige Samen im Boden vorhanden sind. Es eignen sich zum Schütze seltener Ackerwildkräuter vor allem Kalkböden und zudem nur die Randstreifen dieser Äcker von 2 - 3 m Breite. Nur hier sind die lichthungrigen Wildkräuter angereichert, während sie im heute dichten Getreidebestand kümmern und dort auch ohne Herbizideinsatz weitgehend verdrängt wurden. Auch Randstreifen gewisser Sandäcker sind geeignet, vorausgesetzt, daß nicht nur der Herbizideinsatz unterlassen, sondern darüber hinaus auch die Mineraldüngung reduziert wird. Vor allem darf nicht gekalkt werden, denn nur auf sauren und mageren Böden können seltene Sand-Ackerwildkräuter gedeihen.
Die LÖLF prüft zusammen mit ehrenamtlichen Biologen, wo im Lande NRW noch gefährdete Ackerwildkräuter vorkommen. Haben die Botaniker geeignete Äcker gefunden, so werden sie sich an die Grundeigentümer oder Pächter wenden und die Durchführung der Arten-Schutzmaßnahme anregen. Diese Projektbetreuer bieten den Landwirten auch an, ihnen die verwaltungstechnischen Arbeiten abzunehmen. Den Landwirten soll - im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel des Landes - eine Entschädigung für den Ertragsausfall in Anlehnung an das Eifelmodell angeboten werden. Die Landwirtschaftskammern und -verbände haben eine Unterstützung der Aktion schon zugesagt. Bereits im September soll die Aktion zum Schütze der Ackerwildkräuter anlaufen; denn mit der Aussaat des Wintergetreides werden die Landwirte schon vielfach entscheiden müssen, ob sie 2 - 3 m breite Ackerränder von der Herbizidbehandlung ausnehmen wollen.
Wünschenswert wäre es, wenn im Interesse einer möglichst großen Artenvielfalt auch außerhalb dieser "Sonderaktion" durch einen generell reduzierten Herbizideinsatz wieder mehr Ackerwildkräuter auf den Feldern wachsen würden. Denn auch "Allerweltsarten" erfüllen eine wichtige Funktion im Naturhaushalt, zum Beispiel dienen Wildkräutersamen als Nahrung für Rebhühner.
(LÖLF)
Wir haben diesen Artikel der ÖKO-INFORMATION der Landesanstalt für Ökologie, Landschaftsentwicklung und Forstplanung Nordrhein-Westfalen vom Juli 1984 entnommen. Um diese Zeit waren die Vorarbeiten für die Aktion zum Schutz der Ackerwildkräuter in unserem Kreis Höxter schon weitgehend abgeschlossen. Heinz LIENENBECKER und Uwe RAABE hatten die Hauptlast getragen, aber auch Mitglieder aus unserem Raum hatten erhaltenswerte Vorkommen von seltenen Ackerwildkräutern entdeckt. Mit drei Bauern waren schon Verträge durch Handschlag abgeschlossen. An sie wurden die "Pachtbeträge" noch 1984 ausgezahlt - aus zweckgebundenen Mitteln des Vereins. Seit der Jahreswende ist die Unternehmung amtlich. Jedermann ist aufgerufen, Ackerränder mit seltenen Wildkräutern zu melden. Natürlich können nur wirklich artenreiche für die Aktion ausgewählt werden, denn die Mittel sind begrenzt. Die Artenliste sollte mindestens 20 Wildkräuter nennen. Davon sollten einige in der "Roten Liste" der LÖLF enthalten sein oder in Kolonne 3 der "Liste der Farn- und Blütenpflanzen, die im Kreise Höxter wild wachsen" (EGGE-WESER 1982/01, 85 - 121) unterstrichen sein. Meldungen bitte an die Schriftleitung dieser Zeitschrift oder an Frau Elisabeth HELDT, In der Helle 15, 3530 Warburg ( 05641 - 8728 ).