Die Bodenkäferfauna im Körbecker Bruch (Krs. Höxter )Hans Kroker, Münster I. EinleitungFeuchtgebiete gehören in unserer Kulturlandschaft zu den am stärksten gefährdeten Biotopen. Mit besonderem Interesse sind daher in neuerer Zeit die Reste von Hochmooren (Großecappenberg, Mossakowski, Weber 1978, Kroker 1978) und teilweise bewaldete Feuchtgebiete (Koth, 1974, Renner, 1980) untersucht worden. Arbeiten zur Käferfauna an einem so isoliert in der landwirtschaftlich genutzten Börde gelegenen Bruch gibt es für unseren Bereich jedoch bisher nicht. Zur Fauna dieses Bruches sind bisher lediglich einige Vogelbeobachtungen bekannt geworden, während über die Flora schon Mitteilungen vorliegen (Nieschalk, 1958, Heldt, 1979). Es erschien mir daher angebracht, die Käferfauna dieses Gebietes näher zu untersuchen. Hinzu kam, daß bei den bisher erschienenen neueren Arbeiten über die Käferfauna Westfalens ein weitgehender Mangel an Funddaten aus dem südöstlichen Westfalen festgestellt wurde und auf den Verbreitungskarten dieser Teil oft nur als "weißer Fleck" vertreten war. Funddaten, auch von weiter verbreiteten Arten, waren daher wünschenswert. II. MethodikDas Untersuchungsgebiet und seine Vegetation ist in den vorstehenden Arbeiten bereits näher beschrieben worden. Für meine Untersuchung verwendete ich Bodenfallen. Die Fanggläser waren handelsübliche Honiggläser von 7 cm Durchmesser und 9,5 cm Höhe. Eine darüber angebrachte Scheibe aus Astralon diente als Schutz gegen Regen und Schnee. Als Konservierungsflüssigkeit wurde eine 4 %ige Formalinlösung verwendet, der zur Herabsetzung der Oberflächenspannung einige Tropfen eines Netzmittels zugegeben wurden. An zwei Standorten wurden zu Beginn je 5 Fanggläser im Abstand von je 5 m in den Boden 67 eingesetzt. Die erste Fallenreihe lag ungefähr in der Mitte des Bruchs, quer zu seiner Längsausdehnung. Von diesen 5 Gläsern wurden im Dezember 1978 2 wieder eingezogen, da ihr Areal überflutet war und auch in der gesamten folgenden Untersuchungszeit unter Wasser blieb. Die zweite Fallenreihe mit 5 Fanggläsern wurde im südlichen Teil des Bruchs parallel zu einem der Entwässerungsgräben eingesetzt. In der Untersuchungszeit vom 19.8.78 bis zum 28.10.79 standen die Fallen im Gelände. Sie wurden in Abständen von ungefähr zwei Monaten geleert. Der Termin im Frühjahr '79 weicht davon ab, weil wegen der langen Frostperiode und der Schneedecke das Auswechseln der Gläser um 14 Tage verschoben werden mußte. III. ErgebnisseArten und Anzahl der gefangenen Käfer sind in den Tabellen 1 bis 3 zusammengestellt. Die Zahlen geben die Anzahl der im angegebenen Untersuchungszeitraum insgesamt gefangenen Individuen an. Als Grundlage für die Nomenklatur diente Freude, Harde, Lohse, Bd. 1 - 9, 1964 -1979. Die Käfer sind in den Tabellen in der dort vorgegebenen Reihenfolge aufgeführt. Herrn Dr. K. Renner (Bielefeld) danke ich für die Bestimmung vieler Staphyliniden. IV. Diskussion der ErgebnisseWie erwartet sind die meisten der gefangenen Käferarten Präferenten feuchter Biotope. Das wird noch deutlicher, wenn man nur die in höheren Individuenzahlen gefangenen Arten berücksichtigt. Die übrigen sind möglicherweise aus den benachbarten Weiden oder Ackerflächen