EGGE-WESER März 1982 Band 1 / Heft 3 Seiten 130-134

Ungewöhnliches aus unserer Pflanzen- und Tierwelt


130

(1) Die Mauerraute, Asplynium
ruta-muraria , (2) der Braunstielige
Streifenfarn, Asolenium trichomanes,
und (3) das Zymbelkraut, Cymbalaria muralis,
wachsen fast immer gemeinsam in Büscheln in den Mörtelfugen unserer alten Steinmauern. Zu dieser "Mauerrauten-(Pflanze)-Gesellschaft" gehören fast immer noch 2 Moosarten und stellenweise der Gelbe Lerchensporn. An feuchteren Stellen tritt noch dazu (4) der Zerbrechliche Blasenfarn, Cystopteris fragilis, und auf oder an den Mauerkronen können Massen von (5) Engelsüß oder Gemeinem Tüpfelfarn, Polypodium vulgare, wachsen. Auch Waldfarne wie der Gemeine Wurmfarn und der Frauenfarn kümmern stellenweise in Mauerritzen. (6) Der Schrift- oder Milzfarn, Ceterach officinarum, gedieh und gedeiht noch immer an einer einzigen Mauer im Kreise Höxter. Nach der Roten Liste NW ist die Art stark gefährdet. Dagegen fand BECKHAUS den (7) Storchschnabel- oder Ruprechts-Eichenfarn noch an 7 Stellen unseres Gebiets; wir kennen nur mehr eine einzige Pflanze an einem 8. Standort.

Nachruf! Diese war 1981 noch vorhanden, 1982 nicht mehr (P).


131

Cardamine hirsuta. Zum Eindringen des Viermännigen (Behaarten) Schaumkrauts in unseren Raum eine Ergänzung (s. PREYWISCH,1977, Botanik für Besserwisser; Kreis Höxter-Mitteilungsblatt des Kreisheimatpflegers, Heft 14, 30-55):
Am 30.4.1958 habe ich diese Art zum ersten Mal im Kreis Höxter gesehen und zwar in einer kleinen Sandgrube zwischen Straße und Bahn nahe dem Bahnübergang zwischen Höxter und Godelheim. Heute ist das Gelände mit Weiden zugewachsen. Etwa 1960/61 tauchte C.h. im Garten An der Wilhelmshöhe 12 (in Höxter) auf. Ich weiß nicht, ob mit Pflanzen der Firma Sündermann, Lindau, oder von mir aus dem Botanischen Garten Göttingen, wo es seit mindestens 1900 eingebürgert ist, eingeschleppt.

K.LEVEJOHANN, Göttingen

Ciconia nigra. Der Schwarzstorch im Kreise Höxter.
Seit etwa der Mitte des 19. Jahrhunderts dürfte der Schwarzstorch zuerst als Brutvogel und dann auch als Sommergast aus unserem Raum verschwunden sein. Bis 1839 stand ein Schwarzstorchhorst auf dem Hirschensprung bei Schieder. SCHACHT (Die Vogelwelt des Teutoburger Waldes, Lemgo 1907, S.256) sagt im gleichen Wortlaut wie in der ersten Auflage seines Buches (1877): ".. der schwarze Storch, welcher im Sommer erscheint." Dann verstummen die Nachrichten bis 1962.

"Heute, am 18.VII.62 um 17.00 Uhr, sah ich auf der Koppel am Haksbach unterhalb des Waldteiles 'Kleiner Kiel' einen alten Schwarzstorch auf ca. 50 m nahe der Straße nach Holzhausen. Es war eine große Freude für mich, diesen so seltenen, schönen Vogel einmal wieder zu sehen." (F.-J.v.Voss, Brakel, früher Mecklenburg, schriftl.)

Juli 1962: Zwei bis vier Tage 1 Schwarzstorch bei den "Sieben Quellen" im Sengental (Benning, Dr. Kossmann, Brakel, mdl. Herbst 1962)

Juli 1962: Von Brakel fuhren Interessierte zur Brucht, um den Schwarzstorch anzusehen (Rektor Micus, Brakel, nach Umfrage bei Trophäenschau 1963 mdl.)