zugewandert. Zu Tabelle 1: 68 bei der Fortbewegung und der Jagd auf Beutetiere. Durch dieses von Heydemann (1957) als Raumwiderstand beschriebene Phänomen werden hier kleinere Arten und insbesondere solche mit schlanker Körperform begünstigt. Die Individuen- und Artenzahl der Staphyliniden (Tabelle 2) ist daher wesentlich höher. Unter den gefundenen Carabiden sind Clivina fossor, Dyschirius globosus, Pterostichus diligens und Agonum fuliginosum weit verbreitet, auf verschiedenen Böden und in unterschiedlicher Vegetation. Ihr Vorkommen erfordert lediglich eine hohe Bodenfeuchtigkeit. Trechus secalis und Bembidion unicolor werden als Arten feuchter Laubwälder und für Schilfgenist an Bach- und Flußufern beschrieben (Barner, 1949, 1954). In der fast waldfreien Börde leben sie aber im baum- und strauchlosen Bruch. Hier bietet wohl vom späten Frühjahr bis zum Herbst die dichte, hohe Vegetation waldähnliche Bedingungen. In den veröffentlichten Fundangaben für Westfalen sind diese beiden Arten jeweils nur in geringer Individuenzahl aufgeführt, während im Untersuchungsgebiet eine relativ hohe Individuendichte nachgewiesen werden konnte. Nur Trechus secalis wurde von Großeschallau (1981) in der Hochstufe des Sauerlandes an so unterschiedlichen Stellen wie einer "trockenen" Borstgraswiese der Hochheide bei Niedersfeld und dem tiefen Hohl, einem Schluchtwald der Hunau, in vergleichbar hohen Zahlen gefangen. Bembidion unicolor tritt im Frühjahr mit maximalen Individuenzahlen auf, Trechus secalis im Herbst. Eine in Westfalen seltene Art, die bisher neben einigen alten Funden am Nordrand des Schiefergebirges nur im Weserbergland gefunden wurde, ist Bembidion gilvipes (Bild 2). Sie wird von Horion (1941) als nordeuropäische Art mit dem Hauptverbreitungsgebiet in der norddeutschen Tiefebene beschrieben, die zum Mittelgebirge seltener wird. Barner (1949) fand diese Art im Wesergebiet an beschatteten Ufern von Flüssen, an Wiesentümpeln und in Flachmooren. Im Körbecker Bruch konnte sie nur im Bereich der Wasserlinie am Standort I gefangen werden. Hempel, Hiebsch und Schiemenz (1971) beobachteten bei einer ------------- 69 vergleichenden Untersuchung der Fauna von Mähwiesen und Weiden in höheren Lagen des Erzgebirges, daß Bembidion gilvipes mit stärkerer Beweidung und der damit verbundenen Verarmung der Pflanzengesellschaft zunimmt, während Trechus secalis abnimmt. Auch der Standort II mit einem hohen Bestand von Trechus secalis zeigt eine artenreichere Vegetation, während der Standort I deutlich artenärmer ist. Ob B. gilvipes im Körbecker Bruch auf den angrenzenden beweideten Wiesen noch häufiger auftritt, konnte nicht nachgeprüft werden. Zu Tabelle 2: 70 gefunden wurde, sind von Koch et al. (1977) in die rote Liste der im nördlichen Rheinland gefährdeten Käferarten aufgenommen worden. Zu Tabelle 3: Diese Untersuchung erhebt nicht den Anspruch, eine vollständige Darstellung der Käferfauna im Körbecker Bruch zu sein. Dazu wäre eine mehrjährige Untersuchung mit größerer Fallenanzahl und zusätzlichen Fangmethoden zur Erfassung der nicht bodenaktiven Käfer notwendig. Darüber hinaus sind auch in den nicht näher bestimmten Gruppen weitere Arten enthalten. Insgesamt betrachtet