Sommer 1962, aber vor Mitte Juli: 1 Schwarzstorch von Weber sr. zwischen Hohehaus und Fürstenau gesehen (Weber jr., Höxter, nach Umfrage bei Trophäenschau 1963 mdl.)

(Die ersten drei Angaben beziehen sich fast auf den gleichen Raum in den Meßtischblatt-Vierteln 4221/1 zu 4221/2 und damit fast sicher auf das gleiche Tier, die vierte wahrscheinlich auch - 4121/41)

8. Juli 1965: 2 Schwarzstörche zeigten im Revier Trier, Abt. 107/-108 (4122/1) balzflugähnliches Verhalten (Förster Krato, Stahle, mdl.; am übernächsten Tag vergeblich gesucht, Peitzmeier und Preywisch)

27. Juni 1972: 2 Altvögel über einem größeren Waldgebiet im Regierungsbezirk Detmold ( OFM Wahl, H.Wolf in Sammelbericht im Anthus 9 (4): 91; laut mündlicher Auskunft handelt es sich um das Waldgebiet nordöstlich von Steinheim, Kreis Höxter, 4020/4 und 4120/2) MEBS

10. September 1975: 2 Ex. bei Scherfede (Koch in Sammelbericht im Alcedo 3 (3); 49; 4420/3) MEBS

Juli 1977: Innerhalb von zwei Wochen sahen Dr. Horn dreimal und der Gewährsmann zweimal 1 Schwarzstorch unterhalb des Papenstiegs westlich Beverungen; jedesmal abends - zuerst Höhe Judenfriedhof (4322/1), dann Richtung Roggenthal (4321/4), das letzte Mal Richtung Westen abgeflogen (H.H.Behre, Höxter, tel.)


132

Juli/August 1978: 4 Ex. etwa acht Tage lang bei Erwitzen, Kr. Höxter - 4220/2 (Förster Stamm, Erwitzen, mdl.) MEBS

29. August 1978: 5 Schwarzstörche fallen nachmittags in der Lüre bei Höxter-Corvey ein (FM v.Chappuis, Höxter, tel.)

31. März 1979: 1 Ex. bei Himmighausen - 4120/3 (Stratmann in Sammelbericht im Charadrius 17 (1)???29) MEBS

Sommer 1979: 1 Ex. bei Steinheim (D.Kreienmeier, briefl.) MEBS

August 1979: 1 Ex.zw.Siddessen u.Niesen (W.Limpinsel, tel.) M. 27. Juni 1960: 1 Ex.bei Neuenheerse (E.Werntze, briefl.) MEBS

1980: Förster Günther, Forsthaus Jägerpfad, Stadtwald Warburg, hat im Wäschebachtal (4419/4) 1980 insgesamt dreimal durchziehende Schwarzstörche gesehen, 1x1 Ex., 1x3 Ex. und 1x2 Ex., genaue Daten hat er leider nicht notiert (mdl.21.11.80) MEBS

8.-21.August 1981: 1 immat.Ex. am Emdebach südlich Erwitzen mehrfach gesehen(4220/2) (Förster Stamm, Erwitzen,tel.) MEBS

11.September 1981: 1 immat. Ex. im gleichen Bereich (R. Mellwig, K. Preywisch, Höxter)

Herrn Dr. Th. Mebs, Essen, danken wir für seine Angaben!



Grusgrus. Herbstzug 1981 der Kraniche im Kreis Höxter.

Datum Uhrzeit Stärke Ort Beobachter Bemerkung
27. 9. 18.15 6 Lütmarsen I.Dreyer kreisten lange
25.10. 00.50 X Höxter S.Häcker gehört
26.10. ca.16.00 X Godelheim H.Weber nur mehr gehört
7.11. 13.55 37! Bellersen H.D.Krus  
  14.15 120 Höxter H.Loos 2 Einsen
  14.25 ca.40 Höxter R.Mellwig 1 Eins
16.11. ca.13.30
25!
Höxter
  2 Hänge eines Tales
13.40 25! Lütmarsen
  14.00 ca.20 Höxter H.Kersten  
18.11. 12.00 20 Holzminden I.Dreyer hoch über Weser nach S
12.12. 13.55 ca.30 Bellersen H.D.Krus hohe Schneedecke
14.12. 10.35 85 Lüchtringen
P.Pölert
an Weser nach S
ca.11.00 viele Höxter I.Haler von Weser nach SW
  11.00 40 Breitenhaupt B.v.Kanne  
  11.30 25 Breitenhaupt B.v.Kanne  
  19.30 X Steinheim   nach W.v.u.z.Mühlen von mehreren gehört
  16.30-20.00 X Sandebek J.Hölscher irrten im Schneesturm hin und her
15.12. 07.15 25 Sandebeck J.Hölscher nach SSW
19.12. ca.15.00 ca.30 Nieheim H.Hesse  
21.12. 15.45 ca.40 Höxter R.Weber  
23.12. 10.45 ca.20 Höxter M.Schulze  

(Zugrichtung SW ist nicht besonders vermerkt.)


133

Nucifraga caryocatactes. Der Tannenhäher kann bei uns in zwei Unterarten auftreten. Die dünnschnäblige ist in Ostrußland und Sibirien daheim und fällt alle paar Jahre im Winter invasionsartig bei uns ein. Die dickschnäblige brütet unter anderem auch in den deutschen Mittelgebirgen. Sie hat sich (SCHERNER 1980) spätestens 1950 im Hochsolling mit einigen Brutpaaren angesiedelt.

011301342.jpg

In unserer Tabelle sind die Zahlen der Tiere, die im Raum Höxter beobachtet wurden, in Zehntagesabschnitten zusammengefaßt. Es handelt sich nur um Sichtbeobachtungen. Angaben der Gewährsmänner über die Schnabeldicke blieben unberücksichtigt, da sie sich oft widersprachen. Die Unterstreichungen geben Meldungen, über die Nahrung wieder: "unterstrichen" bedeutet Haselnüsse, "doppelt unterstrichen" heißt Schnirkelschnecken (Oepaea). In früheren Jahren tauchten dünnschnäbelige Invasionsgäste nur von September bis Januar auf. Die wohl bisher stärkste Invasion 1968/69 beanspruchte fast die doppelte Zeit (PEITZMEIER 1979). Danach wurden deutliche Einflüge nur noch von Herbst 1972 und 1977 bekannt. Bei unseren Beobachtungen aus den anderen Jahren handelt es sich dann wohl um Nahrungssucher aus dem Solling. "Da die Hasel in näherer Umgebung der Solling-Brutplätze fehlt, unternehmen die Vögel besonders August-November regelmäßige Sammelflüge in die Dörfer des Zentralsolling und in die Tief lagen, z.T. wohl bis an die Weser." Das Auffallendste an unserer Tabelle sind die Junibeobachtungen am Schluß. Wir zitieren noch einmal SCHERNER: "Tannenhäherfamilien lösen sich meist schon im Juni oder Juli auf". Das stimmt zu der Beobachtung von Dr. KERSTEN, Höxter, bei den beiden Vögeln von Anfang Juni 1981: "Nach der Färbung ein Alt- und ein Jungvogel"

KP

Tannenhäher-Meldung unseres Mitglieds Fritz-Jürgen von Voss


 

Literatur:

PEITZMEIER, J.(1979): Avifauna von Westfalen, 2.unveränderte Aufl. mit Ergänzungen, Abhandlungen aus dem Landesmuseum für Naturkunde zu Münster in Westfalen,41, Heft 3/4, 576 S.

SCHERNER, E.R. (1980): Vogel und Umwelt im Solling, Göttingen, 240 S.,12 DM, Bezug durch DBV-Kreisgruppe Göttingen, Am Kalten Born 2, 5400 Göttingen.


134