scheint die Käferfauna, vor allem wenn man von der Zahl der Carabidenarten ausgeht, etwas verarmt zu sein. Das hängt einerseits sicher mit der Kleinräumigkeit des Gebietes zusammen, ist aber wahrscheinlich andererseits auf die Entwässerungsmaßnahmen zurückzuführen. Wenn schon in einem feuchten Jahr wie 1978 Wasserspiegelschwankungen von 20-25 cm auftreten, so ist leicht vorstellbar, daß in trockenen Jahren wie z.B. 1975 und 1976 an größere Feuchtigkeit gebundene Arten ihren Lebensraum verlieren. Die isolierte Lage des Bruchs innerhalb der in weitem Umkreis landwirtschaftlich genutzten Börde erschwert eine Neubesiedlung oder macht sie sogar unmöglich. Trotzdem ist das Körbecker Bruch noch immer ein Lebensraum für in Westfalen seltene Käferarten. V. LiteraturBarner, K. (1949): Die Cicindeliden und Carabiden der Umgegend von Minden und Bielefeld II. - Abh. Landesmus. Naturk. Münster 12(2), 3-28. Barner, K. (1954): Die Cicindeliden und Carabiden der Umgegend von Minden und Bielefeld III. - Abh. Landesmus. Naturk. Münster 16(1), 3-64. 71 Freude, H., W. Haräe und G. A. Lohse (1964-1979): Die Käfer Mitteleuropas Bd. 1 - 9, Krefeld. Grossecappenberg, W., D. Mossakowski und F. Weber (1978):Beiträge zur Kenntnis der terrestrischen Fauna des Gildehauser Venns bei Bentheim. - Abh. Landesmus. Naturk. Münster 40(2), 12-34. Grosseschallau, H. (1981): Ökologische Bindungen der Carabiden (Insecta, Coleoptera) in naturnahen, hochmontanen Habitaten (Wald, Heide, Moor) im Rothaargebirge. - Abh. Landesmus. Naturk. Münster 43, (im Druck). Heldt, E. (1979): Körbecker Bruch: Einmalig interessantes Feuchtgebiet. Westfalenzeitung Warburg, September 1979. Hempel, W., H. Hiebsch und H. Schiemenz (1971): Zum Einfluß der Weidewirtschaft auf die Arthropodenfauna im Mittelgebirge. - Faunist. Abh. Mus. Tierk. Dresden 3, 235-281. Heydemann, B. (1957): Die Biotopstruktur als Raumwiderstand und Raumfülle für die Tierwelt. - Verh. Dt. Zool. Ges. Hamburg 1956, 332-347. Koth, W. (1974): Vergesellschaftung von Carabiden (Coleoptera, Insecta) bodennasser Habitate des Arnsberger Waldes verglichen mit Hilfe der Renkonen-Zahl. - Abh. Landesmus. Naturk. Münster 36(3), 3-43. Koch, K., S. Cymorek, A.M.J. Evers, H. Gräf, W. Kolbe und S. Löser (1977): Rote Liste der im nördlichen Rheinland gefährdeten Käferarten (Coleoptera) mit einer Liste von Bioindikatoren.- Entomol. Bl. 73 (Sonderheft), 1-39. Kroker, H. (1976): Coleoptera Westfalica: Familia Leptinidae und Familia Catopidae. - Abh. Landesmus. Naturk. Münster 38(4), 3-39. -,- (1978): Die Bodenkäferfauna des Venner Moores (Krs. Lüdinghausen). - Abh. Landesmus. Naturk. Münster 40(2), 3-11. Nieschalk, A. und Ch. (1958): Rösebecker und Körbecker Bruch im Kreise Warburg. - Natur und Heimat 18, 11-13. Renner, K. (1980): Faunistisch-ökologische Untersuchungen der Käferfauna pflanzensozioiogisch unterschiedlicher Biotope im Evessell-Bruch bei Bielefeld-Sennestadt. - Ber. Naturw. Ver. Bielefeld. Sonderheft 2, 145-176. 72
73 Tabelle 1: Carabidenfänge im Körbecker Bruch
74 Tabelle 2: Staphylinidenfänge im Körbecker Bruch
75 Tabelle 3: Coleopterenfänge im Körbecker Bruch (ohne Carabiden und Staphiliniden)
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